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Das Lied des Achill

Das Lied des Achill

Titel: Das Lied des Achill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeline Miller
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Schwangerschaft und die Freude über unser Wiedersehen in Vergessenheit geraten.
    »Deine Mutter hat dich versteckt, weil sie dir den Krieg ersparen will?«
    Er nickte. »Sie will nicht, dass ich nach Troja ziehe.«
    »Warum nicht?« Ich hatte immer geglaubt, sie wollte ihn als kämpfenden Helden sehen.
    »Ich weiß es nicht. Sie sagt, ich sei zu jung. Noch nicht, sagt sie.«
    »Und es war ihre Idee –« Ich deutete auf sein Kleid.
    »Natürlich. Freiwillig hätte ich es nicht getragen.« Er verzog das Gesicht und zerrte an den Haaren, die zu Locken gewickelt waren. Er schien sich ein wenig dafür zu schämen, obwohl ihm eigentlich auch solche Gefühle fremd waren. »Sobald das Heer in Marsch gesetzt ist, bin ich wieder frei.«
    Ich hatte Mühe, seinen Gedanken zu folgen.
    »Es ist also nicht wegen mir? Dass sie dich entführt hat?«
    »Ich glaube, wegen dir hat sie die Sache mit Deidameia eingefädelt.« Er starrte auf seine Hände. »Aber alles andere hat mit diesem Krieg zu tun.«

Dreizehntes Kapitel
    D ie nächsten Tage verliefen ruhig. Wir frühstückten in unserer Kammer, erkundeten die Insel und suchten den Schatten der wenigen schütteren Bäume. Wir mussten vorsichtig sein. Achill durfte nicht allzu schnell laufen, nicht zu geschickt klettern oder einen Speer halten. Aber zum Glück folgte uns niemand, und wir fanden geschützte Stellen, an denen er seine Verkleidung ablegen konnte.
    Am äußeren Rand der Insel gab es einen verlassenen Strand, der zwar voller Geröll, aber doppelt so lang wie unsere gewohnte Laufstrecke in Phthia war. Achill stieß einen Freudenschrei aus, als wir ihn entdeckten, und riss sich sein Gewand vom Leib. Ich sah ihn laufen, so schnell wie auf ebenem Boden. »Zähl mit«, rief er mir über die Schulter hinweg zu, und ich tippte im Takt mit dem Fuß in den Sand.
    »Wie viel?«, rief er, am Ende der Strecke angelangt.
    »Dreizehn«, antwortete ich.
    »Ich habe mich bloß aufgewärmt«, erwiderte er.
    Beim nächsten Mal waren es elf und bei seinem letzten Versuch schließlich neun. Er nahm neben mir Platz und schien kaum außer Atem zu sein. Seine Wangen waren vor Freude gerötet. Er hatte mir von seinen Tagen als Frau erzählt, den langen Stunden erzwungener Langeweile, unterbrochen nur von Tänzen. Endlich frei, reckte er sich nun wie die Bergkatzen des Pelion, voller Spannkraft und Lebenslust.
    Abends mussten wir zurück in die große Halle. Widerwillig zog er sich dann das Kleid an und glättete die Haare. Meist wickelte er ein Tuch um den Kopf, denn mit seinen goldenen Haaren wäre er unweigerlich den Seeleuten und Händlern aufgefallen, die den Hafen erreichten. Wenn deren Berichte Leute erreichten, die zwei und zwei zusammenzuzählen wussten – ich mochte mir die Folgen nicht ausmalen.
    In der Nähe der Throne stand unser Tisch. Dort nahmen wir bei den Mahlzeiten zu viert Platz: Lykomedes, Deidameia, Achill und ich. Manchmal gesellten sich auch ein oder zwei Berater zu uns. Wir aßen meist schweigend und wahrten die Form, wonach Achill als meine Frau und Mündel des Königs auftrat. Deidameia suchte immer wieder seine Blicke, doch er sah sie nicht an. »Guten Abend«, sagte er immer mit mädchenhafter Stimme, wenn wir uns an den Tisch setzten, mehr nicht. Seine Gleichgültigkeit ihr gegenüber war greifbar, und ich sah, wie sich in ihrem hübschen Gesicht Scham, Verletztheit und Wut spiegelten. Häufig warf sie einen Blick auf ihren Vater in der Hoffnung, er möge ein Wort für sie einlegen. Doch Lykomedes aß schweigend weiter und tat nichts dergleichen.
    Manchmal bemerkte sie, dass ich sie beobachtete. Dann wurde ihre Miene hart, und ihre Augen zogen sich zu Schlitzen zusammen. Sie legte eine Hand auf ihren Bauch, als wollte sie Böses abwehren, das ich ihr, so schien sie zu glauben, wünschte. Vielleicht vermutete sie auch, ich würde mich über sie lustig machen und meinen Triumph auskosten. Oder sie dachte, ich würde sie hassen. Sie ahnte nicht, wie oft ich geneigt war, Achill zu bitten, ihr gegenüber ein bisschen freundlicher zu sein. Du solltest sie nicht so demütigen , dachte ich. Doch es mangelte ihm nicht an Freundlichkeit, sondern an Interesse. Seine Augen gingen über sie hinweg, als wäre sie gar nicht anwesend.
    Einmal versuchte sie ihn anzusprechen, wobei ihre Stimme voller Hoffnung zitterte.
    »Geht es dir gut, Pyrrha?«
    Er aß weiter, manierlich wie immer. Wir hatten uns vorgenommen, nach dem Essen hinauszugehen und beim Mondlicht mit Speeren zu fischen.

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