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Das Lied der roten Erde (German Edition)

Das Lied der roten Erde (German Edition)

Titel: Das Lied der roten Erde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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Überall wuchs und spross es, Eukalyptusbäume und Büsche mit sägezahnartigen Blättern säumten die Straßen.  
    »Ach, ich freue mich, dass Ihr da seid«, seufzte Mrs Zuckerman. »Es gibt noch viel zu wenige Frauen in der Kolonie. Wenn es stimmt, was man sagt, dann kommen hier vier Männer auf eine Frau! Aber wenigstens sind wir freien Siedler endlich in der Überzahl.« Sie verzog das Gesicht zu einem feisten Grinsen, in dem ihre Äuglein fast verschwanden. »Allmählich wird Neusüdwales zu einem zivilisierten Fleckchen Erde.«  
    Moira unterließ es, Mrs Zuckerman abermals darauf hinzuweisen, dass McIntyre und sie mitnichten als freie Siedler gekommen waren, sondern der Militärregierung unterstanden. Sie wollte nicht länger als nötig mit dieser Plaudertasche zu tun haben.  
    »Es hat sich einiges getan«, plapperte Mrs Zuckerman munter weiter. »Zum Glück sind mein Mann und ich ja erst hier angekommen, als das alles schon recht ansehnlich war. Wenn ich bedenke, wie das früher ausgesehen haben muss, mit dem ganzen Busch! Und überall diese schrecklichen Wilden!«  
    »Sprecht Ihr von mir, Mrs Zuckerman?« D’Arcy Wentworth war an ihrer Seite aufgetaucht, in jeder Hand ein gefülltes Glas Punsch. »Meine Damen.«  
    Mrs Zuckerman kicherte albern wie ein junges Mädchen und nahm ihr Glas in Empfang. »Von Euch? Ach, Dr. Wentworth, was seid Ihr doch für ein Schelm!«  
    D’Arcy Wentworth war eine der schillerndsten Persönlichkeiten der jungen Kolonie, wie Mrs Zuckerman Moira gleich zu Beginn des Dinners erzählt hatte. Er war Ire aus verarmtem Adel und der Zwangsdeportation nur dadurch entkommen, dass er sich freiwillig zum Dienst in Neusüdwales gemeldet hatte. In der Kolonie hatte er es bis zum Stabsarzt von Parramatta gebracht. Der große, gutaussehende Arzt war Moira von Anfang an sympathisch gewesen. Mit seinen blauen Augen und den wehenden blonden Haaren war er der Mittelpunkt einer jeden Gesellschaft, in der er sich wohl zu fühlen schien wie ein Fisch im Wasser. Die Frauen rissen sich darum, mit ihm zu tanzen. Niemand hätte vermutet, dass er in Irland als Straßenräuber verurteilt worden war, wie ihr Wentworth vorhin freimütig eröffnet hatte. Jetzt unterhielt er die Frauen mit einer Schilderung über Sydneys Anfänge, als Hungersnöte und Existenzängste das Leben bestimmten und die Siedlung aus nichts weiter bestand als zwei einfachen Straßen mit vier Reihen armseliger Hütten aus Palmblättern.  
    Er leerte sein Glas. »Ach, Mrs McIntyre, fast hätte ich es vergessen: Im Winter müsst Ihr und Euer Mann natürlich zu meiner Jahrestagsfeier kommen.«  
    »Gern.« Moira sah ihn fragend an. »Welcher Jahrestag?«  
    »Der meiner Ankunft in diesem wundervollen Land. Ich feiere ihn jedes Jahr. Am achtundzwanzigsten Juni. Auf meiner Farm in Parramatta.«  
    »Juni? Aber sagtet Ihr nicht Winter?«  
    »So ist es. Dann haben wir hier Winter.« Wentworth lachte angesichts Moiras kurzzeitiger Verwirrung. »Ihr werdet Euch schon daran gewöhnen. So manches ist hier anders als in der alten Heimat.«  
    Von drinnen erklang Gelächter und Stimmengewirr, dann die ersten Takte eines Pianos. Eine Frauenstimme rief Wentworths Namen.  
    Wentworth warf einen Blick durch das Fenster auf die Gäste, die sich zum Menuett aufstellten, und seufzte theatralisch.  
    »Mrs Zuckerman, Mrs McIntyre, ich hätte mich gerne noch weiter mit Euch unterhalten, aber ich fürchte, die Pflicht ruft: Ich habe Mrs Watkins den nächsten Tanz versprochen.« Er wandte sich mit einer angedeuteten Verbeugung zum Gehen, drehte sich dann aber noch einmal zu Moira um. »Sobald Ihr Euch eingewöhnt habt, müsst Ihr mich unbedingt besuchen, Mrs McIntyre. Von Toongabbie nach Parramatta ist es keine Stunde Fahrt mit der Kutsche. Wir Iren müssen doch zusammenhalten!«  
    Er blinzelte ihr vertraulich zu, dann verschwand er in der Menge der Tänzer.  
    Mrs Zuckerman sah ihm mit einem säuerlichen Lächeln nach. »Er hat drei Kinder!«, erklärte sie wichtigtuerisch, als wäre es ihr eben erst eingefallen. »Mit einer ehemaligen Sträflingsfrau. Sie leben zusammen. Aber sie sind nicht verheiratet!« Sie zog ein Gesicht, das wohl entrüstet sein sollte, das ihr aber aufgrund ihrer runden Wangen eher Ähnlichkeit mit einem Mops verlieh.  
    Moira stieß einen lautlosen Seufzer aus und suchte nach einer Entschuldigung, um sich von dieser unangenehmen Person befreien zu können.  
    Mrs Zuckerman rückte schon wieder näher. »Und

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