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Das Lied der roten Erde (German Edition)

Das Lied der roten Erde (German Edition)

Titel: Das Lied der roten Erde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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wieder stehen kann, kommt er nach Norfolk Island. Dort wird man ihm die Flausen schon austreiben.«  
    »Norfolk Island? Dieser Mann soll auf die Teufelsinsel?« Mrs King schüttelte den Kopf und drehte sich noch einmal zu dem gefesselten Gefangenen um. »Mr Fitzgerald, es hat mich gefreut, Euch kennenzulernen. Und seid versichert: Ich werde mich Eures Falls annehmen. Über Norfolk Island ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Kommt, Dr. McIntyre, wir wollen den Ordnungshütern nicht länger im Wege stehen.«  
    »Sofort«, gab McIntyre zurück. »Ich bin gleich fertig.«  
    Mrs King ging hinaus. Moira, die mit McIntyre in der Hütte geblieben war, sah, wie Fitzgerald ihr nachblickte. Auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck fast religiöser Verklärung.  
    »Und sie ist doch ein Engel«, hörte sie ihn flüstern.  
    Von draußen konnte man Stimmen und Rufe vernehmen. Dann steckte ein Soldat den Kopf zur Tür herein. »Ist Dr. McIntyre hier?«  
    Dieser drehte sich unwirsch um. »Was ist denn? Könnt Ihr nicht sehen, dass ich beschäftigt bin?«  
    »Doktor, Major Penrith wünscht Euch zu sprechen. Sofort.«  
    McIntyre trat zu dem anderen Kranken. »Lasst mich nur kurz –«  
    Er zog die Decke zur Seite. Moira schlug sich die Hand vor den Mund, um einen Schrei zu ersticken. Der Gefangene, der da vor ihnen lag, war tot, sein Gesicht schwärzlich angelaufen, die Züge verkrampft und im Schmerz erstarrt.  
    Der Soldat warf nur einen kurzen Blick auf die Leiche. »Sir, wenn Ihr Major Penriths Aufforderung nicht augenblicklich Folge leistet, könnte man Euch verdächtigen, gemeinsame Sache mit den Sträflingen zu machen!«  
    »Was?« McIntyre sah abwesend auf. Der Tod des Gefangenen schien ihn erschüttert zu haben. »Ja«, murmelte er. »Ja, ich komme.«  
    *  
    Bis vor kurzem hätte Moira gedacht, dass ihr kaum ein Mensch mehr zuwider sein konnte als ihr eigener Mann, aber es gab eine Steigerung. McIntyre war einfach nur eklig, Major Penrith dagegen war von einem ganz anderen Kaliber. Dabei konnte sie gar nicht wirklich benennen, was es war, das sie an diesem aalglatten Major so sehr störte. Und jetzt musste sie auch noch eingehakt neben ihm laufen. Er hatte ihr galant seinen Arm angeboten, als sie aus der Krankenhütte gekommen war, und was war ihr anderes übriggeblieben, als anzunehmen?  
    McIntyre trottete gedankenversunken neben ihnen her, während Mrs King bereits von einem anderen Offizier zurück eskortiert wurde; der zukünftige Gouverneur wünsche abzureisen, hatte man ihr mitgeteilt. Moira konnte die beiden in einiger Entfernung vor sich sehen. Hinter ihnen stürmten die Soldaten und Aufseher die Hütten der Sträflinge und durchsuchten sie. Sie bezwang sich, um sich nicht schon wieder umzudrehen. Ihre Gedanken jagten sich. Planten die Sträflinge tatsächlich einen Aufstand? Was hatten sie vor? Wer war daran beteiligt? Und war womöglich ihr eigenes Leben in Gefahr?  
    »Ihr seid so schweigsam, Mrs McIntyre«, sagte Major Penrith. »Fürchtet Ihr Euch?«  
    »Nein!«, gab sie patzig zurück – um sofort wieder einzulenken. Sie konnte sich nicht erlauben, dermaßen unfreundlich zu sein. »Nein, Major, das tue ich nicht. Ich bin höchstens etwas besorgt.« Sie zwang sich zu einem flüchtigen Lächeln, das sofort wieder von ihrem Gesicht verschwand, als der Major sie nicht mehr ansah.  
    »Das müsst Ihr nicht. Es ist gut, dass wir frühzeitig informiert wurden. So können wir den Funken des Aufruhrs im Keim ersticken.«  
    »Dann glaubt Ihr, dass etwas dran ist an diesen Gerüchten über einen Aufstand?«  
    Penrith nickte. »Aber natürlich! Diese Sträflinge setzen sich größtenteils aus der untersten Klasse der irischen Nation zusammen. Und die Iren sind bekanntermaßen eine der wildesten, ungebildetsten und primitivsten Nationen, die je vom Licht der Zivilisation gestreift wurden.«  
    »Dann ist es also eine große Ehre für uns, dass Ihr Euch mit dem Doktor und mir abgebt«, konnte Moira sich nicht zurückhalten. »Schließlich gehören auch wir zu jenem primitiven Menschenschlag.«  
    Der Major lachte. »Versteht mich nicht falsch, Mrs McIntyre, ich spreche natürlich nur von den irischen Katholiken. Seid Ihr nicht auch der Meinung, dass sie frei sind von jedem Prinzip der Religion oder Moral? Und da sie nie über Konsequenzen nachdenken, sind sie fähig, kaltblütig die schändlichsten Akte zu begehen. Stets sind sie offen für Rebellion und Mutwillen – das dürftet Ihr

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