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Das Lied der Sirenen

Das Lied der Sirenen

Titel: Das Lied der Sirenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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konnten. Ich nehme an, daß als Todesursache eine tiefe Wunde in der Kehle anzusehen ist. Es sieht auch so aus, als ob die Leiche vor dem Ablegen da drüben abgewaschen worden wäre.« Carol beendete ihre nüchterne Darstellung am Tor zum Hinterhof. Sie sah Tony an. Die einzige Veränderung, die ihre Worte auf seinem Gesicht hervorgerufen hatten, waren die zusammengekniffenen Lippen. »Sind Sie bereit?« fragte sie ihn. Er nickte und atmete tief durch. »So gut es eben geht«, antwortete er.
    »Bleiben Sie bitte vor dem Absperrband stehen, Tony«, sagte Brandon. »Die Leute von der Spurensicherung werden noch eine Menge zu tun haben, und sie mögen es nicht, wenn wir ihren Einsatzort versauen.«
    Carol machte das Tor auf und winkte die beiden Männer hindurch. Wenn Tony geglaubt hatte, ihre Worte hätten ihn auf das vorbereitet, was ihn im Hinterhof erwartete, dann überzeugte ihn ein einziger Blick, daß er sich getäuscht hatte. Es war ein groteskes Bild, um so mehr, als jegliche Blutspuren fehlten. Die Logik verlangte, daß ein so verstümmelter Körper wie eine Insel in einem Meer aus geronnenem Blut zu liegen hatte, wie ein Eiswürfel in einer Bloody Mary. Er hatte noch nie eine so saubere Leiche außerhalb eines Beerdigungsinstituts gesehen. Aber statt still und steif wie eine Marmorstatue dazuliegen, war diese Leiche zur zusammenhanglosen Parodie einer menschlichen Gestalt verformt, eine zerschmetterte Marionette, die man dort liegengelassen hatte, wo sie nach dem Zerreißen der Fäden hingestürzt war. Als die beiden Männer den Hinterhof betraten, stellte der Polizeifotograf seine Tätigkeit ein und nickte Brandon zu. Dieser machte bei dem Anblick, der sich ihm bot, nach außen hin einen unberührten Eindruck. Die geballten Fäuste in den Taschen seiner Regenjacke konnte niemand sehen.
    »Ich bin mit den Aufnahmen aus großer und mittlerer Entfernung fertig, Mr.Brandon. Jetzt kommen die Nahaufnahmen dran«, berichtete Harry, der Fotograf. »Er hat ’ne ganze Menge Wunden und Quetschungen. Ich will sichergehen, daß ich alles auf die Platte kriege.«
    »Sie leisten gute Arbeit«, sagte Brandon.
    Carol, die hinter den beiden stand, fügte hinzu: »Harry, wenn Sie das erledigt haben, würden Sie dann alle in der näheren Umgebung abgestellten Autos aufnehmen?«
    Der Fotograf hob die Augenbrauen. »Alle?«
    »Ja, alle«, bestätigte Carol.
    »Eine gute Idee, Carol«, schaltete Brandon sich ein, bevor der finster dreinblickende Fotograf noch etwas sagen konnte. »Es gibt immerhin die geringe Chance, daß unser Freund von hier zu Fuß oder im Wagen des Opfers verschwunden ist. Er könnte seinen eigenen Wagen hiergelassen haben, um ihn irgendwann später abzuholen. Und Fotografien sind in Plädoyers von Verteidigern weitaus schwerer vom Tisch zu wischen als die Notizen eines Bobbys.«
    Mit einem genervten Schnauben wandte sich der Fotograf wieder der Leiche zu. Die kurze Unterhaltung hatte Tony die Gelegenheit gegeben, seinen revoltierenden Magen zu beruhigen. Er ging einen Schritt näher auf die Leiche zu, versuchte, zumindest im Ansatz den Geist des Menschen zu verstehen, der einen anderen Menschen zu dem machen konnte, was da auf dem Boden lag. Was für ein Spiel treibst du?, hielt er im stillen Zwiesprache mit dem Mörder. Was für eine Bedeutung hat das für dich? Welche Wechselbeziehungen bestehen zwischen diesem zerfetzten Fleisch und deinen Begierden? Ich dachte, ich sei Experte darin, für alle Geschehnisse eine Erklärung zu finden, aber mit dir ist das anders, nicht wahr? Du bist wahrscheinlich etwas Besonderes. Du bist die Ausgeburt eines Monstrums. Du wirst zu denen gehören, über die man Bücher schreibt. Die Großen dieser Welt heißen dich willkommen.«
    Als Tony merkte, daß er kurz davor war, einen so beunruhigenden komplexen Geist zu bewundern, zwang er sich zur Konzentration auf die Realität, auf das, was da vor ihm lag. Der tiefe Schnitt in den Hals hatte den Mann praktisch enthauptet; der Kopf war zur Seite gekippt und schien nur noch im Genick mit dem Rest des Körpers verbunden zu sein. Tony atmete tief durch, dann fragte er: »In der
Sentinel Times
stand, alle Opfer seien daran gestorben, daß ihnen die Kehle durchgeschnitten wurde. Stimmt das?«
    »Ja«, antwortete Carol. »Sie wurden alle vor Eintritt des Todes gefoltert, aber in sämtlichen Fällen waren die Schnitte in die Kehle die Todesursache.«
    »Und waren alle Schnitte so tief wie dieser?«
    Carol schüttelte zweifelnd den

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