Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition)
nichts Schmeichelhaftes war.
»Sag ich«, gab Lisa zurück, ihre reizenden Züge voller Verachtung für ihren Bruder.
»Wollt ihr zwei wohl aufhören!«, befahl Alison. »Waffenstillstand. Denkt dran, ihr habt versprochen, so zu tun, als ob ihr euch mögt.« Sie sah, wie Andrew mit den Augen rollte. »Es ist ja nur für eine Woche, dann könnt ihr euch wieder hassen.«
Keith zuckte mit den Schultern. »Teenager«, meinte er zu Jessica.
»Also, Kinder, was wollt ihr zuerst machen?«, fragte Jessica, als sie ihre Nichte und ihren Neffen umarmte und versuchte, sie nicht mit Marcus' Kindern zu vergleichen, die im Gegensatz zu ihnen wohlerzogen schienen und sich gegenseitig tatsächlich mochten.
»Schnorcheln und eine Angelexpedition und überallhin fahren«, platzte Andrew mit jugendlicher Begeisterung heraus. »Ich habe meinen Führerschein, weißt du?«
»Wohl eher nicht, Fangio«, bremste ihn Alison. »Wenn du hier fährst, dann nur in Begleitung eines Erwachsenen, klar?«
Andrew nickte widerstrebend und wandte sich beleidigt ab.
»Ich will einkaufen gehen, Tante Jessica. Dein Partner Max hat Mum erzählt, dass man hier ganz toll einkaufen kann. Und außerdem will ich die Strafgefangenenruinen besuchen«, erklärte Lisa. »Man sagt, dass es in Kingston Geister gibt. Ist das wahr?«
Jessica bemühte sich, ernst zu bleiben. »Wer sagt das?«
»Das hab ich irgendwo gelesen. Ganz bestimmt.«
»Das ist gut möglich.« Jessica schaffte es, das Gesicht zu wahren, obwohl Lisa völlig von der Vorstellung von Geistern besessen zu sein schien. »Meine Freunde, Nan Duncan und Marcus Hunter, sagen, dass bei der schrecklichen Vergangenheit der Strafgefangenensiedlung höchstwahrscheinlich ein paar Geister in den Ruinen ihr Unwesen treiben.«
»Cool«, fand Lisa fasziniert.
»Du wirst aber höchstwahrscheinlich nicht in Kontakt mit Geistern kommen«, warf Alison in geschäftsmäßigem Tonfall ein und warf Jessica einen vorwurfsvollen Blick zu. »Ermuntere sie nicht auch noch. Sie hat es mit diesem ganzen Geisterkram. Als sie noch kleiner war, hat sie diese Gruselgeschichten geradezu verschlungen.«
Irgendwie schaffte Keith es, zwischen den Gesprächen seine Familie und Jessica zum Ausgang des Flughafens zu bugsieren, wo Minibusse darauf warteten, die Urlauber zu ihren verschiedenen Zielen zu bringen.
Jessica wartete, bis Keith Alison und die Kinder in einen Minivan verfrachtet hatte. »Ich fahre euch zum Hotel nach.«
»Einen Moment mal, junge Dame!«, erklang plötzlich eine strenge Männerstimme hinter ihr.
Jessica wandte sich rasch um, und ihr Kiefer fiel vor Schreck herunter. »Max! Max Lowe, was tun Sie denn hier?« Ihr Geschäftspartner und seine Frau Tania lächelten sie an. Warum war er gekommen?, fragte sie sich und warf Alison einen vorwurfsvollen Blick zu. »Das hast du doch gewusst, oder?«
Alison nickte. »Max hat uns schwören lassen, nichts zu verraten. Er wollte dich überraschen«, erwiderte sie grinsend und unverschämt stolz darauf, dieses Geheimnis wochenlang für sich behalten zu haben.
»Aber«, begann Jessica erstaunt, »ich kann es nicht fassen. Sie sind wirklich hier!«
»Tania wollte einkaufen, und ich wollte Sie sehen, so einfach ist das.«
Jessica schüttelte den Kopf, äußerte ihren Zweifel aber nicht. Sie kannte Max, und so einfach war es dann doch wieder nicht. Sie drohte ihm scherzhaft mit dem Finger. »Sie kriegen mich nicht dazu, meine Meinung zu ändern, Max, wenn das der Grund sein sollte, dass Sie hier sind.«
»Ich bin hier, um Urlaub zu machen«, erklärte er mit Unschuldsmiene, »und Sie, Jessica, sind viel zu misstrauisch, was nur einer der Gründe dafür ist, dass Sie eine gute Rechtsanwältin sind. Darüber können wir später reden«, fügte er hinzu. »Wir wohnen übrigens im Colonial. Warum treffen wir uns dort nicht auf einen Drink? Sagen wir gegen sechs?«
»Ich werde bestimmt mit der Familie zum Essen gehen«, versuchte Jessica auszuweichen, immer noch leicht schockiert über sein unerwartetes Auftauchen auf Norfolk. Sie konnte nicht glauben, dass er den weiten Weg gemacht hatte, nur um sie dazu zu überreden, ihre Entscheidung bezüglich ihres Austritts aus der Kanzlei zu überdenken. Andererseits bewunderte sie seine Hartnäckigkeit, und sie fühlte sich geschmeichelt, auch wenn es reine Zeitverschwendung war. Jetzt, da sie und Marcus ihre Gefühle füreinander entdeckt hatten, würde sie nichts dazu bringen, die Insel zu verlassen.
»Natürlich werden Sie
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