Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
Vom Netzwerk:
Schnitt, und schon war das lederne Säckchen unter seinem Mantel verschwunden. Während er sich umdrehte und unauffällig davonging, hörte er Caspar sagen: » Hab einfach nicht aufgepasst, wirklich! «
    » Pack dich endlich! Und komm mir ja nicht wieder unter die Augen. «
    » Wird nicht noch mal vorkommen, Herr. «
    Sebastian schmunzelte, überquerte den Platz und strebte dem Eingang zur Ledergasse zu, die zur Pegnitz hinabführte. Über eine Brücke am Heilig-Geist-Spital gelangte man auf die lang hingestreckte Insel, die zum größten Teil von Obstbäumen bewachsen war. Unter dem Männerschuldturm, gegenüber von der flachen Stelle, an der die Frauen ihre Wäsche wuschen, wollte er auf Caspar warten, wie sie es schon öfter gemacht hatten.
    Am Ende der Ledergasse, dort, wo diese sich verengte, kam ihm eine gut gekleidete Frau entgegen. An ihrer Hand lief ein vielleicht vierjähriger Knabe. Unter dem anderen Arm trug die Mutter einen Korb.
    » Ich kann nicht mehr laufen « , quengelte das Kind, während sich die beiden Sebastian näherten.
    » Wir sind bald daheim « , antwortete die Frau.
    » Nein! « , heulte der Junge wütend auf. Im nächsten Moment warf er sich mit wild strampelnden Beinen auf das Pflaster.
    » Steh sofort auf, Engelhard! «
    » Nein! Du sollst mich tragen! «
    Als die Frau den Korb abstellte, trat Sebastian näher und lugte hinein. Das gibt’s doch nicht, durchfuhr es ihn. Wie konnte sie nur so leichtsinnig sein! Zwischen ein paar Päckchen steckte der mit einem Blumenmuster verzierte Geldbeutel der Frau. Kurz schweifte sein Blick zu ihr und dem Kind, das sich immer noch weigerte aufzustehen.
    » Engelhard, du bist schon ein großer Junge, ich kann dich nicht mehr tragen! Außerdem siehst du doch, dass ich einen Korb voller Einkäufe … «
    Mit einer blitzschnellen Bewegung zog er den Beutel aus dem Korb. Die Frau riss die Augen auf. » Zu Hilfe, ein Dieb! « , schallte ihr Ruf hinter ihm her, als er mit langen Sätzen davonstürzte, dem Ausgang der Gasse zu.
    » Halt, wohin so eilig? « Er wurde herumgewirbelt.
    Wo war der hochgewachsene Mann, der sich ihm in den Weg stellte und ihn um mindestens zwei Haupteslängen überragte, so plötzlich hergekommen?
    » Geht mir aus dem Weg! « , knurrte Sebastian und wollte sich losreißen, doch der Mann fasste nach seinem Arm und hielt ihn eisern umklammert.
    » Der Beutel da in deiner Hand – könnte es sein, dass er der Dame dahinten gehört? «
    Aus dem Augenwinkel sah er die Frau und das Kind näher kommen. » Haltet den Dieb nur fest! « , schrie sie.
    » Keine Sorge, der entkommt mir nicht! « Der Griff des Mannes, dessen fleischige Hände gewiss dreimal so groß waren wie seine, umklammerte ihn wie ein Schraubstock.
    Sebastian brach der Schweiß aus allen Poren. » Lasst mich los, Ihr irrt Euch. «
    » So? Warum läufst du dann davon wie der Hase vor dem Jäger? Der Beutel da sieht auch nicht aus, als ob er dir gehört. Her damit! «
    Sebastian öffnete die Hand.
    Da stand bereits die Frau mit hochrotem Gesicht vor ihm. » Was fällt dir ein, eine ehrbare Bürgerin zu bestehlen? «
    » Bitte, Euer Eigentum. « Der Fremde mit dem kräftigen Griff reichte ihr den Beutel.
    » Seid bedankt! Euch muss der Himmel geschickt haben. «
    » Ich werde den Burschen den Bütteln übergeben « , versprach der Mann, » solchen Dreckskerlen muss das Handwerk gelegt werden. «
    Sebastians Kehle wurde eng. Wenn der Mann die Büttel holte, war es um ihn geschehen. Seine Gedanken überschlugen sich. Er wusste, was mit Dieben geschah. Neulich erst hatten sie einen geschnappt, seine Hand auf den Klotz gelegt und abgehackt. Auf dem Marktplatz war das gewesen, Caspar und er hatten in der gaffenden Menge gestanden und das Geschehen verfolgt. Nie würde er vergessen, wie die Hand in den Korb gefallen und das Blut hervorgespritzt war. Mit viel Glück würden sie ihm nur Nase und Ohren abschneiden. Die Vorstellung jagte ihm eisige Schauer über den Rücken.
    » Ihr müsst mir glauben, so etwas habe ich nie zuvor getan « , wandte er sich der Frau zu. » Bitte, erhebt keine Anzeige gegen mich! Es war nur, weil ich schon seit Tagen nichts mehr zu essen hatte … «
    » So verhungert siehst du nicht aus, Bursche! « , unterbrach ihn der Mann grob, lockerte aber kurz seinen Griff. Im selben Augenblick riss Sebastian sich los, sprang zur Seite und rannte mit Riesenschritten auf die Brücke am Heilig-Geist-Spital zu, verfolgt von den Flüchen des Mannes, dem er entwischt

Weitere Kostenlose Bücher