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Das Lied des Todes

Das Lied des Todes

Titel: Das Lied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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Kirche!», sagte er und lachte.
    Der Wind hatte sich wieder gedreht – zu seinen Gunsten.
    Als sich der Trupp in Bewegung setzte, huschte ein dunkler Schatten über ihre Köpfe hinweg. Thankmar sah einen Raben voraus zur Kirche fliegen.

73.
    Aki und Ketil nutzten das Durcheinander im Festsaal, um ihren Bewachern zu entkommen. Die Soldaten waren wie alle anderen von den Ereignissen abgelenkt, die sich vor dem Palas abspielten. Eine Menschentraube ballte sich vor dem Eingang. Köpfe wurden gereckt. Gerüchte machten die Runde.
    Aki und Ketil liefen in die Küche, wo sie sich an umgestürzten Tischen vorbeizwängten und über gebratene und rohe Tiere und die Scherben zerbrochener Krüge und Schalen steigen mussten. Ein Kochtopf war umgekippt. Sein Inhalt, ein dickflüssiger, milchiger Brei, hatte die Flammen eines Feuers gelöscht.
    Es waren die Spuren des brutalen Kampfs, den sich Ketil und der Koch geliefert hatten. Kurz bevor im Saal die Schreie laut geworden waren, war der Isländer in die Küche gekommen und hatte sofort Akis Hilferufe aus der Kammer gehört. Als er ihn befreien wollte, griff der Koch mit einem Beil an. Ketil wehrte sich mit dem Erstbesten, was er greifen konnte, einem eisernen Spieß, auf dem ein halbgares Ferkel steckte.
    Aki und Ketil stiegen über die Leiche des Kochs hinweg, in dessen Brust noch der Spieß mitsamt dem Schwein steckte, und verließen die Küche durch den Seiteneingang.
    Der kleine Hof dahinter war menschenleer. Aber schon von weitem erblickten sie die Menschenmenge, die sich schwerfällig in Richtung Kirche bewegte. Soldaten, Mönche und Adlige folgten in gebührendem Abstand einer Gruppe Blutmäntel, die vom Grafen angeführt wurde.
    Aki war erleichtert. Der Graf hatte offenbar nicht die Absicht, ins Heerlager zu ziehen.
    Sie rannten weiter zum Haupttor. Niemand hinderte sie daran, die Pfalanza zu verlassen. Die Wachen starrten zu den Blutmänteln, die jeden, der ihnen in den Weg kam und nicht schnell genug fliehen konnte, töteten. Sie zogen eine Spur aus Leichen hinter sich her.
    Aki und Ketil liefen ins Heerlager. Bis dorthin hatten sich die Ereignisse noch nicht herumgesprochen. Sie kamen vorbei an Soldaten, die vor den Zelten ihre Schwerter an Wetzsteinen schärften oder beim Spiel mit Knochenwürfeln zusammensaßen. Gelächter war zu hören.
    Akis Herz raste wie das eines gejagten Tieres. Fieberhaft versuchte er sich daran zu erinnern, welchen Weg er in der Nacht vor zwei Tagen genommen hatte. Immer tiefer tauchten sie ein in das Labyrinth aus dicht an dicht stehenden Zelten. Sie mussten sich zwingen, nicht zu schnell zu laufen, um nicht aufzufallen.
    Nach einer Weile sahen sie endlich das Zelt des Grafen. Im gleißenden Licht der Mittagssonne leuchteten die aufgemalten Schwerter wie blutige Male an den bleichen Wänden.
    «Blutmäntel!», zischte Ketil.
    Er drängte Aki hinter das Zelt, neben dem sie gerade standen.
    «Dann sind wohl doch nicht alle in der Pfalanza», meinte Aki.
    «Bei weitem nicht», erwiderte Ketil, der den Platz vor dem Grafenzelt besser einsehen konnte.
    «Da sind noch gut zwei Dutzend, wenn nicht noch mehr, und sie sind in voller Rüstung, haben Waffen, Kettenhemden, Helme und Schilde. Die sehen aus, als wollten sie in die Schlacht ziehen, und sie schauen alle in eine Richtung, als ob sie auf etwas warten.»
    «Wohin schauen sie?»
    Ketil drehte sich kurz um. «Zur Kirche.»
    «Wir müssen ins Zelt», sagte Aki.
    Er sah den Baum und das noch immer daran festgebundene Pferd. Im Schutz der Dunkelheit war es kein Problem gewesen, dorthin zu schleichen. Jetzt, am Tage, würde man sie sofort entdecken.
    «Wir gehen von hinten rein», beschloss Aki.
    «Und wie wollen wir da hinkommen?»
    «Sie sind abgelenkt. Also los!»
    Sie gingen ein gutes Stück ins Lager zurück und schlugen sich dann nach links zwischen die Zelte. Offenbar lagerten auch hier Soldaten, die zum Heer des Grafen gehörten. Im Gegensatz zu den gelassenen Männern des Königs schien die Stimmung unter ihnen äußerst angespannt zu sein. Überall hatten Männer Kettenhemden und Brünnen angelegt, ihre Schwerter gegürtet und Bögen gespannt. Hauptleute liefen umher und trieben die Soldaten zur Eile an.
    Als Aki glaubte, weit genug gegangen zu sein, änderte er die Richtung. Sie marschierten parallel zum Weg, den sie gekommen waren. Bald darauf erreichten sie die letzte Zeltreihe, hinter der sich eine mit Büschen und Haselsträuchern bewachsene Brachfläche öffnete. Geduckt huschten

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