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Das Lied der schwarzen Berge

Das Lied der schwarzen Berge

Titel: Das Lied der schwarzen Berge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sofort zurück!« Meerholdt nahm Rosas Hand und rannte mit ihr aus den Felsen dem Walde zu. Hier sah Jossip sie wieder … er sah sie den Hang hinab laufen, Hand in Hand, wie Kinder. Er ahnte nicht, welche schrecklichen Gedanken sie so beflügelten … er sah sie nur zusammen aus dem Wald kommen, zwei Menschen, die sich an ihm versündigten, an Jossip, der einen Anspruch auf Rosa hatte, weil sie ihm in der Wiege nach altem Gesetz versprochen war.
    Er erhob sich und ballte die Faust. Drohend hob er sie und schwang sie durch die Nacht. »Ich vernichte euch!« sagte er leise. »Ich ertränke euch wie die Ratten! Euch alle. Alle!«
    Meerholdt und Rosa rannten in das Lager. Keuchend riß er die Tür seines Zimmers auf und stürzte auf das Telefon.
    »Belgrad!« schrie er. »Geben Sie mir sofort Belgrad. 5 67 98. Blitzgespräch!«
    Er sank auf einen Stuhl und wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn. Sein Herz schlug wild gegen seine Rippen.
    Eine Stimme schnarrte im Apparat, Meerholdt beugte sich vor. »Ich brauche den Minister!« schrie er. »Sofort! Ob er schläft, ist mir ganz gleich. Wecken Sie ihn! Es ist dringend. Es geht um Millionen …«
    Drei Minuten später sprach er mit dem Minister …
    Pietro Bonelli hatte Urlaub bekommen.
    Die Schweigsamkeit Katjas hatte an seinen Nerven gezehrt, und er war so lange jammernd um Meerholdt herumgestrichen und hatte des Abends traurige Lieder zur Laute gesungen, bis sich Ralf erweichen ließ und sagte: »Hau ab, du Jammerlappen! Aber wehe dir, wenn du Katja nicht heiratest.«
    Nun war Bonelli in Sarajewo und ließ sich von einem Barbier rasieren und frisieren. Der Barbier hatte seinen ›Salon‹ nahe dem Krankenhaus und war ein Orientale, ein Serbe mohammedanischen Glaubens.
    Barbiere sind schwatzhaft. Das gehört zum Geschäft … ein stummer Barbier wäre wie Sekt ohne Perlen oder eine Frau ohne Raffinesse. Nachdem er mit Bonelli über das Wetter geplaudert hatte, über Sarajewo und den Mord an Erzherzog Ferdinand, von dem der Fremdenverkehr Sarajewos noch heute zehrt, über die neue Brücke, die man über die Bosna schlagen wollte, und über die Soldaten, die in Sarajewo alle Mädchen verrückt machten, sagte er etwas, was Bonelli fast aus dem Barbierstuhl trieb.
    »Und nebenan, Herr … nebenan, im Krankenhaus … Oh!« Er verdrehte die Augen und schnalzte mit der Zunge.
    »Da ist ein Mädchen … was sage ich, Mädchen … eine Wildkatze, eine Pantherin, eine Houri aus dem siebten Himmel Allahs! Sie putzt dort … ein schwarzer Teufel, Herr! Allah hat mir vier Frauen erlaubt … ich werde sparen … 10.000 Dinare und mehr und mir dieses Kätzchen fangen!« Der Barbier schnalzte wieder mit der Zunge. »Katja heißt sie …«
    »Ka … Katja …«, stöhnte Bonelli. Er wagte nicht, sich zu bewegen, denn der Barbier hatte seine Nase gefaßt und rasierte ihn unter dem Kinn.
    »Katja! Oh! Ich schlafe keine Nacht, seitdem ich sie gesehen habe! Ab und zu kauft sie bei mir ein … ein Fläschchen mit Riechwasser, Lippenstift, Puder, Creme … oh, ich könnte ihr die Füßchen küssen, wenn sie kommt. Ich bin ihr Sklave, ihr Hündchen, ihr Läuschen …«
    Bonelli seufzte und schloß die Augen. »Und das Kätzchen liebt dich auch?« fragte er mühsam.
    Der Barbier stellte sich in Positur. Bonelli sah es im Spiegel … er zwirbelte seinen dicken Schnurrbart. »Kann man mir widerstehen?« sagte er stolz. »Allah hat mir alle Männlichkeit gegeben, die er bei der Erschaffung der Welt zu verteilen hatte! Ich werde das Berglöwchen noch erobern …«
    Bonelli litt Höllenqualen, ehe er den Salon verließ und Kennif – so hieß der feurige Barbier – sogar noch 20 Dinare Trinkgeld gab. »Auf Wiedersehen, Herr Graf!« schrie ihm Kennif nach. »Allah halte schützend seine Hand über Euch!«
    »Katja«, dachte Bonelli. Außerhalb der Rasiermesser Kennifs kehrte in ihm die Wut zurück. Katja, du Aas! Nach Sarajewo gehen und die Männer verrückt machen! Und der arme Pietro muß in der Wildnis leben, unter tausend weibertollen Arbeitern und einem Mörder, der nachts blutige Unterwäsche im Lager verteilt! Schöne Blicke nach den Soldaten werfen und mit dem Hintern wackeln, den Lidern klappern und mit dem rotgemalten Mäulchen plappern … Madonna mia – das hört auf! Das hat Pietro Bonelli nicht verdient. Der liebe, der treue Bonelli!
    Er ging geradewegs zum Krankenhaus und wurde am Eingang vom Pförtner aufgehalten.
    Pförtner sind in der ganzen Welt gleich. Sie sind

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