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Das Lied des Todes

Das Lied des Todes

Titel: Das Lied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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Gramm Silber nicht zu viel verlangt.»
    Der Mann mit der Kette hatte offenbar das Interesse verloren.
    «Für einhundert hätte ich sie genommen», meinte er und machte Anstalten zu gehen. Dabei klopfte er demonstrativ auf einen Lederbeutel an seinem Gürtel. Münzen klimperten.
    «Wir schauen uns woanders um», forderte er den Krieger auf.
    Doch der Rotmantel blieb.
    «Aus welcher Gegend in der Mark stammt sie?», wollte er von Geirmund wissen.
    «Haithabu.»
    «So? Ein dänischer Sklavenhändler bietet eine dänische Sklavin aus der großen Hafenstadt Haithabu an, die für ihren Sklavenmarkt bekannt ist. Ist das nicht etwas ungewöhnlich? Sind ihre Eltern so arm, dass sie die eigene Tochter verkaufen mussten? Oder hast du sie ihren Eltern gestohlen?»
    Geirmund rutschte unruhig auf der Kiste hin und her. «Wollt Ihr sie haben, Herr, oder nicht? Zweihundertzwanzig Gramm – mein letztes Wort.»
    Der Blick des Kriegers war fest auf Asny gerichtet. Sie versuchte in seinen Augen zu lesen, was in ihm vorging. Aber es war unmöglich, der Kerl starrte sie einfach nur an.
    «Nein», sagte er dann, drehte sich um und verschwand in der Menge.
    Geirmund stieß einen ächzenden Laut aus.
    Grim beugte sich zu ihm hinunter. «Hast du den Mantel gesehen?», flüsterte er. Er war ganz blass im Gesicht geworden.
    «Was?»
    «Seinen Mantel? Hast du den gesehen?»
    «Was soll damit sein?»
    «Die Farbe des Blutes …»
    «Na und! Überall tragen Männer solche Mäntel, Junge.»
    «Ich glaube, ich habe den Mann schon einmal gesehen. Ja, ich bin mir sicher. Es war im vergangenen Herbst auf dem Markt am Danewerk. Du weißt schon, damals, als ich beinahe den Hurensohn erwischt hätte.»
    Fokko drängte zwischen die beiden. «Was habt ihr zu flüstern? Seht zu, dass ihr das Weib loswerdet. Ich habe keine Lust, mir hier die Beine in den Bauch zu stehen. Ich will was essen und Bier trinken.»
    «Ich auch», bestätigte Ubbo.
    Geirmund legte die Stirn in Falten. Er schien angestrengt über Grims Worte nachzudenken. Dann schüttelte er energisch den Kopf und wandte sich wieder dem Marktgeschehen zu.
    «Schaut her!», rief er. «Schaut euch die Jungfrau an!»
    Während Geirmund weiterhin erfolglos Asny anpries, ließ sie ihren Blick über den Markt schweifen. Und dann sah sie ihn wieder. Der Krieger stand in einiger Entfernung bei einem anderen Mann. Beide schauten in ihre Richtung.
    Asny bekam einen trockenen Mund.
    Der andere trug ebenfalls einen roten Mantel. Er hatte ein auffallend breites Kreuz und eine Glatze.
    In diesem Augenblick wünschte sich Asny nur eins: dass sich sofort unter ihren Füßen der Erdboden auftäte und sie ganz tief in einem Loch versänke, in dem niemand sie jemals wiederfinden würde.

53.
    Thankmar hielt gerade mit den anderen Heerführern die tägliche Besprechung ab, als Ernust vollkommen außer Atem ins Zelt kam. Auf seiner Glatze glänzten Schweißperlen. Thankmar war von der Störung so irritiert, dass er sich im ersten Augenblick fragte, wie Ernust es geschafft hatte, an den fünf Soldaten vor dem Zelt vorbeizukommen. Aber natürlich war Ernust der Befehlshaber der Wachen. Warum hätten sie ihn aufhalten sollen?
    Thankmar warf seinem Hauptmann einen drohenden Blick zu. Ernust machte jedoch keinerlei Anstalten, das Zelt wieder zu verlassen. Dabei wusste er ganz genau, dass die Heerführer bei ihren Gesprächen nicht gestört werden durften.
    Gunther war gerade dabei zu berichten, wie es mit dem Übersetzen des Heeres voranging. Mit dem Ergebnis war Thankmar überhaupt nicht zufrieden. Es dauerte viel zu lange. Seit einer Woche lagerte das Heer nun schon bei der Diusburg. Sie waren über den Hellweg in den Westen gezogen. Der Weg führte vom Rhenus bis zum Fluss Albia im Osten des Königreichs und verband Burgen und Städte wie die Magathaburg, Padrabrunno, Drudmunde, Essendia und die Diusburg.
    Unterwegs hatte Thankmar erfahren, der Rhenus sei wegen des Hochwassers wenn überhaupt nur bei der Diusburg zu überqueren. Gleich nach der Ankunft begannen sie daher mit der Verschiffung der Truppen auf allen verfügbaren Fähren. Dennoch kostete es viel Zeit, mehr als eintausend Menschen mitsamt Gepäck, Wagen, Last- und Reittieren über den Strom zu transportieren. Es hatte den Anschein, als würden sie noch mehrere Tage brauchen, bis der ganze Tross endlich auf der anderen Flussseite sein würde.
    Und der Monat April war bereits angebrochen.
    Bevor Ernust die Versammlung gestört hatte, hatte Gunther

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