Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition)

Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition)

Titel: Das Lied von Anevay & Robert (The Empires of Stones) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
Vom Netzwerk:
wurde lauter.
    Das Licht wurde gedämmt, so dass A sich geschützter vor den Blicken fühlte, einmal tief Luft holte und sich mutig in die Maschine stellte.
    Innen war es viel enger, als es von außen den Anschein gehabt hatte. Die Tür wurde verriegelt. Jähe Platzangst überkam Anevay, ihr Herz begann zu stolpern, die Kopfhaut zu jucken. Das metallische Gitter rückte zu nah an sie heran, das Glas war dick, ließ nur einen verschwommenen Blick zu. Die bronzenen Würfel richteten sich aus, zielten alle auf ihren ungeschützten Körper. Das Summen nahm einen immer höher werdenden Ton an, als würde sich etwas zum Sprung bereit machen. Anevays Atem fegte durch die Nase.
    »Jetzt bitte die Augen schließen«, quäkte es durch eine kratzige Gegensprechanlage. Bruchteile später war A von solcher Helligkeit umgeben, dass diese sich sogar durch die geschlossenen Lider brannte. Wild tanzende Flecken huschten daran vorüber. Das Summen nahm erneut Anlauf, dann ein neuerlicher Blitz. A schluckte heftig. Abermals das Summen. Blitz.
    Dann war es plötzlich vorbei.
    Anevay stand schlotternd in der Maschine und hatte das quälende Gefühl, als habe man durch sie hindurchgesehen und dabei alles gefunden, von dem sie nicht wollte, dass man es jemals findet. Manche Dinge mussten einem ganz allein gehören, es sind die dunklen Verstecke, Wegmarkierungen, kleine Wälder, um Luft zu holen. Niemand sollte einem das wegnehmen.
    Die Tür wurde von Jagor geöffnet, A taumelte. Man gab ihr die Kleidung zurück, sie zog sie an, mechanisch. Noch immer flirrten Lichtflecken vor ihren Augen. A ließ sich führen wie ein Kind, das zu klein für die Welt war. Sie wurde auf einen massiven Holzstuhl gesetzt, der wie der Thron eines vergessenen Königs dastand. Man legte ihr den Gips wieder um, schnallte sie mit Riemen fest. Erst die Arme, dann über die Brust. Eine Kopfhaube wurde auf ihre Größe herunter geschraubt. Über jeden ihrer Finger steckte man einen zu langen Fingerhut, der innen ganz nass war. An allen waren Kabel befestigt, die zu einem weiteren Pult führten. A liefen Tränen über die Wangen, sie zog die Nase hoch, noch nie war sie so allein gewesen.
    Dann begannen die Fragen.
    Sie solle schnell antworten und immer nur die Wahrheit sagen. Mrs Redbliss saß vor ihr auf einem Hocker, bohrte ihre grauen Augen in Anevays verschleierten Blick. Das Klemmbrett lag auf ihrem grauen Rock, die Arme an die Rippen gepresst. Der linke Arm schaffte es nicht ganz so fest wie der rechte. A sah dutzende von schwarzen Zeilen. Sie hob das Kinn.
    »Wo wurdest du geboren?«
    Leere.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Bist du aus den freien Territorien?«
    Bilder.
    »Ja.«
    »Wie ist dein Name?«
    »Anevay.«
    »Wer hat dir diesen Namen gegeben?«
    »Mein Vater.«
    »Wie heißt dein Vater?«
    »Papa.«
    »Weißt du, was Magie ist?«
    »Ja.«
    »Hast du sie jemals jemanden legen oder zeichnen gesehen?«
    »Nein.«
    »Wo ist Norden?«
    »Auf der anderen Seite von Süden.«
    »Wer ist deine Mutter?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Wenn ich acht von achtzehn Bäumen fälle, so bleiben …?«
    »Schmerz.« 
    »Von welchen Stamm bist du?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Was bedeutet dein Name?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Wie ist mein Name?«
    »MrsRedbliss.«
    »Wie ist dein Name?«
    »Anevay.«
    »Bist du eine Zauberin?«
    »Nein.«
    »Was bist du dann?«
    »Ich weiß es nicht.« 
    Die Fragen hagelten auf sie ein. Wieder und wieder. A wusste irgendwann nicht einmal mehr, wer all das wissen wollte und wer antwortete. Der Raum wurde immer kleiner, dann begann er zu wabern, zu zerfließen, die Kupferkabel an ihren Fingern glühten und schickten pulsierende Stöße in das Pult. Jagor stand dort, runzelte die breite Stirn. Anevay wurde müde, ganz heftig müde.
    »Wer bist DU?«
    Innerlich gellte dort ein Schrei so laut wie ein Donner.
    »Ich weiß es nicht.« Flüsternd verhallte der Donner.
    Sie fiel …
     
    Wochenlang ließ man sie dort; in dem Glasherz, wie A es fortan nannte. Man brachte ihr zu essen, zu trinken. Die Schalen, gefüllt mit Haferschleim, waren aus Glas, die Löffel waren aus Glas. Ihre Gedanken waren aus Glas.
    Das Geschirr selbst war unzerstörbar! Dennoch probierte sie es aus. Nicht, dass sie Magie damit hätte legen können, nein, sie wollte, dass sie Angst davor hatten, sie könne es zumindest versuchen.
    Sie nahmen A den Gips ab. Das Handgelenk war nun dünner als das andere, doch sie fühlte noch immer Kraft darin, bewegte es jeden einzelnen Tag,

Weitere Kostenlose Bücher