Das Lied des Kolibris
hörte sie Zé tief stöhnen und spürte, wie sich seine Ekstase in pumpenden Bewegungen entlud. Erschöpft sackte er über ihr zusammen.
Sie verharrten einen Moment in dieser Position, hintereinander kniend, sein Oberkörper auf ihrem Rücken ruhend, und warteten, dass ihre Atmung sich wieder beruhigte. Sie spürte seinen schnellen Herzschlag, und sie empfand ein so tiefes Gefühl von Erfüllung, dass sie beinahe geweint hätte.
Nachdem sie aus dem Wasser gekommen waren, hielten sie ein Schläfchen. Als sie erwachten, wurde Zé plötzlich unruhig.
»Ich mach mich auf. Wir haben kaum noch etwas Essbares da.« In Windeseile hatte er sich angekleidet und ging mit raschen Schritten davon. Lua sah ihm nach. Es wäre schön gewesen, noch länger mit ihm zusammenzuliegen und ein wenig zu reden, einander zu liebkosen und zärtlich zu necken. Eine seltsame Wehmut ergriff sie.
Sie bekam Hunger und ging an die Vorräte. Es war noch genügend da, um sie beide für mehrere Tage zu sättigen. Es hatte nicht die geringste Notwendigkeit bestanden, dass er noch einmal loszog. Sie fragte sich, was wirklich dahintersteckte. Je mehr sie darüber nachgrübelte und je länger sie auf Zés Rückkehr wartete, desto mehr ärgerte sie sich über ihn. Hätte er denn nicht bei ihr bleiben können, ihr Bedürfnis nach einem Gespräch und nach ein bisschen Zärtlichkeit stillen können? Es war ja beinahe beleidigend, wie er sie erst wie ein liebestoller Stier besprungen und sie dann links liegengelassen hatte. Sie steigerte sich in ihren Zorn hinein und legte sich jede Menge boshafter Sätze zurecht, die sie Zé an den Kopf werfen würde, sobald er auftauchte.
Doch als es dann so weit war, lange nach Einbruch der Dunkelheit, verpuffte Luas Ärger. Zé hatte den Anstand, eine schuldbewusste Miene aufzusetzen und eine Entschuldigung zu murmeln. Dann reichte er ihr ein Einweckglas, in dem sich süß eingekochte Cajús befanden. Dazu gab er ihr ein kleines Kupferkännchen mit Sahne.
Doce de cajú
mit Sahne! Sie konnte es kaum fassen.
»Iss. Ihr zwei braucht das«, forderte er Lua auf, als handele es sich um eine Medizin und nicht um eine rare Köstlichkeit.
Und sie aß. Sie wusste ja nicht, ob und wann sie je wieder eine solche Delikatesse kosten würde.
42
A ls ich Muhongo in seinem Sklavenzug auf dem Weg in die Mine abpasste, um ihm eine Mango zu reichen, surrte die Peitsche des Sklaventreibers neben mir nieder.
»Was hast du hier verloren, Weibsbild? Scher dich zum Teufel!«, fuhr er mich an.
Die Mango, die mir vor Schreck aus der Hand gefallen war, hob er auf und lutschte sie genüsslich aus.
So ging es mehrere Tage lang, bis ich endlich die richtige Eingebung hatte. Ich postierte mich wieder bei Sonnenaufgang am Eingang der Mine. Als der Trupp mit Muhongo ankam, ging ich zu dem Aufseher, knickste vor ihm und sagte: »Dumme Negerfrau will arme Mann essen geben. Senhor sein gute Christ, nicht?« Damit drückte ich ihm die paar Münzen in die Hand, die ich in der Wirtschaft als Trinkgeld verdient hatte. Es war ein kümmerliches Bestechungsgeld, aber es reichte offenbar.
»Na schön, dann lauf schnell und gib ihm deine blöden Früchte.«
Ich sprach kein Wort mit Muhongo. Aber in seinen Augen las ich große Dankbarkeit – und Sorge. Er hatte Angst, dass ich mich ihm zuliebe in Gefahr begeben könnte. Aber das hatte ich ja längst getan. Was sollte mir jetzt schon noch Furchtbares geschehen, nachdem ich die Flucht und die Wanderung unbeschadet überstanden und sogar eine bezahlte Arbeit gefunden hatte?
Ich hatte nicht mit der Grausamkeit des Schinders gerechnet. Wochenlang war alles gutgegangen. Meine dürftigen Einkünfte lieferte ich bei dem Aufseher ab, um dafür Muhongo Lebensmittel zustecken zu können. Ich brachte immer größere Mengen, weil ich wusste, dass er mit den anderen Männern teilen würde. Doch die Nachricht von der braven Sklaven-Ehefrau sprach sich herum, und eines Tages stand ich dem Schinder höchstpersönlich gegenüber. Es handelte sich, was mich über die Maßen in Erstaunen versetzte, um einen Schwarzen, einen kräftigen, derben Kerl im besten Alter.
»Soso, du willst also deinen Negermann länger als nötig leiden lassen?«, fragte er mich spöttisch.
»Nein, Sinhô, wollen helfen Sinhô Geld sparen für Essen Männer«, erwiderte ich in meinem schlechtesten Portugiesisch.
Er hielt sich den Bauch vor Lachen. »Das gefällt mir. Eine alte Negerin, die für den Schinder Kosten einsparen will.«
Ich
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