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Das Lied des Achill

Das Lied des Achill

Titel: Das Lied des Achill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeline Miller
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mehrere Kollisionen, und so manches Ruder ging zu Bruch.
    Als schließlich die Reihen geschlossen waren, lag unser Schiff zwischen denen von Diomedes auf der linken und Meriones auf der rechten Seite. Trommeln fingen zu schlagen an und gaben den Ruderknechten den Takt vor. Agamemnon hatte den Befehl gegeben, langsam und geschlossen vorzurücken, Schlag für Schlag. Unsere Könige aber taten sich schwer damit, dem Kommando eines anderen zu folgen, denn jeder war bestrebt, als Erster Troja zu erreichen. Schweiß strömte von den Gesichtern der Ruderer, die von ihren Antreibern gepeitscht wurden.
    Wir standen mit Phoinix und Automedon im Bug und sahen die Küste näher rücken. Achill schleuderte wieder seinen Speer in die Luft und fing ihn klatschend mit der Hand auf, so rhythmisch und gleichmäßig, dass die Männer an den Riemen seinen Takt aufnahmen.
    Allmählich konnten wir Einzelheiten des Landes unterscheiden. Über verschwommenen Flächen aus Grün und Braun erhoben sich Bäume und Berge. Wir zogen an Diomedes vorbei und waren eine Bootslänge vor Meriones.
    »Da sind Menschen am Strand«, sagte Achill und blinzelte angestrengt nach vorn. »Mit Waffen.«
    Bevor ich etwas sagen konnte, erschallte eine Fanfare, weitere Signale ertönten. Der Wind trug ferne Stimmen herbei. Wir hatten gehofft, die Trojaner überraschen zu können, doch nun schien es, dass sie uns erwarteten.
    Die Ruderknechte verlangsamten ihren Schlag. Die Männer am Strand waren offenbar Soldaten, in dunkles Rot gewandet, der Farbe des Hauses Priamos. Ein Streitwagen flog an ihren Reihen vorbei und ließ Sand aufwirbeln. Der Wagenlenker trug einen Helm, der von einem Büschel Pferdehaaren gekrönt wurde, und selbst aus der Entfernung war zu erkennen, dass er von kräftiger Statur war, groß, ja, jedoch nicht so groß wie Ajax oder Menelaos. Was ihn so mächtig erscheinen ließ, war seine Haltung, die gestrafften Schultern und der pfeilgerade aufgerichtete Rücken. Das war kein von Müßiggang und Ausschweifungen verweichlichter Prinz, auch wenn wir unseren Feind aus dem Osten so sehen wollten, sondern ein Mann, der sich bewegte, als schauten ihm die Götter dabei zu. Jede seiner Gebärden sprach von Stolz und Geradlinigkeit. Es konnte nur Hektor sein.
    Er sprang von seinem Wagen und sprach mit lauter Stimme zu seinen Männern. Speere wurden in die Höhe gehoben, Pfeile auf Bogensehnen gelegt. Noch würden uns ihre Geschosse nicht erreichen können, doch die Strömung trieb uns näher, obwohl die Ruderer dagegen anzugehen versuchten. In unseren Reihen machte sich Verwirrung breit, da von Agamemnon keine Order kam.
    »Wir sind fast in Reichweite ihrer Pfeile«, sagte Achill. Er wirkte ruhig und gelassen, während die Männer um uns herum in Panik gerieten und ziellos an Bord umherrannten.
    Ich starrte auf die Küste, auf die wir unaufhaltsam zutrieben. Hektor war weitergezogen, zu einer anderen Abteilung seines Heeres. Aber jetzt zeigte sich ein anderer Mann vor uns, in Lederrüstung und mit einem Helm, der bis auf den Bart das ganze Gesicht verhüllte. Er spannte seinen Bogen und zielte auf die treibenden Schiffe. Seine Waffe war weniger groß als die von Philoktetes, würde aber weit genug reichen. Er visierte sein Ziel an, fest entschlossen, seinen ersten Griechen zu töten.
    Doch dazu kam er nicht. Ich hörte ein Schwirren in der Luft und sah, als ich mich umschaute, Achills ausgestreckten Wurfarm. Sein Speer hatte die Hand verlassen und flog über das Wasser, das uns vom Ufer trennte. Es konnte eigentlich nur eine Drohung sein, denn einen Speer so weit zu schleudern schaffte niemand. Er würde sein Ziel nicht treffen.
    Und doch traf er es. Die schwarze Spitze bohrte sich durch die Brust des Bogenschützen und warf ihn zurück. Sein Pfeil, im Schreck losgelassen, zischte hoch hinaus in die Luft. Der Mann stürzte in den Sand und stand nicht mehr auf.
    Von den Schiffen neben uns schallten Jubelrufe und Hornsignale. Die Nachricht verbreitete sich von Deck zu Deck: der gottgleiche Prinz von Phthia hatte den ersten Gegner zu Fall gebracht.
    Achill rührte keine Miene. Dass er gerade ein Wunder bewirkt hatte, war ihm nicht anzusehen. Die Trojaner am Ufer schwenkten ihre Waffen und stießen derbe Flüche aus. Ein paar wenige kauerten neben dem Gefallenen. Hinter mir hörte ich, wie Phoinix unserem Wagenlenker Automedon etwas zuflüsterte, worauf dieser davonlief und wenig später mit einer Handvoll Speere zurückkehrte. Achill nahm einen davon, holte

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