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Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition)

Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition)

Titel: Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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Anevays Rippen los, sprang durch ihre bebende Brust. Sie riss den Mund auf und ließ es frei.
    AAAAAHHHHHHRRRRRR …
    Dann stand sie auf. Alle Kraft ins linke Bein verlagernd, der Wächter quietschte, als er ihrer Bewegung folgte. Doch den Schlag sah er nicht kommen. As Faust raste vorwärts, traf ihn an dem unteren, zurückgeklappten Lid. Fast glaubte sie, er sei überrascht, stöhne auf, als schon der zweite Hieb mitten auf die Linse krachte. Sie packte das Gelenk gleich dahinter und drehte es herum. Ein Knacken sagte ihr, wie wütend sie war. A zerrte noch immer schreiend daran, bis sie endlich zurücktaumelte, das Geräusch von Metall auf Glas wahrnahm. Sie fiel auf den Hintern, das ausgerissene Auge des Wächters schlitterte an ihr vorbei, prallte gegen die Wand und blieb dann kreiselnd liegen. Ihr Herz raste. Zehntausend Wölfe nun darin. Ohne einen Weg. A saß da, vor schwarzen Wänden und zum ersten Mal fühlte sie sich dennoch frei. Ihre Brust hob und senkte sich, Schweiß rann ihr den Rücken entlang, kitzelte sie. A begann zu lachen, während sie das tote Auge des Wächters anstarrte.
    Dann ging die Tür auf und Fingermann trat ein. A lachte nur noch lauter.
    »Großer Fehler, Schlampe, ganz großer Fehler!«, kroch es aus seinem stinkenden Mund, doch es war ihr egal. Alles war egal. Sie sah den Wolf verschwinden, weder Fell noch Stein, nur Tier. ›Ich komme mit dir, warte. Lauf, lauf, wo immer deine Pfoten dich hintragen.‹
    A wurde hochgerissen, kicherte weiter. Der Schlagstock traf ihre Hüfte. Grrr. Sie ließ ihren Kopf nach vorn schnellen. Wumm. Fingermanns Nase brach wie ein dürrer Zweig, er ließ sie jaulend los. A rannte drauflos. Tunnelgewirr. Alles war weit. Wie für einen Wolf gemacht. Doch sechzehn Schritte waren keine einhundert. Plötzlich begann sie zu wanken, die Hände an den glatten Wänden abstützend. Alarmschreie hinter ihr, mit Blut in der schrillen Stimme. »Die Ffauberin ifft ffei! Die Ffauberin ifft ffei!«
    A hörte ihn hinter sich in dem Glastunnel fallen. Feinde auf ewig! Nach ihren Zähnen geifernd. Sie lief schneller. Das fahle Licht der Salzlampen raste an ihr vorbei. Sie wusste nicht einmal, wohin, wollte nur fort von diesem Ort. Raus! Raus aus dieser verdammten, verfluchten Enge, raus aus dem schwarzen Glas, das immer mehr ihr Herz zermalmte.
    Schwitzende Hände griffen in ihr Haar, versuchten sie zu halten. A schrie, fühlte, wie es ausriss, wollte den Schmerz nicht an sich heranlassen. In ihrem rechten Knie entflammte aus dem Nichts ein Stich, bohrte sich quer durch die Sehnen, hörte nicht mehr auf. ›Lass das! Lass das!‹ Dann prallte sie frontal gegen eine Wand, die ihr die Luft aus den Lungen drosch. A wankte zurück, panisch nach einem Ausgang und Atem suchend.
    »Fflampe!« Die genuschelten Worte fast in ihr. »Du verdammte Fflampe!« Anevay schlug erneut mit dem Kopf, dieses Mal nach hinten, fiel aber einfach mit in diese Rückwärtsbewegung, krachte auf Fingermanns Körper, wälzte sich von ihm weg, nur weg, rappelte sich auf und trat heftig zu. Dumpfes Stöhnen. Schon rannte sie wieder. Doch so langsam, warum fühlte es sich nur so langsam an? Dann war da plötzlich Licht, ganz weiches, helles Licht. Eine Berührung an der Schulter ließ sie vorschnellen, und dann stürmte sie in ein Tablett aus Glas, in ein erschrockenes Gesicht, fliegendes Apfelmus, das in seiner Schale über Fliesen spritze und klirrte, Brot, das durch die Luft segelte. Sie sah blasse Wimpern über aufgerissenen blauen Augen. Wie sie daran vorbei stürzte, ohne einen Halt.
    Anevay schlug hart auf den Boden, rutschte durch das Mus, gegen eine Tischkante. ›Hoch, komm hoch!‹ Doch ihre Hände rutschten weg, sie weinte immerzu und bemerkte es nicht einmal. Sie schrie Verwünschungen gegen die Wände, doch alles blieb still. Dann stand sie endlich auf, sich an eine Stuhllehne klammernd, und wurde sich zum ersten Mal des Raumes bewusst, in dem sie sich befand. A drehte sich unbeholfen um und zählte neunzehn Menschen, zwanzig, als Fingermann fluchend und hassend in den Raum schlitterte.
    A atmete sie alle ein, die unfertigen Namen, die nicht das sein wollten, was ihnen zugedacht war. Sie roch verwitterte Wunden, noch blutend, andere verschorft, vereitert, nie wirklich heilend. Für einen Moment standen alle da, verharrten. Fingermann hatte seinen Stock gezogen, mit kalten Funken in den Augen ging er auf sie zu. A hob den Arm.
     
    »Was geht hier vor?« Die Silben klangen wie von einer

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