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Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition)

Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition)

Titel: Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynne Wilding
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Grau auf. Auf dem Kopf saß eine weiße Haube, die ihr rotes Haar nur knapp verdeckte.
    Sie ist hier , flüsterte Elijah leise, so erschrocken, dass er sein Glück kaum fassen konnte. Bislang hatte er diese Insel für das schlimmste Höllenloch gehalten, in dem er je ge dient hatte. Schlimmer als Indien, schlimmer als die Minen in Newcastle, doch jetzt erkannte er die göttliche Fügung – der Gedanke war gotteslästerlich, das war ihm klar –, dass er im Rahmen einer Disziplinierungsmaßnahme hierher ge schickt worden war, weil er sich in den Minen betrunken und respektloses Benehmen an den Tag gelegt hatte. Dieser lächerliche Lieutenant Forbes hatte gesagt, es sei seine letzte Chance, und wenn er sich nicht änderte, dann würde er aus der Armee fliegen. Seine Lippen kräuselten sich verächtlich. Als ob er davor Angst hätte!
    Seit er seine Streifen verloren hatte, ausgepeitscht und zu den Minen versetzt worden war, war seine Begeisterung für das Leben in der Armee ziemlich gesunken. Er sehnte sich nur noch nach einem, und das war, sich an der Person zu rächen, die ihn ruiniert hatte: Sarah O'Riley. Sie plötzlich hier zu sehen, ließ seine Welt schöner erscheinen. Dieses Luder war hier in seiner Reichweite! Er hätte fast laut aufgelacht.
    Ein Soldat stieß ihn in die Rippen. »Hey, rate mal, was ich mit der gerne anstellen würde!« Er neigte sich dicht zu seinem Kumpel, um ihm genauestens zu beschreiben, was er mit der Frau anfangen würde, wenn er die Gelegenheit hätte, sie eine Stunde allein zu haben.
    Bei der lebhaften Darstellung davon, wie der Mann Sarah nehmen würde, begann die Narbe in Elijah Waughs Gesicht zu glühen. Wütend schnappte er den Soldaten am Hemd und donnerte ihn an: »McLean, wenn du nicht willst, dass dir in einer dunklen Nacht die Kehle durchgeschnitten wird, dann lass bloß die Augen und die Finger von ihr. Sie gehört mir. Hier«, er wies auf die Narbe auf seiner Wange, »das habe ich von ihr, und eines Tages werde ich ihr das heimzahlen!«
    Der Soldat namens McLean erblasste angesichts der Feindseligkeit in Waughs Stimme. »Schon gut, Kumpel, alles klar. Sie gehört ganz dir.«
    Da er dieses erste Gefecht gewonnen hatte, schlich sich Elijah unauffällig näher an Sarah heran, die dem Ersten Maat des vor dem Riff ankernden Schiffes einen Brief gab. Ein Lächeln der Vorfreude über ihre Überraschung zerknitterte seine groben Gesichtszüge, während er darauf wartete, dass sie sich umdrehte und ihn erkannte.
    Er wurde nicht enttäuscht.
    »Ich wünsche einen guten Tag, Mrs. O'Riley«, sagte er, verächtlich den Mund verziehend, als er ihren Namen aussprach. Doch vorsichtshalber zog er den Hut in gespielter Höflichkeit, nur für den Fall, dass der Sergeant, der sie befehligte, gerade hersah. Er erkannte, wie sie blass wurde und ihre Lippen fest aufeinander presste, nicht aus Zorn, sondern etwas anderem. Er hoffte, dass es Furcht war. O ja, er hoffte inständig, dass sie Angst hatte.
    Als Sarah den Mann sah, der sie vor mehr als vier Monaten fast vergewaltigt hätte, lief ihr ein Schauer der Vorahnung über den Rücken. Heilige Maria Muttergottes, was tat denn dieser Teufel hier? Als der Sergeant nach seinen Männern rief, wandte sich Elijah um und lief zurück in die Reihe zu den anderen.
    Sarahs Herz klopfte in ihrer Brust wie ein Kolibri, und sie versuchte, die Angst zu beherrschen, die sich mit eisigen Tentakeln in ihrem Körper ausbreitete und sie erstarren ließ. Sie hatte geglaubt, der Vorteil, der einzige Vorteil, den ihr Norfolk Island bot, war, dass sie vor seinem ungehörigen Blick, seinem Spott und seinen Drohungen sicher war. Diese Hoffnung musste sie nun aufgeben. O Gott, was tat er hier?
    »Diese Soldaten«, flüsterte sie dem Ersten Maat zu, »warum sind sie hier? Warum sind sie nicht in der Kaserne oder tun sonstwo ihren Dienst?«
    »Ach die«, antwortete der Maat mit einem flüchtigen Blick auf die Kompanie. »Die haben die Sträflinge beim Entladen der Laird of Dalgleish beaufsichtigt.« Er lächelte sie an und gab ihr einen gutgemeinten Rat: »Das ist ein schräger Haufen, Ma'am. Fast so schlimm wie die Sträflinge selber. An Ihrer Stelle würde ich mich von ihnen fernhalten.«
    Sarah starrte Elijahs Profil an, bemerkte die immer noch glühende Narbe in seinem Gesicht und drehte den Soldaten den Rücken zu. »Das werde ich, Sir, da können Sie ganz sicher sein.«
    Mit Meggie an der Hand ging sie schnell fort, den Rücken kerzengerade haltend. Heiliger Jesus,

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