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Das Lied der Sirenen

Das Lied der Sirenen

Titel: Das Lied der Sirenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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zu schauen. Sie blätterten in der Hoffnung, das zu finden, nach dem sie suchten, sofort die Anzeigenseiten auf und hielten die Titelseite sowie die letzte Seite den Passanten entgegen. Jeder, der neugierig genug war, auf die fette Balkenüberschrift zu schauen, konnte lesen: » CHEF DER SONDERKOMMISSION ZUR JAGD AUF DEN SERIENMÖRDER GEFEUERT . Exklusivbericht von unserer Kriminalreporterin Penny Burgess.« Im unteren rechten Drittel der Titelseite prangte ein Foto von Tony mit der Überschrift: » MORDKOMMISSION FOLGT EINER ANREGUNG DER
BRADFIELD EVENING SENTINEL TIMES . Exklusiv von Penny Burgess.« Wenn das die Leute dazu brachte, sich ein eigenes Exemplar der Zeitung zu kaufen, konnten sie auch noch den Untertitel lesen: »Führender Psychologe Englands in die Ermittlungen gegen den Schwulenmörder eingeschaltet. Bericht auf S. 3 .«
    In einem Büro hoch über den geschäftigen Straßen Bradfields starrte ein Mörder auf die Zeitung, und eine prickelnde Erregung stieg in ihm auf. Die Dinge entwickelten sich wunderbar. Es war, als ob die Polizei das Ausleben seiner Phantasien unterstützen würde, ein Beweis, daß Wünsche tatsächlich wahr werden können.

[home]
Auf 3 ½-Zoll-Diskette, Beschriftung: Backup. 007 ,
Datei Love 012 .doc
    Alle Welt war in den Straßen der Stadt unterwegs, um Weihnachtsgeschenke zu kaufen, an denen die meisten noch Ostern abzuzahlen hatten. Narren! Ich war in meinem Kerker und stellte sicher, daß ich ein unvergeßliches Weihnachtsfest erleben würde. Obwohl es Gareth’ letztes auf Erden sein würde, war ich sicher, daß sich jede Einzelheit so deutlich in seinem Gedächtnis festsetzte, wie sie auf meinem Videoband eingefangen wurde.
    Ich hatte unser Treffen mit aller Sorgfalt und Präzision, die ich nur aufbringen konnte, vorbereitet. Seine Beziehung zu diesem Miststück bedeutete, daß ich ihn mir nicht bei sich zu Hause schnappen konnte, wie ich das bei Adam und Paul gemacht hatte. Ich mußte nach einem Alternativplan vorgehen.
    Ich schickte ihm – ohne Namensangabe – eine Einladung zu einer »Überraschungsparty«. Da er am Weihnachtsabend wahrscheinlich entweder durch familiäre Bindungen oder aber durch das Miststück belegt sein würde, wählte ich den 23 . Dezember als Termin. Ich formulierte die Einladung so, daß er ihr kaum widerstehen konnte und sie sicherlich auch nicht dem Miststück zeigen würde. Der Schlußsatz lautete:
    »Einlaß nur gegen Vorlage dieser Einladung.« Ein cleverer Schachzug, wie ich meinte. Er würde dazu gezwungen sein, das einzige Beweisstück für Kontakte zwischen uns mitzubringen.
    Die Wegbeschreibung auf der Rückseite führte – falls er vorab eine Erkundungsfahrt machen sollte – zu einem einsam gelegenen Ferien-Cottage zwischen Bradfield und den Yorkshire Dales. Es lag von der Start Hill Farm und meinem Kerker ausgesehen auf der gegenüberliegenden Seite der Stadt. Ich ging davon aus, daß das Cottage über Weihnachten vermietet sein würde. Aber ich hatte nicht die Absicht, ihn bis dorthin kommen zu lassen.
     
    Es war ein weihnachtlicher Abend, wie er den Klischeevorstellungen entspricht: ein knochenbleicher Halbmond, Sterne, die wie Brillantsplitter funkelten, Gras und Hecken mit Rauhreif überzogen. Ich fuhr an den Rand der einspurigen Straße, die zu dem Ferien-Cottage und einigen abgelegenen Farmen führte. In der Ferne zogen die Lichter der Fahrzeuge auf der Straße nach Bradfield lautlos wie Irrlichter dahin.
    Ich schaltete die Warnblinker an, stieg aus dem Jeep und öffnete die Motorhaube. Dann legte ich mir alles zurecht, was ich brauchte, lehnte mich an den vorderen Kotflügel und wartete. Es war kalt, aber das machte mir nichts aus. Ich hatte gut kalkuliert. Schon nach fünf Minuten hörte ich das Motorengeräusch eines Wagens, der sich den steilen Weg hinaufkämpfte. Scheinwerfer tauchten um die Kurve unter mir auf, und ich trat auf die Straße und winkte verzweifelt, ein frierender, in Not befindlicher Mitmensch.
    Gareth’ älterer Escort hielt ruckartig hinter dem Jeep an. Ich machte ein paar zögernde Schritte auf ihn zu, und er stieß die Tür seines Wagens auf und stieg aus. »Irgendwelche Probleme?« fragte er. »Ich verstehe leider nichts von Autos, aber wenn ich Sie mitnehmen kann …?«
    Ich lächelte. »Danke, daß Sie angehalten haben«, sagte ich. In seinen Augen flackerte keinerlei Erkennen auf, als er näher kam. Dafür haßte ich ihn.
    Ich trat zurück zum Jeep und deutete unter die Motorhaube.
    »Es

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