Das Lied des Todes
nicht so schnell hinterher und folgten in einiger Entfernung.
Kaum hatte Grim den Platz eingenommen, ertönte von mehreren Seiten Gelächter. Ein Sklavenhändler, ein fetter, feister Kerl mit fliehender Stirn und geflochtenem Bart, sprach Grim in einer fremden Sprache an. Als Grim sich als Däne zu erkennen gab, wiederholte der Mann seine Frage in der Sprache der Nordmänner.
«Ist das alles, was du anzubieten hast?»
Grim verzog das Gesicht. Er hatte kein Interesse an einem Gespräch.
Doch der Zopfbart ließ nicht locker. Er baute sich vor Asny auf und betrachtete sie eingehend. Wie in Staveran verspürte sie ein Übelkeitsgefühl, während der Mann sie mit seinen Augen auszuziehen schien. Asny musste sich gegen den Drang wehren, dem Kerl ins Gesicht zu spucken. In der rechten Hand hielt er eine Lederpeitsche, und er sah aus wie jemand, der gern und häufig davon Gebrauch machte.
«Mhm», machte er. «Ein hübsches Ding. Ich gebe dir vierzig Gramm Silber dafür, Däne, oder nein, sagen wir fünfzig.»
«Verschwinde!», rief jemand mit heiserer Stimme.
Geirmund war mit Fokko und Ubbo nachgekommen.
«Wer wagt es …», entgegnete der Händler. Sein Gesicht lief vor Wut rot an.
Als er jedoch die kräftigen Seeleute an der Seite des Alten sah, schlich er zu seinen eigenen Sklaven zurück.
«Und jetzt?», fragte Grim seinen Vater mit Blick auf die vorbeischlendernden Menschen.
Der Alte beachtete ihn nicht. Er wandte sich an Fokko und Ubbo und knurrte: «Ich kann nicht mehr stehen.»
Das klang nicht wie eine Feststellung, sondern wie ein Befehl. Geirmund, der tagelang dem Tode nah gewesen war, schien wie ausgewechselt. Sklavenmärkte waren seine Welt, sein Leben. Endlich bekam er wieder eine Gelegenheit, mit den Kunden zu feilschen.
Ubbo holte eine leere Holzkiste. Geirmund ließ sich darauf nieder und schielte zu Asny hoch.
«Lächeln, Mädchen, immer lächeln! Wenn ein Mann Interesse zeigt, zeigst du ihm alles, was er sehen will. Verstanden?»
Sie antwortete nicht, und als er ihren Hintern tätschelte, warf sie ihm einen Blick zu, in den sie allen Hass legte, zu dem sie fähig war.
Zwischen Geirmunds Augenbrauen bildete sich eine tiefe Falte. «Lächeln!»
Asny wandte sich ab.
«Schaut her!», rief der Alte der vorbeiziehenden Menge zu. «Kommt und schaut euch diese Jungfrau an!»
Männer drehten die Köpfe. Manche blieben kurz stehen, gingen dann aber weiter.
«Eine ungewaschene Jungfrau mit verlaustem Haar!», rief einer, und andere lachten.
So ging es eine ganze Weile, bis sich ihnen ein Mann näherte. «Und sie ist wirklich eine Jungfrau?», fragte er in der Sprache der Nordmänner.
Er war mit einem Mantel aus feinem Stoff bekleidet. Auf dem Kopf trug er eine bestickte Kappe und um den Hals eine Silberkette. «Aus welchem Land stammt die Sklavin?»
«Aus der dänischen Mark», erwiderte Geirmund.
Der Mann schaute von Asny zu Geirmund, dann zu Grim und schließlich zu den Seeleuten.
«Eine Sklavin – und vier Sklavenhändler?»
Geirmund räusperte sich.
«Ihr scheint das Geld nötig zu haben», meinte der Mann. «Wie viel?»
«Zweihundertfünfzig Gramm Silber.»
Der Mann lachte leise. «Ihr scheint es wirklich sehr nötig zu haben.»
Er forderte Asny auf, ihm ihre Hände zu zeigen. Sie hielt sie ihm hin. Es überraschte sie, dass er nach ihren Händen fragte und nicht gleich ihre Jungfräulichkeit nachprüfen wollte.
«Kann sie kochen?», fragte er.
Geirmund wollte antworten, als Grim ihm zuvorkam. «Woher sollen wir das wissen?»
Der Alte stieß ihn mit dem Ellenbogen an und sagte: «Natürlich kann sie kochen, Herr!»
«Ihre Hände sehen eher wie die eines Rudersklaven aus.»
«Trotzdem kann sie kochen.»
Andere Männer blieben stehen und verfolgten die Verhandlung belustigt. Einer von ihnen trat neben den Mann mit der Silberkette. Es war ein stämmiger Krieger, der ein langes Schwert und eine Brünne unter dem roten Mantel trug.
Asny zuckte zusammen.
«Hat Barthold nicht genug Köche?», fragte der Krieger.
Asny starrte auf den Mantel. Diese Farbe würde sie niemals vergessen.
«Ja, aber nicht genug kochende dänische Jungfrauen», erwiderte die Silberkette und grinste vielsagend.
«Sie ist Dänin?»
«Aus der Dänenmark. Das behauptet der Alte zumindest.»
Der Krieger legte den Kopf schief. «Was will der Alte dafür haben?»
«Sie kann kochen und arbeiten, hart arbeiten – und sie ist noch unberührt», mischte Geirmund sich ein. «Da sind zweihundertfünfzig
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