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Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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Zeit, um die fehlenden Dinge zu besorgen, damit sie einige Tage überleben konnte.
    Nachdem Anna ihr inneres Gleichgewicht wiedergefunden hatte, läuteten auch bald die Glocken, die zur Abendandacht riefen. Mit gesenktem Haupt sang sie die Lieder, ohne dass auch nur ein Wort bis zu ihr durchdrang. Die Wäschekammer befand sich an der rückwärtigen Seite der Klosteranlage, nahe Brunnen und Abort. Beim gemeinsamen Schlussgebet bewegte sie bloß leicht die Lippen. Gab es einen besseren Zeitpunkt, die Wäschekammer aufzusuchen, als jenen, wenn die Nonnen und Novizinnen gleichsam die Kapelle verließen? Anna wartete, bis die Frauen in schwarz-weißer Tracht auf den in Dämmerlicht getauchten Klosterhof traten und die Novizinnen ihnen schweigend folgten. Sie nickte einigen zu, wandte sich nach rechts und zwang sich zu dem gemächlichen Schritt, der von den Schülerinnen erwartet wurde.
    Ihr Puls begann zu rasen. Dreh dich nicht um, dachte sie. Tu so, als ob du zum Abort gehen willst. Feine Schweißperlen traten ihr auf die Stirn, dann passierte sie das stille Örtchen und blieb stehen. Vor der Kapelle entdeckte sie einige ihrer Mitschülerinnen. Als diese ihren Weg fortsetzten, lief Anna die kurze Strecke bis zur Wäschekammer. Lautlos schlüpfte sie hinein und schloss die Tür. Der Duft von Seifenlauge und feuchter Luft empfing sie. Anna kniff die Augen zusammen, um in dem finsteren Raum etwas erkennen zu können. In der Mitte befand sich der Waschtrog, gegenüber ein Schrank, der die gesamte Wand einnahm. Sie öffnete die Tür: Seifen und Bürsten. Einem tönernen Topf eine Schublade tiefer entstieg der typische Geruch von Holzasche. Rasch schloss sie die Tür wieder und öffnete die nächste. Tatsächlich befanden sich dort sauber aufgereiht und gestapelt die Leibwäsche sowie die Gewänder der Nonnen. Irgendwo musste es auch ein Behältnis geben, in dem die Schmutzwäsche aufbewahrt wurde. Tastend fuhr sie mit der Suche fort, bis sie mit der Stiefelspitze gegen etwas Hölzernes stieß. Beim näheren Betrachten entpuppte es sich als eine große Kiste. Mit gerümpfter Nase begann sie die Kleidungsstücke zu durchwühlen, aber das Ding enthielt nichts als schmutzige Leibwäsche.
    Plötzlich stutzte sie. Da war etwas, das offensichtlich in einem gesonderten Sack aufbewahrt wurde. Eilig kramte sie ihn hervor und ließ den Deckel fallen. Nach kurzem Zögern stellte sie sich an das kleine, vom Mondschein beschienene Fenster und zog den Stoff heraus. Es sah aus wie … ja, es war ein Umhang aus grober Wolle, aus dem ihr der Geruch von Schweiß entgegenwehte. Anna verstaute ihn wieder in den Sack und machte einen Schritt auf die Tür zu, als sie mit der Stiefelspitze einen Gegenstand berührte. Mit einem Krachen fiel ein Besen zu Boden, der gegen die Wand gelehnt haben musste. Sie erschrak. Im selben Moment vernahm sie das Geräusch nahender Schritte.
    Es gelang ihr gerade noch, sich hinter der Tür zu verstecken, als diese einen Spaltbreit geöffnet wurde.
    » Ist da jemand? « , drang die heisere Stimme des Rattlers an ihr Ohr und schickte Wellen aus Angst durch ihren Leib.
    Anna hielt den Atem an. Da trat Schwester Verena einen Schritt vor.
    Könnte ich mich doch nur so klein wie ein Mäuschen machen, dachte sie, aber ihr blieb nichts, als sich in die Ecke zu drängen und zu hoffen, der Rattler möge am Eingang stehen bleiben. Nur einen Schritt weiter und alles wäre vorbei. Sie fühlte den Pulsschlag am Hals viel zu laut pochen.
    Bange Momente vergingen, dann wurde die Tür leise ins Schloss gezogen, und Anna war wieder allein. Ermattet lehnte sie sich gegen die kühle Wand und wartete, bis sie glaubte, ihre Beine würden den Dienst wieder aufnehmen. Nachdem die Schritte der Schwester verklungen waren, huschte sie hinaus. Mit dem Stoffsack unter dem Arm hielt sie sich dicht an der Mauer und schlich auf Zehenspitzen vorwärts, bis sie am Abort angelangte. Dort verharrte sie und verbarg sich hinter einem Busch, um sich zu vergewissern, dass niemand sie beobachtete. Nachdem es im Inneren still blieb, schob sie den Umhang flach unter ihr Gewand und schritt, einen Arm schützend vor den Bauch gepresst, über den Klosterhof. Als Anna endlich ihre Kammer erreichte, zitterte sie wie Espenlaub. Kurz entschlossen verstaute sie den Kleidersack unter ihre Matratze.

KAPITEL 9
    D as Wasser, mit dem sich Anna frühmorgens gründlich wusch, war eiskalt, vertrieb jedoch die Müdigkeit aus ihren Gliedern. Noch lange hatte sie in der

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