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Das Lied der Sirenen

Das Lied der Sirenen

Titel: Das Lied der Sirenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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verpfeifen?« fragte Penny, und es gelang ihr nicht, ihre Ungläubigkeit zu verbergen. Sie hatte noch nicht oft mit ihr zu tun gehabt, aber was sie über Inspector Jordan wußte, paßte nicht zum Bild eines Menschen, der andere verpfeift.
    »Du kennst sie nicht. Sie ist absolut skrupellos. Sie ist verdammt ehrgeizig und will ganz nach oben, und sie wird mich gnadenlos verpfeifen, wenn sie meint, das könnte für ihre Karriere nützlich sein.«
    Penny schüttelte verärgert den Kopf. »Du steigerst dich da in eine unnötige Überreaktion. Selbst wenn Carol Jordan auf mysteriöse Weise rausgekriegt haben sollte, daß wir beide uns näher kennen, so ist sie ganz bestimmt zu sehr damit beschäftigt, Ruhm und Ehre aus der Zusammenarbeit mit Dr.Hill zu gewinnen, als daß ihr daran gelegen wäre, dich zu verraten. Und außerdem, denk doch mal logisch, sie kann nichts dabei gewinnen, wenn sie sich den Ruf einer Denunziantin bei den Kollegen einhandelt.«
    Kevin schüttelte zweifelnd den Kopf. »Ich weiß nicht. Du kannst dir nicht vorstellen, was zur Zeit bei uns los ist. Wir arbeiten jeden Tag achtzehn Stunden, und es kommt doch nichts dabei raus.«
    Penny streichelte die Innenseite seines Oberschenkels. »Du Armer, du. Hör zu, wenn die Sache platzt und jemand dich tatsächlich bezichtigen sollte, müssen die Leute von der Untersuchungsgruppe zu uns kommen und uns damit konfrontieren. Sie brauchen ja schließlich eine Bestätigung. Und wenn das passiert, werde ich es so aussehen lassen, als ob Carol Jordan meine Quelle wäre, okay? Das wird das Wasser der Verdächtigungen ganz schön trüben, meinst du nicht auch?«
    Kevins Lächeln war der Schmus wert, dachte Penny. Das und auch noch ein oder zwei andere Dinge an ihm. Beruhigt stand er auf. »Danke, Pen. Ich muß zurück zur Arbeit. Ich ruf’ dich bald an, und dann verabreden wir was, okay?« Er beugte sich zu ihr hinunter und küßte sie.
    »Halt mich auf dem laufenden«, sagte Penny leise zu seinem sich bereits entfernenden Rücken. Noch ehe er die Tür erreicht hatte, nahm die Einleitung zu ihrem neuen Artikel in ihrem Kopf bereits Gestalt an. O ja, sie sah sie schon vor sich.
    Im Zusammenhang mit der Jagd auf den Serienmörder, der bereits vier Männer getötet hat und die Männerwelt wie nie zuvor großer Gefahr aussetzt, erschließt die Kriminalpolizei neue Personalquellen.
    Aber die zusätzlichen Beamten werden sich nicht an der Suche nach dem monströsen Schwulenkiller beteiligen. Ihr Job wird eine Suchaktion innerhalb der Polizei selbst sein.
    Die Spitzenbeamten der Polizei sind so alarmiert über die Genauigkeit der Berichterstattung der Sentinel Times über die Morde, daß sie eine großangelegte Maulwurfsjagd gestartet haben, um unsere Quelle aufzudecken. Statt dazu beizutragen, die Ermittlungen gegen den Mörder voranzutreiben, werden die Maulwurfjäger eine Untersuchung gegen ihre eigenen Kollegen durchführen, die der Meinung sind, die verunsicherte Öffentlichkeit habe ein Recht auf korrekte Informationen.
    Carol öffnete die Tür zum Vorzimmer und sagte: »Ich bin fertig. Können wir jetzt darüber reden?«
    Tony schaute abwesend vom Bildschirm auf und hob die Hand.
    »Ja, natürlich, ich bin auch gleich fertig«, antwortete er.
    Carol ging zurück ins Büro und atmete tief durch. Wie professionell sie auch mit ihm umzugehen versuchte, sie konnte das Gefühl des Hingezogenseins zu diesem Mann nicht unterdrücken. Es war leichter gesagt als getan, es zu ignorieren. Kurz darauf kam Tony herein und setzte sich auf die Kante seines Schreibtischs. Wie bei Dennis the Menace stand ihm das Haar vom Kopf ab, weil er sich bei der Konzentration auf seine Arbeit immer wieder mit den Fingern hindurchgefahren war. »So«, sagte er, »wie lautet denn nun Ihr Urteilsspruch?«
    »Ich bin sehr beeindruckt«, antwortete sie. »Sie haben alles auf den Punkt gebracht. Ein paar Fragen habe ich allerdings noch.«
    »Nur ein paar?«
    »Sie sprechen mehrmals davon, wie stark er sein muß, um seine Opfer überwältigen und transportieren zu können. Sie stellen auch Spekulationen darüber an, wie er sie zu Beginn in eine verwundbare Situation bringt. Aber könnte es nicht auch sein, daß es sich um zwei Täter handelt?«
    »Erklären Sie das näher«, bat Tony sie, ohne daß auch nur ein Hauch von Kälte in seiner Stimme zu hören gewesen wäre.
    »Ich meine nicht zwei Männer. Ich meine einen Mann plus jemand, der irgendwie schwach, verwundbar ist. Vielleicht ein Mann und ein

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