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Das Lied der Luege

Das Lied der Luege

Titel: Das Lied der Luege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Martin
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genießt.«
    »Was ist mit Noland?« Susan spielte ihren letzten Trumpf aus. »Ich weiß nicht, wann und wo du ihn kennengelernt hast, aber er hat dir geholfen, an mein Konto zu kommen. Was hat er dafür erhalten? Ich werde ihn finden und als Betrüger vor Gericht bringen, dann bist auch du dran.«
    Paul hob eine Augenbraue. »Da du Mr. Noland ansprichst … es dürfte dir bekannt sein, dass der Mann seitdem verschwunden ist. Versuche, ihn zu finden, ich denke nicht, dass es dir gelingen wird. Und jetzt ist es besser, wenn du gehst. Du willst doch sicher nicht, dass sich Jimmy fragt, was das für eine hysterische Person ist, die grundlos seinen Vater anschreit, oder?«
    Am liebsten hätte Susan eine Faust in Pauls feistes, grinsendes Gesicht geschlagen. Erneut war sie ihm unterlegen und musste einsehen, dass sie hier und heute nichts würde ausrichten können. Obwohl sie vor Wut schäumte, musste sie sich vorerst geschlagen geben.
    »So einfach lasse ich dich nicht davonkommen. Dieses Mal nicht, das schwöre ich dir! Zumindest eine Anklage als Bigamist ist dir sicher.«
    Im Flur traf sie auf Kate. Die junge Frau sah sie verunsichert an, und Susan hoffte, sie hatte ihren Wortwechsel mit Paul mitbekommen. In der Hoffnung, Jimmy noch einmal zu sehen, sah sie sich um. Der Junge schien jedoch im oberen Stockwerk zu sein. So verletzt und wütend sie auch war – Susan wusste, sie würde nichts tun, was dem Wohl ihres Sohnes schaden könnte. Paul würde – wenn es sein musste, auch mit Gewalt – verhindern, dass sie Jimmy mit sich nahm. Wieder einmal musste Susan einsehen, dass sie verloren hatte, doch dieses Mal würde sie nicht eher ruhen, bis sie Jimmy und das Geld, das Paul ihr gestohlen hatte, wiederbekam.

25. Kapitel
    D er Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt, viele mussten sogar stehen, obwohl der Raum gut und gerne dreihundert Personen Platz bot. Eine drückende Stimmung lag in der Luft, die nicht allein von dem warmen Sommerabend kam, sondern die Menschen fieberten der Versammlung entgegen. Eingezwängt zwischen Frauen aus allen Gesellschaftsschichten und unterschiedlichsten Alters, hatten Susan, Doro und Rosalind Sitzplätze in der dritten Reihe ergattern können. Susan war erstaunt, so viele Männer zu sehen, sie hatte gedacht, eine Versammlung der
WSPU
würde nur bei Frauen auf Interesse stoßen.
    »Oh, es gibt viele Männer, die den Wunsch nach einem allgemeinen Wahlrecht für Frauen unterstützen«, erklärte Doro, nachdem Susan ihre Verwunderung geäußert hatte. Sie deutete auf einen älteren Herrn mit Stirnglatze und einem mächtigen, weißen Bart, der gerade den Saal betrat. »Mr. Keir Hardy, beispielsweise. Er wird heute auch ein paar Worte an uns richten.«
    Interessiert reckte Susan den Kopf, um den Mann besser sehen zu können. Zu ihrer Schande musste sie gestehen, dass sie den Namen Keir Hardy nie zuvor gehört hatte, dabei war er einer der Begründer der liberalen Partei und hatte fast sein ganzes Leben damit verbracht, die Lebensbedingungen von Arbeitern zu verbessern und das Frauenwahlrecht zu fördern. Dies alles erzählte Doro mit knappen Worten, dabei leuchteten ihre Augen wie fiebrig, und sie bekam hektische rote Flecken auf den Wangen. Es war offensichtlich, wie sehr Doro nicht nur Mr. Hardy, sondern die Arbeit der
WSPU
bewunderte und nach Kräften bemüht war, ihren Teil zum Erreichen deren Ziele beizutragen.
    Nachdem Susan von Paul derart zurückgewiesen worden war, war sie aufgelöst und einem Nervenzusammenbruch nahe in die Pension zurückgekehrt. Rosalind hatte einige Zeit gebraucht, bis sie aus Susans wirren Worten, unterbrochen von Wutausbrüchen, die sie Susan nie zugetraut hätte, erfuhr, was geschehen war.
    »Ich bin pleite!« Susan zitterte am ganzen Körper. »Wir haben nicht mehr als die paar Pfund, die von Daniels geliehenem Geld noch übrig sind.«
    Beruhigend legte Rosalind einen Arm um Susans zuckende Schultern.
    »Gleich morgen suche ich mir Arbeit. Ich bin es gewohnt, für meinen Lebensunterhalt hart zu arbeiten, und für dich finden wir auch etwas. Vielleicht möchtest du doch wieder auf die Bühne gehen?«
    »Auf keinen Fall!« Brüsk wies Susan den Vorschlag zurück. »Diese Welt von Glitter und Falschheit hängt mir zum Hals heraus. Nein, ich werde um mein Recht kämpfen. Um mein Recht, um mein Geld und um meinen Sohn.« Mit flammendem Blick sah sie Rosalind an. »Es ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, dass Paul – obwohl ich noch lebe –

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