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Das Lied des roten Todes

Das Lied des roten Todes

Titel: Das Lied des roten Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bethany Griffin
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der Universität geflohen sind, nachdem ich meinen Vater zum letzten Mal gesehen habe, hat dies hier einen Elfenbeingriff. Allerdings ist die Klinge breiter.
    »Ich habe schon mal ein Messer benutzt«, sage ich.
    »Ja, aber nicht gut. Komm her, und ich werde dir ein paar Tricks beibringen.«
    Wer hat ihm all diese Tricks beigebracht? Sein Vater? Sein Onkel? Ein Waffenmeister?
    Er nimmt meine Hand in seine und zeigt mir, wie ich das Messer anfassen muss. Dann leitet er mich bei einigen kontrollierten Bewegungen an.
    »Sorge dafür, dass deine Bewegungen etwas bedeuten. Fuchtle nicht einfach nur damit herum.«
    »Es kommt mir nicht sehr schwierig vor«, sage ich.
    Er lacht. »Der schwierige Teil besteht darin, die Klinge in jemandem zu versenken.« Er kehrt zu seinem ungemachten Bett zurück und zieht mich mit sich. Sein Rücken lehnt am Kopfbrett des Bettes, und ich sitze praktisch auf seinem Schoß und sehe ihn an. »Jemandem ein Messer in den Körper zu stoßen ist schwer. Zuerst. Wenn du es tun musst, denk nicht nach. Stoß einfach zu. Du wirst wahrscheinlich keine zweite Chance bekommen, also mach es richtig. Leg das Messer hin, und ich zeige dir die Stellen, an denen du ernsthaften Schaden anrichten kannst.«
    Ich lege das Messer neben uns auf das Bett.
    Er nimmt mein Handgelenk und legt meine Handfläche an seine Brust. »Du kannst das Messer drehen und es zwischen die Rippen stoßen«, sagt er. Dann zieht er meine Hand zu seinem Bauch hinunter. »Oder, wenn du jemanden töten willst, ziele hier drauf.«
    Wie viel Schaden werde ich anderen zufügen können? Will ich wirklich wissen, wie ich es am besten bewerkstellige?
    Er sieht mich genau an. »Glaubst du, du könntest jemanden töten?«
    »Wenn es sein muss«, sage ich.
    »Es wird im Laufe der Zeit leichter.«
    Er lässt mein Handgelenk los, aber ich lasse meine Hand knapp über dem dritten Knopf seines Hemdes liegen. Er gibt mir keine sachliche Anweisung mehr, wie man einen Menschen töten kann, aber die Art und Weise, wie er mich ansieht, ist beunruhigend.
    Er schließt die Augen und richtet den Oberkörper zu mir auf. Ich lasse meine Hand zu seiner Schulter gleiten und stoße ihn zurück.
    Er öffnet die Augen und runzelt die Stirn. »Wie kommt es, dass wir uns nie küssen, wenn wir nicht kurz vorher fast gestorben sind?«
    Ich rutsche zur Seite, sodass meine Schulter an seiner Brust liegt. Da ist was dran. »Wenn wir in Gefahr gewesen sind, fällt es uns leichter, unser gegenseitiges Misstrauen loszulassen.«
    Nach einem Moment legt er einen Arm um mich. »Ich glaube nicht, dass ich irgendjemandem traue«, sagt er schließlich. »Nicht voll und ganz.«
    Es ist traurig zu hören, wie er es zugibt. Für ihn und für uns. Aber ich mache ihm keinen Vorwurf.
    Ich habe Elliott nie getraut. Nicht vollständig. Und er wollte es auch nie. Aber unsere Erfahrungen sind gar nicht so unterschiedlich gewesen.
    Ich höre eine Stimme vom Flur, dann noch eine. Ein Gespräch beginnt. Die Lokalität erwacht zum Leben.
    »Die Sonne ist aufgegangen«, bemerke ich und nehme das Messer, während ich auf die Seite des Bettes rutsche. »Zeit, meinen Vater zu suchen.«
    »Der Uhrmacher schickt seine Straßenkehrer auf die Suche.«
    »Das reicht nicht.« Seit ich in der Stadt bin, wird mir allmählich klar, wie schwer es ist, jemanden zu finden, der nicht gefunden werden will.
    »Ich werde nicht den ganzen Tag damit verbringen, durch die Straßen zu ziehen und den Namen deines Vaters zu rufen«, sagt er. »Wir werden nur dann über deinen Vater stolpern, wenn er tot ist.«
    »Das ist nicht witzig.«
    Wenn Vater tot ist, kann er sich mir gegenüber nicht mehr für seine Lügen und Verbrechen verantworten. Er wird nicht mehr in der Lage sein, April zu retten.
    »Ich hatte auch nicht vor, witzig zu sein.« Elliott schnallt sich sein Schwert um, rückt sein Bündel zurecht. »Ich bin praktisch veranlagt. Wir werden ihn nicht finden, wenn wir herumlaufen. Heute werde ich meine Männer mobilisieren und damit anfangen, die Stadt zu übernehmen. Wenn meine Soldaten erst mal auf Patrouille sind, können sie auch nach deinem Vater suchen.«
    Er bestätigt damit nur meine Angst, dass die Stadt zu groß ist und es zu viele Verstecke gibt.
    »Ich habe Will gestern Nacht mit ein paar Aufträgen losgeschickt. Er wird uns in dem Wirtshaus treffen, in dem wir gestern gegessen haben. Ich muss vielleicht ihre Dampfkutsche benutzen.« Er öffnet die Zimmertür und bedeutet mir, nach draußen zu

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