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Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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konnte sie bereits das Fachwerkhaus sehen, das Herr Dürer laut Korbinians Erzählungen mit seiner Frau, einigen Lehrbuben, Mägden und Gesellen bewohnte. Wie vornehm es aussah, wie geschaffen für den berühmtesten Mann der Stadt. Während sie sich langsam dem Haus näherte, überprüfte sie noch einmal den Sitz ihrer Haube, strich ihr Gewand glatt und fühlte, wie ihr Mund trocken wurde.
    Anna näherte sich dem vierstöckigen Gebäude, dessen steiles Dach mit Erkern besetzt war, und blieb stehen. Sie nahm einen tiefen Atemzug und klopfte an die schwere Eichentür.
    Diese öffnete sich, und eine Magd fragte höflich nach ihrem Anliegen. Als Anna ihren Namen nannte, ärgerte sie sich über das Zittern ihrer Stimme, das ihre Aufregung verriet.
    » Kommt herein, Frau Dietl « , forderte die Hausangestellte sie auf und trat zur Seite. » Die Herrschaften erwarten Euch. «
    Anna folgte der jungen Frau durch die Diele eine Treppe hinauf in einen Raum, in dem sich die Hausherrin von einer Polsterbank erhob und ihr entgegentrat. Agnes Dürer war weit mehr als doppelt so alt wie sie, von rundlicher Gestalt und schien mit dem einfach geschnittenen Surcot so gar nicht zu ihrem stets elegant gekleideten Mann zu passen.
    » Frau Dietl, wie schön, dass Ihr meiner Einladung gefolgt seid. Oh, wie reizend, Ihr habt auch die Kleine mitgebracht. «
    Mit diesen Worten ergriff die Frau des Malers und Ratsmitgliedes Annas freie Hand und schüttelte sie herzlich. » Nanu, Ihr zittert ja. Es ist aber auch wirklich ungemütlich heute. Susanne wird uns gleich einen imbiz bringen. Mag das Kind vielleicht eine warme Milch? «
    Sie wies auf die Stühle in der Mitte des Raumes, dessen getäfelte Wände von fein gearbeiteten Truhen aus dunklem Holz und einem Kachelofen geziert wurden. Auf dessen Gesims standen ein silberner Leuchter, Zinnkrüge und Teller.
    Anna nahm Platz. » Gern, vielen Dank. «
    » Albrecht ist in seiner Werkstatt. Wenn Ihr möchtet, können wir hinuntergehen und Ihr dürft sie Euch ansehen, bis Susanne so weit ist. «
    » Sehr gerne, Frau Dürer. Wenn Euer Mann nichts dagegen hat. «
    » Ach was, Anna! « , winkte die Frau mit dem runden Gesicht ab. » Schließlich seid Ihr nicht eine dieser unzähligen neugierigen Personen, die bloß wissen wollen, wie es im Atelier des berühmtesten Malers im ganzen Reich aussieht, sondern die Ehefrau eines Freundes. Kommt, ich nehme Euch derweil das Kind ab. « Sie hob Lenchen kurzerhand auf die Hüfte, hakte Anna unter und führte sie aus der Stube.
    » Albrecht, wir haben Besuch « , erklärte Agnes Dürer, als sie schwungvoll die Tür des Raumes aufstieß. » Frau Dietl ist gekommen. Sicher erinnerst du dich. «
    Der Maler drehte sich um. In der rechten Hand hielt er eine Farbpalette. » Ah ja, natürlich. Wie geht es Euch und Eurem Gatten? Tretet nur näher. «
    » Danke, Herr Dürer « , antwortete Anna. » Es geht uns gut. «
    Lenchen fühlte sich augenscheinlich wohl bei der Hausherrin, denn sie krähte fröhlich. Unwillkürlich hielt Anna die Luft an. Den Geruch nach Farben und Lösungsmitteln kannte sie aus Korbinians Werkstatt, aber dieser Raum war ausladender und hatte mindestens die doppelte Größe des Wohnraumes im ersten Stock. Auf einem Tisch lag ein Totenkopf, daneben befanden sich eine Reihe von Ochsenhörnern, Muscheln und Federn. Anna erstarrte, als sich in einem großen Käfig neben dem Kachelofen ein Tier bewegte, das einen schrillen Schrei ausstieß. Sie wich zurück.
    » Keine Angst, Frau Dietl « , erklärte Dürer, während das katzenartige Wesen mit dem runden Kopf und dem langen Schwanz seine Pfötchen um die Gitterstäbe legte und Anna mit wachen Augen betrachtete. » Die Meerkatze kann nicht heraus. Den Käfig habe ich eigens anfertigen lassen. «
    Die seltsame Katze ließ unheimliche Schnalzlaute hören.
    Die Frau des Malers seufzte. » Ein Geschenk an meinen Mann. Wenn das so weitergeht, können wir bald einen Tiergarten eröffnen. Erst kürzlich hat er eine Schildkröte gekauft, und der Papagei, den dieser Portugiese mir in Antwerpen geschenkt hat, treibt Susanne und mich noch in den Wahnsinn. «
    » Weil Susanne ihm das Sprechen beigebracht hat, ja. Da musst du mit ihr schelten, nicht mit mir. « Albrecht Dürer lachte. » Signor Roderigo wollte dir eine Freude bereiten, meine Liebe. Du solltest dich schließlich nicht langweilen, als ich zur Krönung des Kaisers nach Aachen gereist bin. Außerdem weißt du doch, dass ich die Tiere und all das hier für

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