Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition)
wenn wir nach Sydney Town zurückkehren, wird sie es rahmen lassen.
Ich vermisse meinen Will so sehr, Bridget, dass ich, wenn Meggie nicht wäre, häufig nicht mehr weitermachen möchte. Ich tue es nur für sie, für ihre Zukunft, und wenn unsere Zeit hier um ist, dann werde ich mich entscheiden, ob wir in Sydney Town wohnen werden oder ob wir nach Dublin zurückkehren werden.
Ich muss mich beeilen, den Brief fertig zu schreiben. Das Schiff, das vor Point Hunter seine Ladung löscht, läuft morgen mit der Flut aus.
Wie immer in tiefer Zuneigung
Sarah
»Komm schon, Meggie, meine Liebe, lass uns zur Bucht hinuntergehen und dem Kapitän meinen Brief geben.« Sarah nahm ihre Tochter an der Hand und ging durch die Küchentür, über den gepflasterten Seitenweg die Stufen hinab in die Quality Row.
Es war spät am Nachmittag, und die hohen Pinien warfen schattige Streifen auf den Weg, als sie unter den Mauern der Militärkaserne und danach an der abweisenden Fassade des Gefängnisses entlanggingen, in dem nachts fast alle Sträflinge auf der Insel schliefen. Eine Kolonne kehrte gerade von der Arbeit an den Kalkbrennöfen zurück, und obwohl sie damit ein »Kitzeln« mit der Peitsche riskierten, winkten einige der Männer der kleinen Meggie im Vorübergehen zu.
Sarah hätte den Soldaten, der die Gefangenen begleitete, gerne ignoriert, konnte es aber nicht, denn er tippte sich an die Mütze und sprach sie an.
»Guten Tag, Mrs. O'Riley. Gehen Sie mit der kleinen Meggie an den Strand, um Muscheln zu suchen? Ein netter Ausflug für die Kleine.«
»Nein, Soldat Dowd, dafür haben wir heute wahrscheinlich keine Zeit«, entgegnete Sarah kurz angebunden.
»O Mama, bitte! Nur ein bisschen!«, flehte Meggie.
Sarah nickte dem Soldaten nur sehr flüchtig zu, denn sie kannte ihn – Soldat Thomas Dowd –, und sie konnte ihn nicht ausstehen. Sein Anblick erinnerte sie an das Frettchen, das ihr Bruder Paddy als Kind gehabt hatte, und sie mochte es nicht, dass er ständig versuchte, mit ihr zu sprechen. Er erschien unter irgendeinem Vorwand an der Küchentür der Stewarts in der Hoffnung, dass sie ein freundliches Wort für ihn hatte, was jedoch nie der Fall war. Immer schickte sie ihn mit böser Miene weg, sehr zu Maude Prentiss' Erheiterung.
Darüber hinaus konnte sie Dowd schon deswegen nicht leiden, weil er eine so heimlichtuerische Art an sich hatte, die sie an den schrecklichen Elijah Waugh erinnerte. Dowds Blicke flitzten die ganze Zeit hin und her, als ob er nicht den Mut hätte, sie direkt anzusehen. Außerdem gab er sich keine Mühe, ordentlich oder sogar sauber auszusehen, und der Gestank in seiner Nähe ließ sie die Nase rümpfen.
Mit Maude, die Meggie furchtbar verwöhnte, kam sie gut aus. Cynthia Stewart war eine milde Herrin, und zu zweit sorgten sie ziemlich gut für das Haus mit den drei Zimmern in der Quality Row. Gelegentlich bekamen sie Hilfe von Frederick, einem der vertrauenswürdigen Sträflinge, der die schweren Arbeiten erledigte.
»Bitte Mama, können wir Muscheln suchen gehen?«
Sarah lächelte ihre Tochter nachsichtig an. Wie konnte sie dem Kind irgendetwas abschlagen? »Nun gut, aber nur ganz kurz.«
In der Ferne konnte sie das Treiben am Strand sehen, wo die Schiffscrew den Leichter fertig machte. Die Laird of Dalgleish lag sicher jenseits des trügerischen Korallenriffs, und sie wünschte sich sehnlichst, dass sie mit Meggie als Passagier an Bord gehen könnte. Sie sehnte sich danach, von diesem Ort fortzukommen, fort von der Traurigkeit, die das Leben aller hier durchdrang, außer vielleicht das von Meggie und den anderen Kindern. In ihrer kindlichen Unschuld erkannten sie die Grausamkeit nicht, die auf Norfolk herrschte. Selbst ihr Herr, Captain Stewart, hatte sich an die Gefühllosigkeit des Gefängniskommandanten und seiner Herrschaft gewöhnt.
Am Strand lungerten mehrere Soldaten in unterschiedlich entspannten Haltungen im Schatten der Pinien herum, während ihr Vorgesetzter mit dem Schiffskapitän sprach. Sarah beachtete sie kaum.
Doch einer der Soldaten bemerkte sie. Er richtete sich auf, als habe jemand an den unsichtbaren Fäden einer Marionette gezogen, und starrte der Gestalt der Frau nach, die ein bescheidenes graues Kleid trug, das durch zwei steife Unterröcke ausstand. Lediglich weiße Manschetten an den Ärmeln, ein weißer Spitzenkragen und Perlenknöpfe, die sich bis zu der schlanken Taille zogen, von der sie die Schürze nicht abgenommen hatte, lockerten das trübe
Weitere Kostenlose Bücher