Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition)
Verhandlungen zur Eigentumsregelung erniedrigend.
Und wenn er ehrlich war, was er ab und zu tatsächlich sein konnte, dann war es Jessica gegenüber auch unfair. Das Vermögen gehörte ihr, es hatte ihr bereits gehört, bevor sie sich getroffen hatten. Sie war diejenige, die es verwaltete, Aktien kaufte und verkaufte und es auf den heutigen Stand gebracht hatte. Er hatte damit nichts zu tun gehabt.
Verstohlen blickte er auf Sue. Auch die Lage, in der er sich jetzt befand, war seine eigene Schuld. Wenn er nicht auf Sue hereingefallen wäre, hätte er immer noch im Cassell Cottage leben können und hätte Zugang zu ihrem Geld. Doch das war endgültig vorbei. Es war an der Zeit, weiterzugehen und sich so im Leben einzurichten, wie er sich das vorstellte.
»Was willst du nun tun, mein Liebster?«
»Ich weiß es nicht. Ich möchte über das Angebot nachdenken und meine Optionen ausloten.«
»Nun, wenn du mich nach meiner Meinung fragst, dann würde ich ihrem schicken Anwalt raten, zum Teufel zu gehen.« Das war Sue in Hochform. »Mit dem, was du von ihr ertragen musstest, hast du dir das Geld sauer verdient. Du solltest es nicht zulassen, dass sie dich um deinen fairen Anteil betrügen.«
»Das hatten wir doch schon«, meinte er müde. »Können wir das nicht mal lassen?«
Sue war auf der Straße aufgewachsen, sie erkannte den missbilligenden Ton in Simons Stimme. Schwächling. Sie wandte sich auf dem Absatz um und ging steif ins Schlafzimmer. Er würde es tun, er würde darauf eingehen, was Jessica wollte. Simon hatte seine guten Seiten, er war ein netter, freundlicher Mann, auch wenn er etwas eigensüchtig war. Aber er hatte eindeutig seine Schwächen, und eine davon war, dass er Konfrontationen aus dem Weg ging. Sie würde bis zum letzten Atemzug kämpfen, um dieser reichen Schlampe ihr Geld abzunehmen. Simon nicht. An seinem ausweichenden Blick konnte sie ablesen, dass er zwar erst etwas murren und grollen und Ärger vorgeben, letztendlich aber auf das Angebot eingehen würde.
Sie war so tief enttäuscht, dass sie innerhalb von Sekunden furchtbar wütend wurde. Sie warf sich bäuchlings aufs Bett, knüllte die Decke in den Fingern zusammen und grub das Gesicht hinein. Verdammte Jessica Pearce! Sie würde gewinnen, weil Simon einfach nicht den Mumm hatte, zu kämpfen! Zum Teufel auch mit ihm!
Sie setzte sich auf und fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. Sie brauchte einen Drink. Innerhalb von fünf Minuten war sie angezogen, ging ins Wohnzimmer zurück und suchte ihre Autoschlüssel.
»Was ist los? Wohin gehst du?«
Der Blick, den sie ihm zuwarf, war nicht gerade liebevoll. Sie war viel zu wütend, um den Anschein aufrechtzuerhalten. »Ich brauche ebenfalls etwas Zeit zum Nachdenken.« Mit der Hand am Türknauf meinte sie noch: »Bis später, Liebster.«
»Marcus, ich mache mir Sorgen«, meinte Jessica stirnrunzelnd. »Seit über drei Wochen ist Sarah jetzt schon nicht mehr mit mir in Kontakt getreten.«
Sie saßen mit ihrem Kaffee im Wintergarten-Atelier und beobachteten einen Schauer, der über die Weiden hinaus aufs Meer zog. Nachdem er vorübergezogen war, blieb der Himmel grau, und es war gerade noch hell genug, dass Jessica hätte weitermalen können, wenn sie gewollt hätte. Aber im Moment war sie es zufrieden, einfach nur zu sitzen und zu reden und den Mann, den sie liebte, anzusehen. Er war die Ruhe nach dem Sturm. Ihr sicherer Hafen. Er war und blieb ihr Fels in der Brandung.
»Mach dir darüber keine Sorgen. Schließlich sind deine Familie und Max eine Woche hier gewesen, da hatte Sarah nicht viel Gelegenheit, sich bemerkbar zu machen, da sie deine Zeit in Anspruch genommen haben.«
»Wahrscheinlich …«, meinte Jessica halb überzeugt.
»Ich schätze, Max war enttäuscht, als du ihm am Flughafen endgültig ›Nein‹ gesagt hast?«, fragte er ernst und forschte nach: »Bist du dir da auch sicher? Ich meine, wirklich ganz sicher?«
»Das bin ich. Max ist damit nicht glücklich, und David wird es auch nicht sein. Aber damit müssen sie fertig werden. Der Anwalt, der mich vertreten hat, macht seine Sache gut, hat Max gesagt. Wenn das so weitergeht, werden sie ihm in ein oder zwei Jahren eine Juniorpartnerschaft anbieten.« Zuversichtlich fügte sie grinsend hinzu: »Glaube mir, ich habe keine Schuldgefühle, dass ich sie im Stich gelassen habe oder dass ich eine tiefe Lücke in diesem Beruf hinterlasse. In der juristischen Welt ist niemand unersetzlich.«
»Das freut mich.
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