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Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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las der Mann vor. Seine Stimme schwoll an. » Nichts und niemand, liebe Brüder, kann euch antasten. Doch selbst wenn Er es zulässt, dass man euch tötet, weil ihr für ihn Zeugnis ablegt, so seid gewiss, reicher Lohn ist euch beschieden. Ihr werdet mit Christus, der Heiligen Jungfrau und den heiligen Aposteln zur Rechten Gottes sitzen. «
    Sebastian beugte sich zu Sepp. » Das ist also dein Prophet? « , flüsterte er.
    » Ja, das ist Kilian Pankratius. Der letzte Prophet, bevor der Tag des Herrn anbricht. « Sepps Augen glänzten in einem neuen Licht.
    » Ich sehe, Bruder Josef hat einen Gast mitgebracht « , erscholl es jetzt von vorn. » Tretet näher, ihr beiden. «
    Die meisten der Umstehenden wandten die Köpfe und traten zur Seite. Sebastian und Sepp leisteten der Aufforderung Folge.
    » Ein Freund von dir, Josef? « , wollte Pankratius wissen, ohne den Blick von Sebastian abzuwenden.
    » Ja, außerdem arbeitet Sebastian für meinen Vater. «
    » Es ist schön, dass du ihn mitgebracht hast. Nur so wird Gottes Reich wachsen, bis Christus wiederkehrt. « Pankratius streckte Sebastian die rechte Hand entgegen. » Willkommen. « Seine Stimme klang warm. » Deine Anwesenheit ist für mich ein Zeichen , dass der Herr bereits zu deinem Herzen gesprochen hat. Ist dir bewusst, dass du den Namen eines Märtyrers trägst? «
    » Ich weiß. Der Mann, dessen Namen meine Eltern mir gegeben haben, starb für seinen Glauben. Der römische Kaiser Diokletian erteilte den Befehl, mit Pfeilen auf ihn zu schießen, aber Sebastian überlebte, und eine fromme Witwe pflegte ihn gesund. Daraufhin trat er erneut vor den Kaiser, der ihn diesmal mit Keulen erschlagen ließ. «
    » Du hast gut aufgepasst im Unterricht deines Priesters « , lobte Pankratius. » Scheinst überhaupt einen wachen Verstand zu besitzen. Solche Männer brauchen wir in der Bruderschaft. Wie der Sohn eines Reichen oder Adligen siehst du allerdings nicht aus. Du kannst nicht lesen oder schreiben, habe ich recht? «
    » Nein, leider nicht. Mein Vater war ein Wagner. «
    » Ein ehrbares Handwerk, dessen du dich nicht zu schämen brauchst. Was das Bücherlesen angeht, mach dir nichts draus, es ermüdet ohnehin nur den Geist, das hat schon Salomo geschrieben. «
    Sebastian schwieg. Wie Anna hatte auch er sich schon des Öfteren gewünscht, beides zu beherrschen. Warum hielt der Mann nichts davon, wenn Menschen lesen und schreiben konnten? Nun gut, wenn die Welt sowieso nicht mehr lange Bestand hatte, wie Pankratius glaubte – wer brauchte da noch Bücher?
    » Ich würde mich sehr freuen, wenn du unsere Versammlungen regelmäßig besuchst « , unterbrach Kilian Pankratius seine Gedanken. » Heute Abend bist du eingeladen, mit uns zu essen. « Sein Blick ruhte prüfend auf Sebastian, der sich auf einmal unbehaglich fühlte.
    Wenn Elia wüsste, was er getan hatte, würde er ihn gewiss hinauswerfen lassen. Ein weiterer Gedanke durchfuhr ihn. Hoffentlich war keines seiner Opfer, die er bestohlen hatte, unter den Anwesenden. Ängstlich sah er sich um. Am liebsten hätte er den Raum verlassen, da aber die Zusammenkunft gerade erst begonnen hatte und er nicht ohne Sepp zum Haus der Stadlers zurückkehren wollte, beschloss er zu bleiben. Zu viel Gesindel trieb sich zwischen der Pegnitz und dem Saumarkt herum.
    So folgte er dem Freund in einen zweiten Raum, in dem sich die Männer auf einfachen Bänken um einen Eichentisch niederließen. Jemand hatte Körbe mit grobem Brot, einen Topf mit dampfender Suppe, Trinkbecher sowie drei Krüge mit Bier bereitgestellt. Er nahm neben einem älteren Mann mit vollem, auf die Schultern fallendem Haar Platz. Dann tat er es den anderen gleich, senkte den Kopf und faltete die Hände zum Gebet. Nachdem Pankratius dem Herrn für das Essen gedankt hatte, machten sich die Bruderschaftler über die Gemüsesuppe her, in der ein paar Stückchen Schweinefleisch schwammen. Eine Weile waren nur das Geräusch der in die Schalen eintunkenden Holzlöffel sowie das Schlürfen der Anwesenden zu hören, die aus den verschiedensten Ständen zu stammen schienen.
    Als alle fertig waren, hob Pankratius die Hand. » Es geht das Gerücht, Luther sei tot. Nach dem Reichstag in Worms, so heißt es, sei sein Reisewagen in den Wäldern Thüringens überfallen worden. Ihn habe man an Ort und Stelle aufgehängt. «
    Ein kahlköpfiger Mann auf der anderen Tischseite nickte. Unter seinem Wams spannte sich ein gewaltiger Bauch. » Deshalb hat man also schon länger nichts

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