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Das Lied der Luege

Das Lied der Luege

Titel: Das Lied der Luege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Martin
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hergerissen, schließlich sagte sie ehrlich: »Ich würde mich freuen, wenn der Kontakt zwischen uns nicht abreißt und wir uns wiedersehen können. Gerne lerne ich auch deine Familie kennen, mehr kann ich jetzt aber nicht versprechen.«
    Daniel riss sie so vehement in seine Arme, dass Susan vor Überraschung leise aufschrie. Seine Lippen berührten kurz ihren Mund, dann ließ er sie auch schon wieder los. Susan bedauerte, dass er sie nicht länger geküsst hatte – ein weiteres Zeichen, dass Daniel ihr alles andere als gleichgültig war. Dennoch wehrte sie sich gegen diese aufkeimende Liebe. Sie hatte Angst, Daniel wieder zu verlieren, so wie sie alles, was sie geliebt hatte, verloren hatte.
    »Darf ich dich etwas fragen, Daniel?«
    »Alles, was du möchtest«, antwortete er und schmunzelte.
    »Es ist etwas, was deinen Beruf angeht. Einen anwaltlichen Rat, wenn du es so nennen möchtest.«
    »Wenn ich dir helfen kann …«
    Susan hob abwehrend eine Hand.
    »Nein, es dreht sich nicht um mich«, sagte sie hastig. »Eine Freundin in England, ebenfalls Schauspielerin, ist verheiratet, die Ehe war jedoch unglücklich. Dann kam ihr Mann ins Gefängnis, und sie blieb mit ihrem kleinen Sohn allein und mittellos zurück.« Susan zögerte. War es richtig, Daniel davon zu erzählen, auch wenn sie es so hinstellte, als wäre es die Geschichte einer anderen Frau? Sie wollte jedoch seine Meinung hören, darum fuhr sie fort: »Also, kurz bevor der Mann aus dem Gefängnis entlassen wurde, musste meine Freundin verreisen. Es war sehr wichtig, dass sie wegging, sie konnte ihren Sohn jedoch nicht mitnehmen. Allerdings war er in der Obhut einer Nachbarin gut aufgehoben. Als meine Freundin dann zurückkam, hatte ihr Ehemann den Jungen zu sich geholt und war nicht bereit, ihn wieder herauszugeben. Von einem Anwalt erfuhr meine Freundin, dass sie keine Chance auf ihr Kind hätte, da sie ihren Mann und das Kind böswillig verlassen hatte. Seitdem ist sie sehr verzweifelt und würde alles tun, ihren Sohn zurückzubekommen.«
    »Aha, dann lebt deine Freundin nicht mehr mit ihrem Mann zusammen?«, fragte Daniel, der ihr aufmerksam zugehört hatte.
    »Nein, natürlich nicht, denn er ist ein schlechter Mensch!«, rief Susan heftig. »Er war ein Dieb und Betrüger und wird es immer bleiben. Unter seinem Einfluss wird der Junge ebenso werden. O Gott, Jimmy ist doch noch ein Kind!«
    Leicht legte sich Daniels Arm um Susans Schultern. Er flüsterte ihr ins Ohr: »Nach der britischen Rechtsprechung sind deiner Freundin wirklich die Hände gebunden, Peggy, denn sie hat ihr Kind im Stich gelassen. Wenn du den Jungen aber wirklich liebst und wieder bei dir haben möchtest, dann darfst du nichts unversucht lassen. Irgendwo gibt es immer eine Gesetzeslücke.«
    Susan nickte und lehnte ihren Kopf an Daniels Schulter. Dann wurde ihr bewusst, was er gesagt hatte. Mit einem Ruck machte sie sich frei und trat einen Schritt zurück.
    »Ich … meine Freundin … ich werde es ihr sagen … ich meine, es ihr schreiben … Ich wollte nur wissen, ob du als Anwalt vielleicht eine Möglichkeit siehst.«
    Daniel lächelte, und im Licht der langsam untergehenden Sonne tanzten goldene Sprenkel in seinen Augen. Er hatte Susans Geschichte richtig interpretiert, wollte sie aber nicht noch mehr in Verlegenheit bringen.
    »Es gibt die Gesetze, damit sie befolgt werden. Ich als Anwalt vertrete das Gesetz, was aber nicht heißt, dass man nicht nach Löchern suchen kann oder – wie in diesem Fall – auf den Vater des Kindes entsprechend einwirkt, damit er auf den Jungen verzichtet.«
    »Du meinst, mit Gewalt?« Susan schüttelte den Kopf.
    »Nein, natürlich nicht mit Gewalt«, sagte Daniel schnell. »Du sagtest, er wäre mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Ich gehe davon aus, dass er nicht gerade vermögend ist. Vielleicht wäre Geld ein Anreiz, seinen Sohn wieder deiner Freundin zu übergeben? Vorausgesetzt, diese führt ein Leben, in dem sie ihrem Sohn auch eine gute Mutter sein kann.«
    Betroffen senkte Susan den Kopf. Daniel hatte die Sache auf den Punkt gebracht. Selbst wenn es ihr gelänge, Paul und Jimmy zu finden – was für ein Leben konnte sie ihrem Sohn bieten? Sie war auf dem Weg nach Amerika und wusste nicht, wann sie, wenn überhaupt, nach England zurückkehren würde. Und dann? Konnte sie Jimmy ein solches Leben, wie sie es führte, überhaupt zumuten? Susan dachte an Sarah Bernhardt, die einen unehelichen Sohn hatte. Als Kind und Jugendlicher

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