Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition)
verzögern kann. Aber das gefällt Ihnen vielleicht nicht, wenn Sie und Ihr neuer Mann heiraten wollen, sobald die Scheidung durch ist. Ich glaube, ich habe einen Kompromiss gefunden, der Simon daran hindert, Sie finanziell auszurauben. Sie wissen, dass er verzweifelt Mittel für sein Projekt sucht und möglichst bald damit anfangen will. Eventuell lässt er sich auf eine geringere Summe ein, damit er weitermachen kann.«
Interessiert horchte Jessica auf. »Und was wäre das?«
»Ihre Häuser in Perth, die Ihnen beiden gehören. Ich habe sie letzte Woche schätzen lassen, und sie sind ziemlich im Wert gestiegen. Wenn man schnell verkauft, könnten sie fast eine Million Dollar bringen.«
»So viel?«, staunte Jessica.
»Wenn Sie Simon anbieten, sie ihm zu überschreiben, könnte er wohl darauf eingehen. Schließlich könnte ihm eine Million in der Hand lieber sein, als in zwei oder drei Jahren dasselbe oder eventuell etwas mehr zu bekommen, besonders, wenn man die Gerichtskosten und die Zeit, die dabei verloren ginge, berücksichtigt. Es wäre sowohl für ihn als auch für Sie ein gutes Geschäft«, meinte er.
Jessica dachte ungefähr eine halbe Minute über Max' Vorschlag nach. Sie war nicht darauf erpicht, die Scheidung hinauszuzögern. Sie wollte, dass das Ende ihrer Beziehung so sauber und schmerzlos wie möglich vonstatten ging, ohne ihr ererbtes Vermögen anzutasten. »Machen Sie es. Machen Sie seinem Rechtsvertreter in Perth ein Angebot.«
»Gut.« Er nahm den letzten Schluck Kaffee und stellte die Tasse auf die Untertasse zurück. »Nun, wie steht es mit unserem Angebot, einer vollen Partnerschaft? Werden Sie darüber nachdenken?«
Max hatte ihr gerade einen annehmbaren Weg aus ihrem Patt mit Simon gewiesen, daher schien es ihr angebracht, diplomatisch zu antworten: »Gut, das werde ich, aber ich kann nichts versprechen.«
Mit einem Kopfnicken zeigte ihr Max, dass er fürs Erste damit zufrieden war.
Mit schweigendem Erstaunen lauschten Alison und Lisa der Tonbandaufzeichnung, die Marcus von der Hypnosesitzung mit Jessica gemacht hatte. Als sie Sarahs Stimme hörten, sahen sich Mutter und Tochter erst gegenseitig und dann Jessica mit einer Mischung aus Anerkennung, Ehrfurcht und Ungläubigkeit an, die sich langsam in Einsicht wandelte.
Während der Woche, die die Marcelles auf Norfolk verbracht hatten, hatte Jessica Alison erzählt, wie Sarah in ihr Leben getreten war und es fast übernommen hätte. Und sie hatte die Skepsis ihrer Schwester bemerkt, bis sie ihr ihre Aufzeichnungen gezeigt hatte und das Bild von der Anson Bay. Das Tonband hatte sie schließlich überzeugt. Doch immer noch schien sie, während sie sich auf das Tonband konzentrierte – das sie nun schon zum dritten Mal hörte –, Schwierigkeiten damit zu haben, dass eine Person aus einer längst vergangenen Zeit durch ihre Schwester sprach.
Es hatte mehrere ernste Gespräche mit Alison gegeben, in deren Verlauf sie sie mit Fragen bombardiert und sie sanft gedrängt hatte, ihr alles über die gescheiterte Beziehung mit Simon zu erzählen. Wie und warum sie in die Brüche gegangen war – und von seiner Affäre mit der Oberschwester des Krankenhauses. Dabei hatte Jessica stets das Gefühl, dass Alison, die zudem mit Simon gesprochen hatte, ihr irgendwie die Schuld an der Trennung gab, auch wenn sie das nie laut sagte. Doch sie merkte es in ihren Blicken und hörte es an ihrer Stimme, und es verletzte sie mehr, als sie für möglich gehalten hätte. Sie brauchte das Verständnis ihrer Schwester, selbst wenn Alison sie nicht offen unterstützen konnte.
Marcus war ihr während des Aufenthalts der Marcelles eine starke Stütze gewesen. Er und Nan hatten die Familie nach Hunter's Glen eingeladen. Marcus hatte Andrew auf dem Motorrad mitgenommen und sich die Zeit genommen, Lisa die Strafgefangenensiedlung zu zeigen und ihre vielen Fragen zu beantworten.
Jessica war überdies zu der Überzeugung gelangt, dass Alison, egal, ob sie ihre Trennung von Simon missbilligte – ihre Schwester war konservativ bis auf die Knochen –, Marcus gern hatte. Heute waren alle drei Männer, Marcus, Keith und Andrew, zum Fischen hinausgefahren, was Jessica die Gelegenheit bot, das Band abzuspielen.
»Das ist ja völlig irreal«, fand Lisa ehrfürchtig. Sie sah sich im Wintergarten um. »Ein Geist in diesem Raum! Wow!«
»Ich kann das nicht ganz fassen«, gab Alison kopfschüttelnd zu. Sie musterte Jessica. »Du musst dich doch fast zu Tode gefürchtet
Weitere Kostenlose Bücher