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Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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sie sich auf eine Stufe vor dem Hauseingang, ließ den Kopf gegen die Tür sinken und schloss die Augen.
    » Kannst du nicht aufpassen, Bursche? « , riss eine tiefe, unwirsche Stimme sie aus dem Dämmerzustand.
    Anna versuchte sich zu erheben, fiel aber sogleich wieder in sich zusammen.
    » Hoppla, wer liegt denn da? Ein Mädchen. Da schau her. «
    Anna hob mühsam die Lider. » Bitte, habt Ihr eine Unterkunft für mich? Ich will auch … will auch arbeiten. «
    Bevor sie wieder in sich zusammensacken konnte, griffen Hände nach ihr und stützten sie. Eine Tür wurde aufgestoßen, ein scharfer Geruch drang ihr in die Nase, der sie entfernt an etwas erinnerte. Dann wurde sie auf etwas Weichem niedergelegt. Der Duft von frischem Stroh hüllte sie ein. Sie öffnete die Augen. Blond war der Fremde, das schulterlange Haar stand wirr vom Kopf ab, und er trug eine Stegbrille.
    » Geht es wieder? «
    Braune Augen musterten sie eindringlich, jedoch nicht unfreundlich. Sie lag auf einem Bett. Der Unbekannte, er mochte ungefähr Mitte oder Ende zwanzig sein, lehnte in der Türöffnung.
    » Danke, ja « , erwiderte sie schwach und machte Anstalten, sich zu erheben.
    » Liegen geblieben. Bitte, trink. « Der Fremde reichte ihr einen Becher. » Dietl, Korbinian Dietl. Und mit wem habe ich das Vergnügen? «
    Sie musterte seine schlanke, etwas hagere Gestalt. » Anna heiße ich. Nur Anna « , antwortete sie nach kurzem Zögern.
    » Nur Anna, soso. Na, mir soll’s recht sein. «
    Der verdünnte Wein weckte ihre Lebensgeister. Der Fremde blickte skeptisch auf sie hernieder. Der lange Umhang eines Mannes, ihre ungepflegte Erscheinung, all das musste sein Misstrauen wecken.
    » Fehlt dir was? «
    Anna schüttelte den Kopf. » Nein, bin nur müde. « Sie zwang sich, die Augen offen zu halten, aber es fiel ihr unendlich schwer. » Warum habt Ihr mich … mit ins Haus genommen? «
    Über sein Gesicht flog ein Lächeln. » Du bist mir fast in die Arme gelaufen, schon vergessen? Hätte ich dich etwa halb ohnmächtig vor meiner Tür liegen lassen sollen? «
    » Danke « , flüsterte sie und nahm noch einen Schluck Wein.
    » Ruh dich ein bisschen aus. Ich muss zurück an die Arbeit. «
    Aus dem hinteren Raum erklang ein Laut wie das Meckern eines Zickleins.
    » Bleib, wo du bist, ja? Ich muss nur eben … meine kleine Tochter, du verstehst? « Dietl fuhr sich durch das strubbelige Haar und verließ mit langen Schritten die Kammer.
    Nachdenklich sah sie ihm nach. Das Weinen hörte schlagartig auf, und sie sank dankbar in das Kissen.
    Sepp ließ sich auf Sebastians Bett fallen und streckte seine langen Beine aus. » Hast dich schon gut hier eingelebt bei uns, wie? Du bist jedenfalls nicht mehr so dünn wie bei unserem ersten Treffen. «
    Sebastian, der aus dem Fenster geblickt hatte, betrachtete seinen Freund von der Seite. Sepp war ganz anders als er. Stark, stellte er mal wieder fest, und mit kräftigen Muskeln an Armen und Beinen. Oft genug hatte er bemerkt, wie die jungen Mädchen Sepp hinterhersahen.
    » Ja, danke. Deine Eltern sind sehr freundlich, und die Arbeit in der Werkstatt gefällt mir. «
    Adam Stadler hatte ihm schon zwei Tage, nachdem Sepp ihn mit in sein Elternhaus genommen hatte, Hilfsarbeiten in der Sattlerei übertragen. Sein Lehrjunge war ihm davongelaufen, und der zurückhaltende Mann brauchte dringend Hilfe. Sebastian hatte rasch festgestellt, dass ihm der Umgang mit Ziegen- und Kalbsleder und die Herstellung von Taschen, Pferdesätteln und vielen anderen Dingen Freude bereiteten.
    Sepp verschränkte die Arme hinter dem Kopf. » Kann es sein, dass du mir aus dem Wege gehst? Fast immer vergräbst du dich nach dem Abendessen hier in der Kammer. «
    Sebastian schwieg, schlüpfte aus seinen Stiefeln und setzte sich neben den Freund auf die Bettkante. Sepp hatte recht, er war ihm tatsächlich ausgewichen. Das abendliche Erlebnis mit dem fremden Mädchen, dieser Barbara, schwirrte ihm nach wie vor im Kopf herum. Das schöne honigblonde Haar und der Blick, mit dem sie ihn beim Abschied bedacht hatte, hatten eine Saite in ihm zum Klingen gebracht.
    » Du bist mir immer noch böse wegen damals. « Sepp setzte eine zerknirschte Miene auf. » Schau, ich bin auch nicht gerade stolz auf das, was an dem Abend passiert ist, weißt du? «
    » Der Streit mit diesem Mann ist allein deine Angelegenheit. Nur wie du dich dem Mädchen gegenüber benommen hast, fand ich unmöglich « , schnitt Sebastian ihm das Wort ab. » Aber du musst

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