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Das Lied der Sirenen

Das Lied der Sirenen

Titel: Das Lied der Sirenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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ich nach den Ausbesserungsarbeiten zurückgelassen hatte, schob ihn damit durch das Cottage und kippte ihn dann über die Treppe in den Keller. Unten knipste ich das Licht an und wuchtete den Hund wie einen Kartoffelsack auf die Streckbank. Dann schaute ich mir meine Messer an. Ich hatte einen Magnethalter an der Wand befestigt, und dort hingen sie ordentlich nebeneinander, jedes einzelne rasiermesserscharf geschliffen – je ein Hackmesser, Filetmesser, Tranchiermesser, Schälmesser, Schnitzmesser. Ich entschied mich für das Schnitzmesser, schnitt die Fesseln durch und drehte den Hund auf den Bauch. Mit einem Lederriemen um den Rücken zurrte ich ihn in dieser Position fest. Plötzlich merkte ich, daß es ein Problem gab.
    Der Hund hatte in den letzten Minuten nicht mehr geatmet. Ich drückte mein Ohr gegen die borstigen Haare auf seiner Brust, horchte nach dem Herzschlag, aber es war zu spät. Ich hatte mich offensichtlich in der Dosis verkalkuliert und ihm zu viel Beruhigungsmittel gegeben. Ich war stinksauer. Der Tod des Hundes würde zwar das wissenschaftliche Testen der Funktionsfähigkeit meines Geräts nicht beeinflussen, aber ich hatte mich darauf gefreut, ihn leiden zu sehen – eine kleine Rache für die vielen Male, in denen sein irres Bellen mich aufgeweckt hatte, was mich vor allem dann in Rage versetzt hatte, wenn ich von einer anstrengenden Spätschicht nach Hause gekommen war. Doch er war ohne jede Qual gestorben. Das letzte, was er in seinem Leben gehabt hatte, waren einige Pfund Fleischwürfel gewesen. Es gefiel mir nicht, daß er glücklich gestorben war.
    Aber das war noch nicht alles; kurz darauf stieß ich auf ein weiteres Problem. Die Riemen, die ich zum Fesseln der Gliedmaßen am Gerät angebracht hatte, waren für menschliche Hand- und Fußgelenke gut geeignet. Der Hund jedoch hatte keine Hände oder Füße, die ein Herausschlüpfen aus den Fesseln verhinderten.
    Ich rätselte nicht lange herum. Es war zwar keinesfalls eine elegante Lösung, aber sie erfüllte den geplanten Zweck. Ich hatte von den Reparatur- und Ausbauarbeiten im Keller noch einige etwa fünfzehn Zentimeter lange Nägel übrig. Ich drückte die linke Vorderpfote des Hundes fest auf das Holzbrett, so daß sie sich spreizte. Dann tastete ich nach Lücken zwischen den Knochen und trieb mit einem einzigen Schlag meines Hammers den Nagel in das Holz, dicht vor der letzten Sehnenverbindung und schräg zur Streckrichtung der Pfote. Unterhalb der Schräge des Nagels führte ich schließlich den Lederriemen durch und zog ihn fest. Ein Test ergab, daß diese Befestigung lange genug halten würde.
    Innerhalb von fünf Minuten hatte ich auch die anderen Beine des Hundes fixiert. Nachdem das Tier auf diese Weise vorbereitet war, konnte das große Experiment beginnen. Selbst unter dem Aspekt, daß es sich nur um ein rein wissenschaftliches handelte, spürte ich eine irre Aufregung in mir aufsteigen, die mir schließlich beinah die Kehle zuschnürte. Fast unbewußt, so schien es, bewegte sich meine Hand auf den Griff der Winde zu. Ich schaute auf die Hand hinab, wie sie sich, losgelöst von meinem Körper, wie diejenige eines Fremden, der Winde näherte. Sie streichelte die Speichen des Windenrads, dann den äußeren Radlauf und schloß sich sanft um den Drehgriff. Der Geruch nach Schmieröl hing noch leicht in der Luft, und er vermischte sich mit dem schwachen Duft der Farbe an der Wand und dem strengen Hundegeruch meines Assistenten bei diesem Experiment. Ich atmete tief ein, zitterte vor freudiger Erwartung, und dann fing ich an, langsam den Griff zu drehen.

[home]
3
    Es ist ganz sicher keine Übertreibung, wenn ich feststelle, daß jedweder Mann, der sich mit Morden befaßt, einer äußerst inkorrekten Denkweise anhängt und wahrhaft inakkurate Prinzipien verfolgt.
    D on Merrick zog den Reißverschluß seiner Hose runter und begann mit einem Seufzer der Erleichterung zu pinkeln. Hinter ihm wurde die Toilettentür aufgestoßen, und eine schwere Hand legte sich auf seine Schulter. »Sergeant Merrick – genau der Mann, den ich sprechen wollte«, dröhnte die Stimme von Tom Cross. Es war ihm unerklärlich, aber Merrick mußte feststellen, daß er unter diesen Umständen nicht zu Ende führen konnte, was er so lustvoll begonnen hatte.
    »Guten Morgen, Sir«, sagte er vorsichtig und rettete schnell seine Männlichkeit vor den Blicken seines Vorgesetzten.
    »Sie hat Ihnen sicher von ihrer neuen Verwendung erzählt, Ihre Chefin, oder?«

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