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Das Lied der Luege

Das Lied der Luege

Titel: Das Lied der Luege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Martin
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sofort vorbei war. Noch heute wollte sie ihr Geld haben, und zwar die gesamte Summe. Und Jimmy nahm sie am besten auch gleich mit sich. Sie würde dem Jungen erklären können, warum er nicht mehr bei seinem Vater leben konnte.
    Kate Hexton hatte gerade den Tee eingeschenkt, als die Haustür klappte. Einen Augenblick später stand Paul unter dem Türsturz. Die Begrüßungsworte gefroren ihm auf den Lippen, als er Susan erkannte.
    »Du?« Jegliche Farbe wich aus seinem Gesicht, das im Laufe der Jahre aufgedunsen und schwammig geworden war. Rotgeäderte Augen und Tränensäcke ließen darauf schließen, dass er nach wie vor oft und gerne dem Alkohol zusprach. »Wie kann das sein? Du bist … das Schiff … Es stand doch in allen Zeitungen.«
    Langsam erhob sich Susan und ging auf ihren Mann zu.
    »Du solltest nicht alles glauben, was in der Zeitung steht.« Ihre Stimme klang kühl, und verächtlich sah sie Paul an. »Wie ich sehe, lässt du es dir mit meinem Geld gutgehen. Ich möchte es zurückhaben. Sofort!«
    »Paul, wer ist diese Frau, und was will sie von dir?« Haltsuchend griff Kate nach Pauls Arm, doch dieser schüttelte sie grob ab.
    »Lass uns allein«, blaffte er unfreundlich.
    »Aber Paul …«
    »Hast du nicht gehört? Du sollst verschwinden. Hast du nichts in der Küche zu tun?«
    Kate zog den Kopf ein, als hätte man sie geprügelt, und verließ das Wohnzimmer. Beinahe hätte sie Susan leidgetan, ihr Zorn auf Paul war jedoch größer.
    »Hast du das Geld hier im Haus versteckt?«, fragte Susan herausfordernd. »Das wäre praktisch, dann kann ich es gleich mitnehmen.«
    Paul Hexton hatte sich wieder gefangen und hielt Susans Blick stand.
    »Ich hatte alles Recht der Welt, dein Vermögen an mich zu nehmen«, sagte er kalt. »Nachdem dein Name nicht auf den Listen der Überlebenden stand, gab es keinen Zweifel, dass du das Unglück nicht überlebt hast.«
    »Mein Name?« Susan lachte schrill. »Nach welchem Namen hast du denn gesucht? Wohl kaum nach Susan Hexton, wie ich immer noch heiße, denn diesen Namen hättest du ohne weiteres gefunden. Wie du siehst, bin ich am Leben und erfreue mich bester Gesundheit. Ich möchte kein Drama aus der Sache machen, darum gibst du mir auf der Stelle mein Geld oder vielmehr das, was davon noch übrig ist. Ich nehme an, du hast dieses Haus hier davon bezahlt, nicht wahr? Nun, dann wirst du es wieder verkaufen, ich bin nicht bereit, auch nur auf einen Penny zu verzichten.«
    Paul trat einen Schritt zurück, und seine Augen funkelten vor verhaltener Wut.
    »Du brauchst dich hier gar nicht so aufzuspielen, du hast kein Recht auf gar nichts.« Sein Tonfall war gefährlich leise, etwas, was Susan von früher kannte, und es verhieß nichts Gutes. So leicht ließ sie sich aber nicht einschüchtern.
    »Mein Geld!«, forderte sie. »Und meinen Jungen! Jimmy nehme ich am besten auch gleich mit.«
    Paul lachte höhnisch.
    »Schon vor Jahren hab ich dir gesagt, dass du Jimmy niemals bekommst. Daran hat sich nichts geändert. Wie du siehst, lebe ich inzwischen in geordneten Verhältnissen, bin sogar verheiratet …«
    »Eine Ehe, die Bigamie ist«, warf Susan ein. »Sie ist ungültig. Ich bin gespannt, wie deine
Frau
auf diese Nachricht reagiert.«
    Auch dieses Argument schien Paul nicht aus der Fassung zu bringen. Er zuckte lediglich mit den Schultern.
    »Das ist eine reine Formalität. Ich bedauere, damals nicht die Scheidung vorangetrieben zu haben. Als ich jedoch verfolgte, wie du eine bekannte Schauspielerin wurdest, dachte ich mir gleich, dass die Tatsache, mit dir verheiratet zu sein, mir eines Tages nützlich sein würde. Tja, und ich hatte recht …«
    »Ich werde dich verklagen!« Um Susans Beherrschung war es geschehen. »Ich werde dich wegen Betruges, nein, wegen Diebstahls anzeigen, dann wanderst du wieder dahin, wohin du gehörst – nämlich hinter Gittern.«
    Paul ließ ihr Ausbruch völlig unbeeindruckt. Laut lachend stemmte er die Hände in die Hüften und entgegnete: »Mach, was du nicht lassen kannst. Ich hoffe, du kannst dir einen Anwalt leisten. Der wird dir aber nur sagen, dass ein Mann jederzeit das Recht hat, über das Vermögen seiner Frau zu verfügen, ob sie nun tot ist oder lebendig. Und was Jimmy betrifft …« Er winkte verächtlich ab. »Der Junge kennt dich überhaupt nicht, und was kannst du ihm schon bieten? Etwa das Leben einer halbseidenen Schauspielerin? Auch dir, liebe Susan, sollte bekannt sein, welchen Ruf ihr Schauspielerinnen

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