Das Lied der Sirenen
erstaunte: »Sir, Mr.Brandon hat Dr.Hill hergebracht. Er ist der Meinung, Dr.Hill könne uns helfen, indem er eine Profilanalyse von unserem Killer erstellt.«
»Was meinen Sie mit ›unserem Killer‹? Wie oft muß ich es Ihnen denn noch sagen? Wir haben es mit einem widerlichen Haufen von irren Nachahmungstätern zu tun! Wissen Sie, was der Ärger mit euch voreingenommenen, hochgestochenen Akademikern ist?« fauchte Cross und beugte sich herausfordernd zu Carol herunter.
»Ich bin sicher, Sie werden es mir sagen, Sir«, säuselte Carol.
Cross, der nicht sofort weitersprach, machte den leicht verwirrten Eindruck eines Hundes, der die Fliege summen hört, sie aber nicht sehen kann. Dann fuhr er fort: »Ihr seid alle ganz wild auf Ruhm.
Ihr wollt im Glanz der Öffentlichkeit strahlen, in den Schlagzeilen erscheinen. Ihr wollt euch nicht mit der mühsamen Kleinarbeit des gewissenhaften Ermittlungsbeamten abgeben. Ihr habt keine Lust, euch mit drei Morduntersuchungen zu beschäftigen, also versucht ihr, sie auf eine zu reduzieren, um damit eure Anstrengungen verringern und größtmögliches Aufsehen in den Medien hervorrufen zu können. Und Sie«, fügte er hinzu und wirbelte zu Tony herum, »Sie verschwinden jetzt am besten schleunigst von diesem Ort einer Morduntersuchung, die in meiner Zuständigkeit liegt. Was wir am wenigsten brauchen können, sind besserwisserische liberale Scheißer, die uns einreden wollen, wir müßten nach irgendeinem armen verbogenen Kerlchen fahnden, dem man als Kind den sehnlichst gewünschten Teddybären verweigert hat. Man schnappt Verbrecher nicht mit irgendwelchem Hokuspokus, sondern mit solider Polizeiarbeit.«
Tony lächelte. »Ich stimme Ihnen in vollem Umfang zu, Superintendent. Aber Ihr Assistant Chief Constable ist anscheinend der Meinung, ich könnte dabei helfen, Ihre Polizeiarbeit effizienter auf das Ziel auszurichten.«
Cross war ein zu alter Hase im Polizeigeschäft, um auf Höflichkeiten reinzufallen. »Ich bin Chef der effektivsten Truppe bei der Stadtpolizei«, entgegnete er, »und ich brauche keinen verdammten Seelendoktor, um mir sagen zu lassen, wie ich ein paar mordlustige Schwule zu überführen habe.« Er wandte sich wieder Carol zu. »Bringen Sie
Doktor
Hill von hier fort,
Inspector.
« Er ließ Carols Dienstgrad wie eine Beleidigung klingen. »Und wenn Sie das getan haben, kommen Sie zurück und erzählen mir, was Sie über diesen letzten Mord rausgefunden haben.«
»Jawohl, Sir. Oh, übrigens, Sie wollen sich bestimmt Mr.Brandon anschließen, der vorne an der Straße eine improvisierte Pressekonferenz abhält.« Diesmal schwang in ihrer Stimme eine gewisse Schärfe mit.
Cross warf einen flüchtigen Blick auf die Leiche. »Nun ja, der da wird uns wohl nicht davonlaufen, oder?« knurrte er. »Also, Inspector, ich erwarte Ihren Bericht, sobald ich mit der Presse fertig bin.« Er machte auf dem Absatz kehrt und stürmte so geräuschvoll davon, wie er gekommen war.
Carol ergriff Tony am Arm und komplimentierte ihn durch das Tor aus dem Hinterhof. »Das sollten wir uns nicht entgehen lassen«, flüsterte sie ihm ins Ohr, als sie ihn hinter Cross her durch die Gasse führte.
Ein halbes Dutzend Reporter hatte sich inzwischen zu Penny Burgess hinter dem gelben Absperrband gesellt. John Brandon stand ihnen gegenüber. Als Carol und Tony näher kamen, hörten sie die Kakophonie von Fragen, die die Reporter auf den ACC abschossen. Die beiden blieben in einigem Abstand stehen, als Cross sich zwischen einem Constable und Brandon durchdrängte und losschrie: »Einer nach dem andern, Ladies und Gentlemen. Wir hören uns jede Frage an.«
Brandon wandte sich mit ausdruckslosem Gesicht Cross zu.
»Danke, Superintendent Cross.«
»Treibt ein Serienmörder sein Unwesen in Bradfield?« fragte Penny Burgess, und ihre Stimme drang durch die nach Cross’ Auftritt eingetretene Stille wie der Schrei eines unheilverkündenden Vogels.
»Es gibt keinen Grund zu der Annahme …« fing Cross an.
Brandon schnitt ihm eisig das Wort ab. »Überlassen Sie das bitte mir, Tom. Wie ich bereits eben dargelegt habe, ist heute nachmittag die Leiche eines um die dreißig Jahre alten Mannes, eines Weißen, aufgefunden worden. Wir können noch nicht hundertprozentig sicher sein, aber es gibt Anzeichen dafür, daß diese Tat mit den drei anderen Morden, die in letzten sechs Monaten in Bradfield begangen wurden, in Verbindung stehen könnte.«
»Heißt das, daß Sie sie als die Taten eines
Weitere Kostenlose Bücher