Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)
dein Gemahl zu dir ins Bett kommt, Mädchen, es geht schnell vorbei. Du wirst schon sehen. « Sie zeigte eine große Zahnlücke und kicherte. » Wenn du deinem Mann gut dienen willst, dann tu, worum er dich bittet, umso weniger zieht es ihn zu anderen Frauen. «
Anna ließ die Prozedur regungslos über sich ergehen. Die Bettdecken waren einladend aufgeschlagen, Kerzen warfen warme Lichtschimmer an die Wände. Von unten war noch das Lachen und Lärmen der Gäste zu hören, die dem Würzwein kräftig zugesprochen und beinahe alle Speisen aufgegessen hatten. Magdalena schlief längst friedlich. Die Alte geleitete sie zum Bett und drückte sie mit ein paar gemurmelten Wünschen in die Kissen. Anna zog die Decke bis unters Kinn und wartete mit angehaltenem Atem auf ihren Gemahl.
Bald darauf konnte sie schwere, sich nähernde Schritte ausmachen. Die Tür wurde aufgestoßen, und Meister Dürer sowie ihr frisch angetrauter Gatte betraten den Schlafraum.
» Wie ich sehe, werdet Ihr bereits erwartet, Korbinian « , erklärte der Maler mit einem Zwinkern zu Anna, die daraufhin noch tiefer in die Kissen sank.
Der Bräutigam murmelte einen Dank und bedeutete Dürer und der Alten, sie allein zu lassen. Als sich die Tür hinter ihnen schloss, war es Anna, als würden sie jedes Geräusch mit sich nehmen. Er musterte sie unter halb gesenkten Lidern. Kam auf sie zu. Sie hielt den Atem an und versteifte sich. Unwillkürlich wanderte ihr Blick zur Tür, und sie kämpfte einen Moment gegen ihre aufsteigende Furcht an. Korbinian blieb vor dem Bett stehen, öffnete seine Schecke und warf sie achtlos zu Boden. So fuhr er fort, bis er sich der meisten seiner Kleider entledigt hatte und nur noch in der Bruche vor ihr stand. Anna heftete ihre Aufmerksamkeit auf seine sehnigen Armmuskeln. Alle Frauen erleben dies. Nichts Schlimmes.
Seine forschenden Blicke ließen sie innerlich erzittern. Sein Körper wirkte trotz der hageren Gestalt kräftig, und seine Brust hob und senkte sich regelmäßig, als er unter die Bettdecke schlüpfte. Das Kerzenlicht warf einen hellen Schimmer auf sein Haar. Wortlos zog er sie in seine Arme und bettete ihren Kopf an seiner Brust. Wie immer roch er nach Farbe, aber sie nahm auch den Duft von Seife wahr. Seine Wärme übertrug sich auf sie, dennoch konnte sie ein Beben ihres Leibes nicht verhindern. Martins Bild schob sich in ihren Geist, ihm hatte sie sich einst schenken wollen, nur ihm.
Korbinian hielt sie ein wenig von sich ab und senkte seine braunen Augen in ihre. » Meine Liebste « , raunte er und zeichnete mit den Fingern die Linien ihres Gesichts nach, » hab keine Angst. Was ich sehe, wenn ich dich betrachte, ist weit mehr als nur der Körper einer hübschen Frau. «
Anna blinzelte unter seinem eindringlichen Blick.
» Wir beide haben die Liebe kennengelernt, haben gelacht, gelitten und getrauert. Deshalb möchte ich, dass wir einander nur das schenken, was jeder zu geben bereit ist. « Damit zog Korbinian die Bruche aus und ließ sie neben die Bettstatt fallen. Er vergrub seine Hände in Annas Nacken und zwang sie, ihm nicht auszuweichen. » Ich werde dich glücklich machen, das verspreche ich dir. «
Anna wehrte sich nicht, als er sie erneut an sich zog und in seinen Armen wiegte, bis seine Wärme auch ihr Innerstes ergriff. » Halt mich, Korbinian « , wisperte sie, » halt mich einfach nur fest. «
Seine Lippen berührten ihre, und sie schloss die Lider. Dann fühlte sie, wie er zart und ohne Hast begann, über ihre Arme, die Schultern und den Rücken zu streicheln. Sie ließ es geschehen. Tränen traten zwischen ihren Wimpern hervor, rannen ihr über die Wangen, benetzten ihr Gesicht. Er wischte sie fort, ohne in seinen Liebkosungen innezuhalten. Bis sie sich ihm irgendwann schluchzend ergab, die Arme um seinen Hals schlang und er sie endgültig zu seiner Frau machte.
Anna hatte während der Nacht kaum ein Auge zugetan, sondern abwechselnd an die Zimmerdecke und auf das im Schlaf gelöste Gesicht ihres Ehemannes geblickt. Sie hatte den Rat der alten Frau beherzigt und seine Liebkosungen still über sich ergehen lassen. Er war wirklich rücksichtsvoll zu ihr gewesen und hatte ihr mit seiner unbeholfenen Zärtlichkeit die Angst vor dem Unbekannten genommen.
Als hätte er ihre Gedanken gehört, drehte sich Korbinian, der zuvor auf dem Rücken gelegen hatte, zu ihr um, ohne jedoch zu erwachen. Seine Hand ruhte auf ihrer Taille, und sie hatte Muße, ihn zu betrachten. Seine feinen Züge und der
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