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Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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durch das Fell.
    »Auch du vermisst sie, houndling , ich weiß.«
    Auf samtenen Pfoten schlich Malefiz sich ebenfalls ins Zimmer und strich um die Bettstatt.
    Sie hatte eine Hand für Tiere, sie schenkte ihnen Aufmerksamkeit und Liebe, sie fütterte und koste sie, und wenn sie krank oder verletzt waren, heilte sie sie. Und alle, ob Hund oder Kater, Falke oder Eselin, gaben ihr die Liebe zurück, ein jedes auf seine Weise.
    Einmal, als er heimlich in der Nacht ihre Kammer aufgesucht hatte, um ihr die gestohlene Brautkrone zurückzugeben, hatte er Alyss zusammen mit Malefiz und Benefiz in ihrem Bett gefunden. John streichelte den schwarzen Kater, der seinen Kopf in seiner Hand drehte.
    »Dann kommt, ihr beiden. Es scheint Euer Recht zu sein, in diesem Bett zu schlafen.«
    John entkleidete sich und schlüpfte unter die Decken. Benefiz sprang hoch und rollte sich zu seinen Füßen zusammen, der Kater hingegen landete auf seiner Brust, trampelte sich ein Lager, streckte sich aus, und als John sein schwarzes Hinterteil mit einer Hand stützte, begann er zu schnurren.
    Es half ihm, die allerschlimmsten Vorstellungen zu verbannen, und er sank darüber in den Schlaf.

15. Kapitel
    M arian wälzte sich unruhig auf seinem weichen, breiten Lager. Nicht, dass er auf einer vergammelten Strohmatratze besser geschlafen hätte, nur diesmal waren es nicht scharfe Halme, die ihn stachen, sondern seine Gedanken.
    Sie waren bei seiner Schwester.
    Zwillinge waren sie, und in einem wilden Schneesturm hatten sie das Licht der Welt erblickt. Sie waren gemeinsam aufgewachsen und hatten die ersten Jahre in enger Verbundenheit miteinander verbracht. Die meiste Zeit hatten sie auf dem Gut in Villip gelebt, waren nicht wie Patrizierkinder aufgewachsen, sondern wie die der Bauern und Pächter. Als die Unruhen in Köln ausbrachen, die 1396 schließlich in der Unterzeichnung des Verbundbriefes endeten, waren die Geschwister auf Geheiß ihrer Eltern nach Burgund gereist. Ihre Tante Aziza, die maurische Halbschwester ihrer Mutter, und Leon de Champol, Bastardsohn ihres Vaters, besaßen dort ein riesiges Weingut. Hier hatten sie die Feinheiten des vornehmen Lebens gelernt, sich die fremde Sprache angeeignet und ihre Kenntnisse in Weinbau und Buchführung erworben. Es waren keine ganz leichten Jahre gewesen: Sie waren sechzehn, als sie eintrafen, just so alt wie Lucien heute. Frau Aziza war freundlich, doch sie konnte gnadenlos bissig werden, wenn etwas nicht nach ihren Wünschen ging. Leon war ruhiger, manchmal erinnerte er sie an ihren Vater Ivo. Wenn man gegen seine Anordnungen verstieß, erwarteten einen Strafen. Geschlagen hatte er sie jedoch nie, wohl aber zu langweiligen, zermürbenden Arbeiten verdonnert.
    Marian erinnerte sich an den Tag, an dem er mit Alyss zusammen einen der Weinkeller aufgesucht hatte, um dort im Finstern ihre Vettern und Basen in Angst und Schrecken zu versetzen. Dabei hatten ein alter Pferdeschädel und eine kleine Lampe eine entscheidende Rolle gespielt, und die Scharade zeigte überwältigenden Erfolg. Heulend und kreischend waren die drei Jungs und die liebliche Leocadie durch die labyrinthartigen Gänge geflohen. Irgendwann hatten sie den Ausgang erreicht, und Marian, der hinter ihnen hergelaufen war, hatte ihnen die Verkleidung gezeigt. Eine herzhafte Rauferei beschloss das Abenteuer, die von Aziza selbst durch mannhaftes Eingreifen mit dem Besenstiel beendet wurde. Erst als die Blessuren behandelt und die Kämpen zum Unkrautjäten verdammt worden waren, war aufgefallen, dass Alyss fehlte. Marian hatte sich zunächst wenig Sorgen gemacht, es war vermutlich recht geschickt von ihr, noch eine Weile unten bei den Fässern zu bleiben, denn so war sie der Prügelei und der Strafe entkommen.
    Doch dann wurde ihm mehr und mehr schwindelig. Zunächst hatte er es auf die Sonne geschoben, die heiß auf seinen Rücken brannte, aber dann hatte ein weit seltsameres Gefühl Besitz von ihm ergriffen. Angst, Panik geradezu, dann Schwäche, immer größere Schwäche.
    Er hatte es noch geschafft, zum Haupthaus zu wanken, dann war er vor Frau Aziza zusammengebrochen.
    »Sucht Alyss in den Kellern«, hatte er gebeten, und offensichtlich hatte er so blass und elend ausgesehen, dass Leon augenblicklich mit seinen ganzen Helfern in die Katakomben gelaufen war. Sie hatten Alyss gefunden. Bewusstlos, gerade noch lebend, fast erstickt an den Schwefeldämpfen, die sich nach dem Reinigen der Fässer an einer abgesenkten Stelle gesammelt

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