Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition)
Schläfrig streckte sie die Hand aus, um sich zu kratzen, gleichzeitig nahm sie eine Bewegung wahr und hörte das Rascheln des Bettzeugs. In der Dunkelheit umfasste Konstantin ihr Gesicht und drückte seine Lippen auf ihre.
Sein Schnurrbart kitzelte sie, und der süßliche Geruch seines Wachses war plötzlich sehr stark. Konstantin bewegte seine Lippen, öffnete sie ein wenig. Sie ließ seinen Kuss über sich ergehen, hielt ihre Lippen aber fest geschlossen. Der Wachsgeruch kitzelte sie in der Nase, und plötzlich fürchtete sie mehr als alles, dass sie niesen müsste.
Nach einer Weile hörte er auf, sie zu küssen, und strich mit den Lippen über ihre Wange, während er zärtlich seine Hand auf ihre Brust legte. Sie erstarrte. Eine Zeit lang ließ er sie dort, drückte sie ein wenig, als wollte er sie irgendwie prüfen, dann verharrten seine Finger reglos.
» Darf ich? « , fragte er, aber sie wusste nicht, wofür er um Erlaubnis bat. Da er offenbar eine Antwort erwartete, sagte sie: » Ja. «
Langsam legte er sich auf sie. » Geht es, meine Liebe? « , sagte er.
Es ging ganz und gar nicht. Er war schwer, aber wieder sagte Antonina: » Ja. «
Konstantin tat alles äußerst vorsichtig, als hielte er sie für äußerst zerbrechlich oder fühlte sich unsicher.
Mit seinem Unterkörper schob er sich zwischen ihre Schenkel und zog umständlich ihr Nachthemd bis zu den Knien hoch. Als sie die Haare seiner Beine spürte, die an ihrer Haut kratzten, sog sie die Luft ein. Völlig reglos und mit angehaltenem Atem lag sie da, als könnte sie sich so vor dem Kommenden schützen. Sein Bauch drückte sie in die weiche Matratze, während er sich zu bewegen begann, und während ihre Oberkörper durch den Stoff ihrer Nachthemden getrennt waren, spürte sie die Wärme seine Fleisches zwischen ihren Oberschenkeln. Dieses Reiben seines Körpers an ihrem schien ewig zu dauern; die ganze Zeit hielt sie die Augen geschlossen, und als sie die Luft nicht länger anhalten konnte, nahm sie kleine Atemzüge.
An einem gewissen Punkt machte sie dann doch die Augen auf. Was sie sah, ließ sie sie sofort wieder schließen. Konstantins Gesicht war so nah an ihrem, dass sie trotz der Dunkelheit seine Züge ausmachen konnte. Seine Augen waren geschlossen, und seine Miene war so konzentriert, als grübelte er über eine höchst komplizierte philosophische Frage. In diesem Moment, in diesem dunklen, merkwürdigen Raum, überkam sie plötzlich Angst – nicht unbedingt vor Konstantin selbst, sondern ein Gefühl des Eingeschlossenseins bemächtigte sich ihrer, eine große Beklommenheit angesichts der Intimität, die er ihr aufzwang, wo er doch im Grunde ein Fremder für sie war.
Ein verzweifeltes Stöhnen entrang sich ihren zusammengepressten Lippen, und sie wand sich unter ihm und drückte mit den Händen gegen seine Brust. Ruckartig öffnete Konstantin die Augen, und sein Gesicht nahm wieder seinen gewohnten Ausdruck an. Mit einem schweren Seufzer rutschte er von ihr herunter.
» Tut mir leid, Antonina Leonidowna « , sagte er leise. Dass er sich entschuldigte, verwirrte sie. » Wir sind beide müde. Ich lasse dich jetzt schlafen. Gute Nacht, mein Engel. « Zum zweiten Mal hatte er sie jetzt so genannt. Er stand auf und zog sein Nachthemd herab, schlüpfte in seinen schweren Morgenmantel und verließ ihr Zimmer.
Zunächst war Antonina erleichtert, dass er sie noch nicht vollständig zu seiner Frau gemacht hatte; der Gedanke an den Vollzug ihrer Ehe hatte sie die ganze Zeit beunruhigt. Doch kaum war er hinausgegangen und hatte sie allein gelassen, sodass sie sich nur hätte umdrehen und einschlafen müssen, verspürte sie einen Anflug von Traurigkeit. Sie hatte gehofft, etwas zu spüren. Doch ihre Hochzeitsnacht war ihr wie eine jener Mutproben erschienen, zu denen ihre Brüder sie als Kind angestachelt hatten. Am ehesten vielleicht vergleichbar mit jener, als ihre Brüder sie unter Wasser drückten und sie den Atem anhielt, während sie inständig hoffte, wieder an die Oberfläche gelassen zu werden.
Unwillkürlich musste sie an ihre Mutter denken, die sich mit offenkundiger Lust auf dem jungen Geiger vor und zurück bewegt hatte. Und dann dachte sie an das Gesicht von Walentin Wladimirowitsch, der sie über die Schulter ihrer Mutter hinweg angesehen hatte.
Sie fragte sich, ob er je an sie dachte.
Am nächsten Morgen fühlte sich Antonina unbehaglich, als sie Konstantin in dem privaten Esszimmer für frisch vermählte Paare
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