Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition)
haben.«
»Ich hatte Angst, dass ich verrückt werde. Ja. Aber jetzt kann ich erkennen, wann sie kommt, und ich weiß, dass Sarah nicht darauf aus ist, mich zu verletzen. Sie will, dass ich etwas für sie tue.«
»Was?«, fragte Lisa.
»Das hat sie mir noch nicht gesagt.«
»Das ist alles sehr merkwürdig. Warum hat sie ausgerechnet dich ausgewählt?«, wollte die neugierige Alison wissen.
»Ich habe mit Marcus darüber geredet. Wir kamen zu dem Schluss, dass sie, als ich auf die Insel kam, nach meinem Zusammenbruch eine Schwäche in mir gespürt hat. Ich glaube, sie hielt mich für ein einfaches Objekt, das sie kontrollieren konnte.«
Alison schnaubte belustigt. »Sie kannte dich wohl nicht sehr gut, was?«
Jessicas Lächeln war ein wenig geheimnisvoll. Auf manche Dinge ging man besser nicht ein. Alison hatte keine Vorstellung von Sarahs spirituellen Kräften. Es war gut möglich, dass es keine Rolle spielte, wen sie zu beeinflussen versuchte, weil diese Person nicht fähig gewesen wäre, ihr zu widerstehen und sich so Sarahs Wünschen gefügt hätte.
»Weißt du, Tante Jessica, du solltest ein Buch über Sarah schreiben. Es wäre sicher cool, das zu lesen.«
»Ein Buch!« Alison, die vor ihrer Heirat mit Keith als Verlagsassistentin in einem kleinen Verlagshaus in Perth gearbeitet hatte, dachte über die Idee ihrer Tochter nach. »Lisa hat Recht, das hat das Potenzial zu einer interessanten Geschichte. Und sie ist wahr. Du hast deine Aufzeichnungen, du kennst ihre Familiengeschichte, da sind das Gemälde und das Tonband …«
Jessica schreckte vor der Vorstellung zurück. »Ich bin mir nicht sicher. Ich habe noch nie etwas anderes geschrieben als Gerichtsakten.«
»Oh, bitte, Tante Jessica, tu es. Für mich!«, bettelte Lisa und fügte dann hinzu. »Für Sarah!«
Jessica schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, aber … ich könnte es ja versuchen.«
»Sicher. Das solltest du. Außerdem, was hast du schon zu verlieren, außer etwas von deiner kostbaren Zeit?«, ermutigte sie Alison.
»Aber damit müsstest du warten, bis die Geschichte zu Ende ist«, stellte Lisa mit der Weisheit derer fest, die genau wissen, wie so etwas geht.
»Es überrascht mich nicht, dass Simon nicht damit fertig geworden ist. Er hat sich mit diesem übernatürlichen Zeug nie anfreunden können«, stellte Alison fest, während sie das Bild mit den vier Gesichtern betrachtete.
»Das konnte ich verstehen. Trotzdem hätte ich mir von ihm mehr Unterstützung gewünscht, anstelle der ständigen Neckereien und seiner Versuche, mich mental zu untergraben. Jetzt will er Sarah dafür einsetzen, mir das Geld wegzunehmen, das ich von Dad geerbt habe.«
»Das ist doch nicht möglich!«, rief Alison schockiert.
»Er hat mir damit gedroht, mich für unzurechnungsfähig erklären zu lassen.«
Alison warf den Kopf in den Nacken und lachte. »Was für ein Idiot! Da hat er nicht die geringste Chance.« Sie sah Jessica einen Moment lang an. »Vielleicht hast du Recht, vielleicht war es mit Simon einfach vorbei .« Dann fügte sie hinzu: »Du machst dir deswegen doch keine Sorgen, oder? Über die Sache mit der Geisteskrankheit?«
»Marcus sagt, das brauche ich nicht. Und Max ebenso. Mit meinen Aufzeichnungen und Marcus' Zeugenaussage kann ihrer Meinung nach Simons Plan nicht funktionieren. Ich denke, dass Sue Levinski dahintersteckt. Sie stachelt Simon garantiert an. Max hat allerdings einen guten Plan aufgestellt, und wir hoffen, dass wir uns bald auf die Sache mit den Häusern einigen können. Dann nimmt alles seinen Lauf.« Insgeheim war sie sehr froh über Alisons Eingeständnis. Es war das erste Mal, dass ihre Schwester zugegeben hatte, dass sie das Richtige getan hatte.
Alison seufzte lange und bedauernd. »Du bist wild entschlossen, hier zu bleiben, nicht wahr?«
»Ich habe mehrere gute Gründe.«
»Was ist mit uns? Wir werden dich vermissen«, sagte Alison, unfähig, das Zittern in ihrer Stimme zu verbergen.
»Ich werde euch besuchen kommen. So weit weg ist Perth nun auch nicht. Ihr könnt damit rechnen, mich ein paar Mal im Jahr zu sehen. Außerdem habe ich Freunde in Perth, zu denen ich den Kontakt nicht verlieren möchte.«
»Es wird nicht dasselbe sein«, meinte Alison missbilligend.
»Herrjeh, Mum, jetzt mach Tante Jessica doch kein schlechtes Gewissen«, meinte Lisa mit der Offenheit eines Teenagers. »Sie hat ihr eigenes Leben, und wenn sie das hier leben will, dann solltest du ihr dabei Glück wünschen, anstatt ihr ein
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