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Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell

Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R R Martin
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Hälften.
    »Wo ist mein Bruder?«, fragte Dany. »Er hätte längst da sein sollen, zum Fest.«
    »Ich habe Seine Majestät heute Morgen gesehen«, erklärte
er. »Er sagte, er wolle zum Westlichen Markt, um sich Wein zu beschaffen.«
    »Wein?«, sagte Dany zweifelnd. Viserys konnte den Geschmack der gegorenen Stutenmilch nicht ertragen, welche die Dothraki tranken, das wusste sie, und in letzter Zeit war er oft auf den Basaren und soff mit den Händlern, die in großen Karawanen aus Ost und West kamen. Deren Gesellschaft schien er mehr zu genießen als die ihre.
    »Wein«, versicherte Ser Jorah, »und er denkt daran, unter den Söldnern, die die Karawanen schützen, Männer für seine Armee zu rekrutieren.« Ein Dienstmädchen stellte einen Blutauflauf vor ihm ab, und er machte sich mit beiden Händen darüber her.
    »Ist das klug?«, fragte sie. »Er hat kein Gold, um die Soldaten zu bezahlen. Was ist, wenn er betrogen wird?« Karawanenwächter sorgten sich nur selten um Fragen der Ehre, und der Usurpator in Königsmund würde für den Kopf ihres Bruders gut bezahlen. »Ihr hättet mit ihm gehen sollen, damit er in Sicherheit ist. Ihr seid seine Leibwache.«
    »Wir sind in Vaes Dothrak«, erinnerte er sie. »Hier darf niemand eine Klinge bei sich tragen oder das Blut eines anderen vergießen.«
    »Dennoch sterben Menschen«, sagte sie. »Jhogo hat es mir erzählt. Einige Händler haben Eunuchen bei sich, hünenhafte Männer, die Diebe mit Seidenfetzen strangulieren. So wird kein Blut vergossen, und die Götter zürnen nicht.«
    »Dann lasst uns hoffen, dass Euer Bruder klug genug ist, nichts zu stehlen.« Ser Jorah wischte sich das Fett mit dem Handrücken vom Mund und beugte sich weit über den Tisch. »Er hatte vor, Eure Dracheneier zu stehlen, bis ich ihn gewarnt habe, ich würde ihm die Hand abhacken, sollte er sie auch nur anrühren.«
    Einen Moment lang war Dany so schockiert, dass ihr die
Worte fehlten. »Meine Eier … aber sie gehören mir. Magister Illyrio hat sie mir geschenkt, als Brautgabe, wieso sollte Viserys … es sind nur Steine …«
    »Dasselbe könnte man auch von Rubinen und Diamanten und Feueropalen sagen, Prinzessin … und Dracheneier sind noch weit seltener. Diese Händler, mit denen er getrunken hat, würden sogar ihre Männlichkeit für einen dieser Steine geben, und mit allen dreien könnte Viserys so viele Söldner kaufen, wie er braucht.«
    Das hatte Dany nicht gewusst, nicht einmal geahnt. »Dann … er soll sie bekommen. Stehlen muss er dafür nicht. Er hätte nur zu fragen brauchen. Schließlich ist er mein Bruder und mein wahrer König.«
    »Er ist Euer Bruder«, räumte Ser Jorah ein.
    »Ihr versteht nicht, Ser«, sagte sie. »Meine Mutter starb, als ich geboren wurde, und mein Vater und mein Bruder Rhaegar noch davor. Ich hätte nicht einmal ihre Namen gekannt, wenn Viserys nicht gewesen wäre und sie mir gesagt hätte. Er war als Einziger noch übrig. Der Einzige. Er ist alles, was ich habe.«
    »Früher einmal«, entgegnete Ser Jorah. »Jetzt nicht mehr, Khaleesi. Ihr gehört zu den Dothraki. In Eurem Schoß reitet der Hengst, der die Welt besteigt.« Er hielt seinen Becher einer Sklavin hin, die ihn mit gegorener Stutenmilch, säuerlich mit dicken Klumpen, füllte.
    Dany verscheuchte sie mit einer Handbewegung. Der bloße Geruch bereitete ihr Übelkeit, und sie wollte nicht riskieren, dass ihr das Pferdeherz, das sie sich mühsam hereingezwungen hatte, wieder hochkam. »Was bedeutet das?«, fragte sie. »Was ist dieser Hengst? Alle rufen es mir zu, aber ich verstehe nicht.«
    »Der Hengst ist der Khal der Khals, von dem in alten Prophezeiungen die Rede ist, mein Kind. Er wird die Dothraki zu einem einzigen Khalasar einen und an die Enden der
Welt reiten, so zumindest wird es vorhergesagt. Alle Völker dieser Welt werden seiner Herde angehören.«
    »Oh«, sagte Dany mit leiser Stimme. Sie strich den Umhang auf der Wölbung ihres Bauches glatt. »Ich habe ihn Rhaego genannt.«
    »Ein Name, bei dem das Blut des Usurpators gefrieren dürfte.«
    Plötzlich zupfte Doreah an ihrem Ellbogen. »Mylady«, flüsterte die Magd dringlich, »Euer Bruder …«
    Dany sah durch die lange, dachlose Halle, und dort kam er, strebte ihr entgegen. Am Schlurfen seiner Schritte erkannte sie, dass Viserys Wein gefunden hatte … und etwas, das wie Mut aussah.
    Er trug rote Seide, verschmutzt und fleckig von der Reise. Sein Umhang und die Handschuhe waren aus schwarzem Samt, den die Sonne gebleicht

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