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Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell

Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R R Martin
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Gesichtern glänzten. Sie durfte weder zucken noch ängstlich wirken. Ich bin das Blut des Drachen, sagte sie sich selbst, als sie das Herz des Hengstes in beide Hände nahm, es an den Mund hob und die Zähne in das zähe, sehnige Fleisch grub.
    Warmes Blut füllte ihren Mund und lief ihr übers Kinn. Der Geschmack drohte sie zu ersticken, trotzdem zwang sie sich, zu kauen und zu schlucken. Das Herz eines Hengstes würde ihren Sohn stark und schnell und furchtlos machen – dies zumindest glaubten die Dothraki –, doch nur, wenn die Mutter es ganz essen konnte. Sollte sie vom Blut würgen müssen oder das Fleisch erbrechen, fielen die Omen ungünstiger aus. Das Kind mochte tot geboren werden oder schwach sein, deformiert oder weiblich.
    Ihre Mägde hatten geholfen, sie für die Zeremonie vorzubereiten.
Trotz des empfindlichen Magens, mit dem sie seit zwei Monaten geschlagen war, hatte Dany Schalen mit halb geronnenem Blut zu sich genommen, um sich an den Geschmack zu gewöhnen, und Irri hatte ihr Kaustreifen aus getrocknetem Pferdefleisch zu essen gegeben, bis ihr Unterkiefer schmerzte. Vor der Zeremonie hatte sie einen Tag und eine Nacht gefastet, in der Hoffnung, dass der Hunger helfen würde, das rohe Fleisch bei sich zu behalten.
    Das Herz des wilden Hengstes bestand nur aus Muskeln, und Dany musste es mit den Zähnen reißen und jeden Mund voll lange kauen. Stahl war innerhalb der heiligen Schranken von Vaes Dothrak verboten, im Schatten der Mutter aller Berge. Sie musste das Herz mit Zähnen und Fingernägeln zerreißen. Der Magen wollte sich ihr umdrehen, dennoch kaute sie weiter, das Gesicht mit Herzblut beschmiert, das manchmal an ihren Lippen zu explodieren schien.
    Khal Drogo stand über sie gebeugt, während sie aß, das Gesicht hart wie ein Bronzeschild. Sein langer, schwarzer Zopf glänzte vom Öl. Er trug goldene Ringe im Bart, goldene Glöckchen im Zopf und einen schweren Gurt aus goldenen Medaillons um die Hüften, doch seine Brust war nackt. Sie sah ihn an, sobald die Kraft sie zu verlassen schien, sah ihn an und kaute und schluckte, kaute und schluckte, kaute und schluckte. Zum Ende hin glaubte Dany, grimmigen Stolz in seinen dunklen, mandelförmigen Augen zu erkennen, nur konnte sie sich dessen nicht sicher sein. Die Miene des Khal verriet selten, was in ihm vorging.
    Und schließlich war es vollbracht. Ihre Wangen und Hände klebten, als sie den Rest herunterwürgte. Da erst wandte sie die Augen wieder den alten Frauen zu, den alten Weibern der Dosh Khaleen.
    »Khalakka dothrae mr’anha!« , verkündete sie in ihrem besten Dothraki. Ein Prinz reitet in mir! Tagelang hatte sie diesen Satz mit ihrer Magd Jhiqui geübt.

    Die Älteste, eine gebückte, verschrumpelte, spindeldürre Frau, hob die Arme in die Höhe. »Khalakka dothrae!« , kreischte sie. Der Prinz reitet!
    »Er reitet!« , antworteten die anderen Frauen. »Rakh! Rakh! Rakh haj!« , verkündeten sie. Ein Junge, ein Junge, ein kräftiger Junge.
    Glocken läuteten, ein plötzliches Getöse von bronzenen Vögeln. Ein kehliges Kriegshorn gab einen langen, tiefen Ton von sich. Die alten Frauen fingen an zu singen. Unter ihren bemalten Lederwesten wiegten sich die welken Zitzen schimmernd von Öl und Schweiß. Die Eunuchen, die sie bedienten, warfen Bündel von trockenem Gras in eine große Bronzepfanne, und Wolken von duftendem Rauch stiegen zum Mond und zu den Sternen auf. Die Dothraki glaubten, die Sterne seien Pferde aus Feuer, eine große Herde, die bei Nacht über den Himmel galoppierte.
    Als der Rauch aufstieg, erstarb das Singen, und die alte Frau schloss ihr eines Auge, um besser in die Zukunft blicken zu können. Vollkommene Stille herrschte. Dany konnte in der Ferne Nachtvögel hören, das Zischen und Knacken von Fackeln, das sanfte Plätschern von Wasser im See. Die Dothraki starrten sie mit nächtlichen Augen an und warteten.
    Khal Drogo legte seine Hand auf Danys Arm. Sie konnte die Spannung in seinen Fingern spüren. Selbst ein Khal, der so mächtig wie Drogo war, kannte die Angst, wenn die Dosh Khaleen einen Blick in den Rauch der Zukunft warfen. In ihrem Rücken flatterten ängstlich die Mägde umher.
    Schließlich schlug die alte Frau ihr Auge auf und hob die Arme. »Ich habe sein Gesicht gesehen und den Donner seiner Hufe gehört«, verkündete sie mit dünner, bebender Stimme.
    »Donner seiner Hufe!«, wiederholten die anderen.
    »Schnell wie der Wind, so reitet er, und hinter ihm überzieht
sein Khalasar die Erde,

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