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Das Lied der Sirenen

Das Lied der Sirenen

Titel: Das Lied der Sirenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Dinge passen einfach nicht zusammen.« Tony sprach jetzt mit einem Unterton der Endgültigkeit. »Dasselbe gilt für Transsexuelle. Eher noch mehr, denn sie müssen sich ja einer psychologischen Behandlung unterziehen, ehe man sie für eine operative Geschlechtsumwandlung akzeptiert.«
    »Sie schließen es also aus?« fragte Carol, und sie war – grundlos, wie sie wußte – sehr enttäuscht.
    »Ich schließe niemals etwas völlig aus. Man macht sich sonst in diesem Spiel zum Narren. Ich halte es nur für so unwahrscheinlich, daß ich es nicht in das Profil aufnehmen möchte. Wenn ich diese Möglichkeit allein nur andeuten würde, könnten die Ermittlungen in eine falsche Richtung gelenkt werden. Aber wir sollten das auf jeden Fall im Hinterkopf behalten.« Er lächelte und nahm seinen Worten damit den Stachel der Herablassung. »Wie ich schon zu Beginn unserer Zusammenarbeit sagte, Carol, gemeinsam werden wir es schaffen.«
    »Und Sie sind fest davon überzeugt, daß es sich nicht um eine Frau handeln kann?« hakte sie nach.
    »Die Psychologie paßt einfach nicht. Greifen wir den wichtigsten Punkt heraus – dieser Mörder ist ein Besessener, und das ist im allgemeinen ein männlicher Charakterzug. Wie viele Frauen kennen Sie, die sich im Regen in Anoraks auf Bahnhöfen herumtreiben und Zugnummern notieren?«
    »Aber was ist mit diesem anderen Syndrom, wie heißt es noch, bei dem Leute so besessen von einem anderen Menschen sind, daß sie ihr Leben völlig ruinieren? Ich dachte immer, es seien vor allem Frauen, die daran leiden.«
    »Das De-Clerambault-Syndrom«, sagte Tony. »Und ja, es sind in der Regel Frauen, die daran leiden. Aber sie sind auf eine Person fixiert, und der einzige Mensch, der dabei den Tod finden kann, ist der Leidende selbst, der manchmal Selbstmord begeht. Wichtig ist, daß Besessenheiten und Zwangshandlungen bei Frauen sich von denen bei Männern grundsätzlich unterscheiden. Besessenheiten bei Männern haben mit Kontrolle zu tun; sie sammeln Briefmarken und stecken sie in Ordner, sie sammeln Schlüpfer von allen Frauen, mit denen sie je geschlafen haben, sie sammeln Zugnummern auf Bahnhöfen. Sie brauchen Trophäen. Besessenheiten bei Frauen haben mit Unterwerfung, mit Gehorsam zu tun; indem sie Ungehorsam herunterschlucken und verdrängen, ergreift die Besessenheit Besitz von ihnen und kontrolliert sie, statt daß sie die Besessenheit unter Kontrolle haben. Eine Frau, die am De-Clerambault-Syndrom leidet und das Objekt ihrer Begierde heiratet, würde wahrscheinlich das chauvinistische Ideal einer perfekten Ehefrau sein. Dieses Muster paßt nicht auf unseren Killer.«
    »Ich verstehe, was Sie meinen«, sagte Carol, war aber nicht willens, die eine neue Idee, die sie ihrer Meinung nach zur Abrundung des Profils beigesteuert hatte, ohne weiteres aufzugeben.
    »Beachten Sie zudem die enorme physische Kraft, die hier im Spiel ist«, fügte Tony, der ihre Unzufriedenheit erkannte, schnell hinzu. »Sie sind körperlich durchtrainiert. Sie sind wahrscheinlich für Ihre Körpergröße recht stark. Ich bin nur ein paar Zentimeter größer als Sie. Aber was meinen Sie, wie weit Sie mich tragen könnten? Wie lange würden Sie brauchen, meine Leiche aus dem Kofferraum eines Wagens zu zerren und sie über eine Mauer zu werfen? Könnten Sie mich über Ihre Schulter nehmen und mich durch den Carlton Park bis zu dem Gebüsch tragen? Und jetzt berücksichtigen Sie noch, daß alle Mordopfer größer und schwerer waren als ich.«
    »Okay, Sie haben gewonnen. Ich bin jetzt überzeugt. Da war aber noch eine Sache, die mir aufgefallen ist.«
    »Dann raus damit.«
    »Die Begründung für die Einhaltung einer achtwöchigen Pause zwischen den Morden ist nicht einleuchtend genug«, sagte sie vorsichtig.
    »Sie haben das also auch gemerkt. Sie hat mich selbst nicht überzeugt. Aber mir ist keine bessere Erklärung eingefallen. So was ist mir noch nie begegnet, weder in der Praxis noch in der Literatur. Bei allen Serienmördern, von denen ich weiß, kam es zu einer Eskalation.«
    »Ich habe da eine Theorie.«
    Er beugte sich mit angespanntem Gesicht vor. »Dann lassen Sie mal hören, Carol«, bat er.
    Carol fühlte sich wie ein Goldfisch im Kugelglas, und sie atmete tief durch. Sie hatte sich seine Aufmerksamkeit gewünscht, aber jetzt, da sie sie hatte, war sie sich nicht mehr sicher, ob ihr das wirklich gefiel.
    »Ich erinnere mich, was Sie vor ein paar Tagen über die Intervalle zu mir sagten.« Sie schloß die

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