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Das Lied des Todes

Das Lied des Todes

Titel: Das Lied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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zu lassen.
    «Trotzdem werde ich antreten», sagte er. «Oder besser – gerade deswegen werde ich es tun!»
    Sie zog ihre Hand zurück. «Grim wird mit dir morgen noch etwas viel Schlimmeres machen, als deine Lippe blutig zu schlagen. Weißt du denn nicht, in welche Gefahr du dich begibst?»
    Aki verdrehte die Augen, rang sich jedoch ein Lächeln ab. «Frag lieber Grim, ob er sich der Gefahr bewusst ist.»
    Natürlich hatte Akis Schwester recht. Grim, der Sohn eines Sklavenhändlers aus Haithabu, war ein hinterlistiger, verschlagener Mistkerl, der keine Gelegenheit ausließ, sich an Aki zu vergehen. Schon vor Jahren hatte sich Grim ausgerechnet den kleineren und schwächeren Aki als Opfer ausgeguckt und ihn bei jeder Gelegenheit verprügelt. Mit diesen angeblichen Heldentaten brüstete sich Grim gern vor seinen Freunden, die ihm in Brutalität in nichts nachstanden.
    Damit sollte jetzt Schluss sein.
    «Er ist wirklich gefährlich», setzte Asny nach.
    «Er wird mir nichts antun. Er hat mir sein Wort gegeben …»
    «Sein Wort? Aki – das kann doch nicht wahr sein! Du vertraust einem wie Grim?»
    Aki zuckte mit den Schultern. Blieb ihm etwas anderes übrig? Grim hatte ihn herausgefordert, und Aki hatte angenommen. Der Preis für den Sieger war einfach zu verlockend, als dass Aki das Angebot hätte ausschlagen können.
    «Er hat geschworen, mich künftig in Ruhe zu lassen, wenn ich ihn besiege.»
    «Und das glaubst du ihm?» Asny schüttelte entsetzt den Kopf. «Ich kann nicht glauben, dass du so dumm bist.»
    Aki wurde allmählich wütend. «Ich bin nicht dumm, Asny! Was soll ich denn sonst tun? Mich mein Leben lang von Grim jagen lassen? Du weißt doch gar nicht, wie es ist, immer Angst haben zu müssen, wenn man durch die Stadt geht. Hinter jeder Ecke könnte Grim oder einer seiner Freunde lauern …»
    In der Schlafkammer knisterte das Reisig auf dem Bett. Velva hatte sich umgedreht.
    «Entschuldige», sagte Asny leise und legte ihre Hand auf Akis Knie. «Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht beleidigen. Natürlich verstehe ich, wie schwer es für dich ist, jeden Tag Angst vor diesen Jungen haben zu müssen. Auch Mädchen können gemein sein, und es gibt einige, die keine Gelegenheit auslassen, mich wegen unserer Mutter oder Gyda aufzuziehen. Weißt du, was sie sagen? Sie sagen, Gyda sei eine Missgeburt, die man erschlagen sollte, und dass Velva gefährlich sei, weil sie mit den Geistern spricht.»
    Aki nickte ernst. Auch ihm hatte man solche Geschichten vorgehalten. Grim hatte einmal voller Überzeugung behauptet, Gydas Vater sei ein Waldtroll, der Velva vergewaltigt habe, als sie nach Giftkräutern suchte. Aki hielt diese Geschichte für Unsinn, auch wenn er tatsächlich nicht wusste, wer Gydas Vater war – von seinem und Asnys Vater ganz zu schweigen.
    Es gab eben Dinge, über die Velva nicht redete.
    Und es gab etwas, über das Aki selbst mit Asny bislang nicht gesprochen hatte, obwohl die Zwillinge sonst keine Geheimnisse voreinander hatten.
    Aki erhob sich, trat vor die Wand, an der Velvas Zauberfiguren hingen, und nahm eine von ihnen ab. Mit der kleinen Strohpuppe kehrte er zu Asny zurück. Zu ihrer Verwunderung steckte er seine Finger hinein und fischte aus dem Puppenkörper einen Lederbeutel, den er öffnete. Dann präsentierte er seiner Schwester vier Silbermünzen.
    Asny machte große Augen. «Hast du die Münzen gestohlen?»
    «Nein, verdient», entgegnete Aki. «Ich habe auf der Baustelle von Jarl Storolfs Haus Steine und Holz geschleppt …»
    «Davon wusste ich nichts», unterbrach ihn Asny. «Wir dachten, du würdest fischen gehen. Warum hast du uns das verschwiegen? Du weißt doch, dass wir kein Geld mehr haben. Ach, Aki, seit Wochen gehen wir hungrig ins Bett, und du versteckst deine Münzen. Warum hast du das getan?»
    Aki senkte den Blick. Es tat ihm leid, seine Familie hintergangen zu haben. In den vergangenen Tagen war er häufig nah dran gewesen, Velva die Münzen zu geben, damit sie ihnen etwas zu essen kaufen konnte. Seit der neue Markgraf und der Bischof ihr das Zaubern und das Heilen von Kranken verboten hatten, verdiente sie kein Geld mehr. Sie waren auf das wenige angewiesen, das ihre Nachbarn und andere Menschen, die Velva wohlgesinnt waren, ihnen schenkten; meist waren es Abfälle.
    Und vielleicht hätte Aki Velva die Münzen wirklich längst gegeben, wenn er durch den Wettkampf nicht die einmalige Gelegenheit gesehen hätte, auf einen Schlag so viel Geld zu bekommen, dass

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