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Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell

Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R R Martin
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Decken wechseln und alles andere tun, was der Lord Kommandant dir aufträgt.«
    »Haltet Ihr mich für einen Diener?«
    »Nein«, sagte Maester Aemon aus dem hinteren Teil der Septe. Klydas half ihm aufzustehen. »Wir haben dich für einen Mann der Nachtwache gehalten … aber vielleicht haben wir uns getäuscht.«
    Jon konnte sich nur gerade eben zurückhalten, einfach hinauszugehen. Sollte er bis ans Ende seiner Tage Butter rühren und Wamse nähen wie ein Mädchen? »Kann ich jetzt gehen?«, fragte er steif.
    »Wie du willst«, antwortete Bowen Marsch.
    Dareon und Sam verließen die Septe mit ihm zusammen. Schweigend nahmen sie die Stufen zum Hof. Draußen sah Jon zur Mauer auf, die dort in der Sonne glitzerte und deren schmelzendes Eis wie hundert Finger an ihr herunterkrochen. Jons Zorn war derart ungestüm, dass er am liebsten
alles zerschlagen hätte, und sollte die Welt verdammt sein.
    »Jon«, sagte Samwell Tarly aufgeregt. »Warte. Verstehst du denn nicht, was sie vorhaben?«
    Wutentbrannt fuhr Jon zu ihm herum. »Ich sehe Ser Allisars verdammtes Werk. Das ist alles, was ich sehe. Er wollte mich beschämen, und das ist ihm gelungen.«
    Dareon warf ihm einen Blick zu. »Die Kämmerer sind gut genug für dich und mich, Sam, aber nicht für Lord Schnee.«
    »Ich bin mit Schwert und Pferd besser als ihr alle zusammen«, schrie Jon zurück. »Das ist nicht gerecht!«
    »Gerecht?«, höhnte Dareon. »Das Mädchen hat auf mich gewartet, nackt wie an dem Tag, als sie geboren wurde. Sie hat mich durchs Fenster zu sich hereingezogen, und du willst mir was von gerecht erzählen?«
    »Es ist keine Schande, ein Kämmerer zu sein«, sagte Sam.
    »Glaubst du, ich will den Rest meines Lebens damit verbringen, einem alten Mann die Unterhosen zu waschen?«
    »Der alte Mann ist Lord Kommandant der Nachtwache«, erinnerte ihn Sam. »Bei Tag und Nacht wirst du bei ihm sein. Ja, du wirst ihm Wein einschenken und dafür sorgen, dass er frische Bettwäsche hat, aber du wirst auch seine Briefe schreiben, ihn zu Besprechungen begleiten, ihm als Knappe in der Schlacht dienen. Du wirst ihm so nah wie sein Schatten sein. Du wirst alles wissen, an allem teilnehmen … und der Lord Haushofmeister sagte, Mormont hätte selbst um dich gebeten.
    Als ich klein war, hat mein Vater stets darauf bestanden, dass ich ihn zur Audienz begleite, wenn er zu Gericht saß. Ritt er nach Rosengarten, um vor Lord Tyrell auf die Knie zu fallen, hat er mich mitgenommen. Später dann ließ er sich von Dickon begleiten und mich zu Haus, und es interessierte
ihn nicht mehr, ob ich bei seinen Audienzen herumsaß, solange Dickon nur anwesend war. Er wollte seinen Erben an seiner Seite, verstehst du nicht? Damit der sah und hörte, was er tat, und daraus lernte. Ich vermute, das ist der Grund, wieso Lord Mormont dich erwählt hat, Jon. Was sonst sollte es sein? Er will dich zum Kommandanten aufbauen!«
    Jon war sprachlos. Es stimmte, Lord Eddard hatte Robb oft zu seinen Beratungen auf Winterfell mitgenommen. Sollte Sam Recht haben? Selbst ein Bastard konnte in der Nachtwache hoch aufsteigen, so sagte man. »Ich habe nicht darum gebeten«, sagte er halsstarrig.
    »Keiner von uns ist hier, weil er darum gebeten hat«, erwiderte Sam.
    Und plötzlich schämte sich Jon Schnee.
    Memme oder nicht, besaß Samwell Tarly doch den Mut, sein Schicksal wie ein Mann zu nehmen. Auf der Mauer bekommt ein Mann nur das, was er verdient, hatte Benjen Stark an jenem letzten Abend gesagt, an dem Jon ihn lebend gesehen hatte. Du bist kein Grenzer, Jon, nur ein grüner Junge, der noch den Duft des Sommers an sich hat. Er hatte gehört, dass man sagte, Bastarde wüchsen schneller als andere Kinder. Auf der Mauer wuchs man, oder man starb.
    Jon stieß einen tiefen Seufzer aus. »Du hast Recht. Ich habe mich wie ein kleiner Junge benommen.«
    »Dann bleibst du und sprichst deinen Eid mit mir?«
    »Die alten Götter warten schon auf uns.« Er zwang sich zu einem Lächeln.
    Am späten Nachmittag machten sie sich auf den Weg. Die Mauer hatte keine Tore, weder hier bei der Schwarzen Festung noch sonst wo entlang ihrer dreihundert Meilen. Sie führten ihre Pferde durch einen schmalen Tunnel, der ins Eis gehauen war, und kalte, dunkle Mauern drängten sich um sie, während sich der Durchgang weiterschlängelte.
Dreimal war ihr Weg von Eisenstangen versperrt, und sie mussten Halt machen, während Bowen Marsch seine Schlüssel zückte und die massiven Ketten aufschloss, mit denen sie gesichert

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