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Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition)

Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition)

Titel: Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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bronzene Kuben in Halterungen eingebettet. Kabel und Rohre auf dem Dach führten zu einem daneben stehenden Pult, das mit vielen Schaltern, Skalen und einem breiten Schlitz bestückt war. Mrs Redbliss kam zurück und nahm wieder ihr Klemmbrett zur Hand, das sie offensichtlich sehr liebte. Sie hatte dasselbe graue Kostüm an wie bei ihrer letzten Begegnung.
    »Weißt du, was eine Korona-Aura-Fotografie ist, Anevay?« A hatte keinen blassen Schimmer. In dem Buch, das sie mal gelesen hatte, waren nur Zeichnungen gewesen, keine Erklärungen dazu.
    »Keine Ahnung.« Sie zuckte mit einer Schulter, den anderen Arm brauchte sie zum Hose festhalten.
    »Es wäre schön, wenn du mich Mrs Redbliss nennen würdest, Anevay, denn für mich ist diese Höflichkeit, dieser Respekt, eine fundamentale Selbstverständlichkeit.« Sie sah A fragend an. »Oder bist du im Urwald aufgewachsen, Anevay, wo sich nur Hasen und Bären über den Weg laufen, aber keine Menschen?«
    Das überrumpelte Anevay ein wenig. Sie wurde aus dieser Frau nicht schlau. Sie machte A unsicher und das behagte ihr gar nicht, nein, da war etwas unter dieser grauen, steifgebügelten Oberfläche. Nur was?
    »Nein, Mrs Redbliss, ich weiß nicht, was eine Korona-Dingsbumsfotografie ist.« Wieder Kichern. Fingermann. Wut.
    Irgendwann, so schwor sie sich, würde sie ihm dieses stumpfe Gackern von den Lippen reißen und zusammen mit ihm irgendwo vergraben. 
    »Zieh dich bitte aus, Anevay.«
    »Was?« Sie musste falsch gehört haben. Bitte!
    »Du hast mich verstanden. Diese Art der Fotografie benötigt einen reinen, unverfälschten Blick auf deine Persönlichkeit, deine Korona, oder auch Aura genannt. Dies gelingt nur, wenn du nackt bist.« Sie klang, als würde sie selbst jeden Tag einen unverfälschten Blick auf sich werfen, wie eine Normalität klang es, wie Frühstück.
    »Ich ziehe mich nicht aus!« Die Worte zwischen Anevays Zähnen knirschten. Sie spürte Angst, erstickte sie aber mit Trotz. Doch  weit kam  sie damit nicht.
    MrsRedbliss nickte kurz zur Tür, A drehte sich mit um, und Jagor, der mit verschränkten Armen gelangweilt dagestanden hatte, öffnete sich wie eine tödliche Blume und kam auf sie zu. A wich zurück, Mrs Redbliss machte eine stille Handbewegung, Jagor blieb stehen, noch immer zutiefst gelangweilt. Doch hinter ihm leckte sich Fingermann über die trockenen Lippen.
    »Anevay, ich möchte ungern, dass all dies hier nur mit einer gewissen Unterstützung von Meister Jagor vonstatten gehen kann. Bitte, zieh dich aus und stelle dich in den Koronagrafen.«
    Anevay blickte sie an, stumm flehte sie, zumindest Fingermann fortzuschicken, doch da meldete sich ihr ausgebüxter Stolz heroisch zurück. Innerlich würgte es sie bei dem Gedanken, dass er sie so sehen würde, doch wusste A auch, dass, wenn sie jetzt in die Knie brechen und wimmern würde, er an jedem Tag davon träumen würde, immer ein Werkzeug hätte, das er unter ihren Panzer hebeln konnte, um ihn genüsslich zu knacken.
    Anevay brauchte nur die Hose nicht länger festzuhalten, da rutschte sie schon zu Boden. Obwohl ihr Handgelenk eingegipst war, half ihr Mrs Redbliss nicht, die schmalen Holzstäbchen aus den Schlaufen des Hemdes zu fummeln. A fragte sich, ob durch den Gips nicht der unverfälschte Blick tüchtig verfälscht wurde, doch wie immer schien die Gebieterin von Fallen Angels genau zu wissen, was in ihrem Kopf vorging.
    »Den Gips werde ich für die kurze Zeit der Prozedur abnehmen, damit er nicht stört.«
    So geschah es auch. Etwas aus diesem kalten Glasraum drang bis unter Anevays Haut, sie schämte sich bis auf die Knochen, biss aber die Zähne zusammen und dachte an ihren Vater. Sie waren oft schwimmen gewesen, in Bächen, Flüssen, Seen. Jetzt zählte A all ihre Namen auf, die ihr noch einfielen. Dachte daran, wie ihr Vater ihr beigebracht hatte, dass beim Schwimmen die Kraft in der Ruhe liegt, dass sie sich immer gefragt hatte, was da unter ihr war, wie das Wasser sie trug und wann es wohl damit aufhören würde. 
    A streifte das Hemd ab, dann die Schuhe und tappte, dem Zeigefinger Mrs Rebliss´ folgend, auf das Gerät zu. Der Boden unter ihren Füßen fühlte sich verwirrend an. Man nahm ihr den Gips ab, der von einer Art Klammer an das Gelenk gepresst wurde. A hatte keine Schmerzen, lediglich ein taubes Gefühl, als wäre ihre Hand eingeschlafen. Es kribbelte ein wenig. Dann ließ die graue Dame sie vor dem schmalen Eingang zurück und trat hinter das Pult. Das Summen

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