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Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell

Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R R Martin
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Männer schienen ihn gerade für die Reise zu den Docks beladen zu haben, als sie angegriffen wurden. Arya schlich sich heran. Bei einer der Leichen handelte es sich um Desmond, der ihr sein Langschwert gezeigt und versprochen hatte, ihren Vater zu beschützen. Er lag auf dem Rücken, starrte blind an die Decke, während Fliegen auf seinen Augen herumkrabbelten. Ganz in der Nähe lag ein toter Mann mit rotem Umhang und einem Helm mit dem Löwenbusch der Lennisters. Aber nur einer. Jeder Nordmann ist mit dem Schwert zehn dieser Südländer wert, hatte Desmond ihr erklärt. »Du Lügner!«, fluchte sie und trat in plötzlicher Wut nach seiner Leiche.
    Die Tiere waren unruhig in den Ställen, wieherten und schnaubten wegen des Blutgeruchs. Arya konnte nur daran denken, ein Pferd zu satteln und zu fliehen, fort von der Burg und der Stadt. Sie musste nur auf dem Königsweg
bleiben, und er würde sie heim nach Winterfell führen. Sie nahm Zaumzeug und Sattel von der Wand.
    Während sie hinter dem Wagen entlanglief, fiel ihr eine umgekippte Truhe auf. Sie musste beim Kampf heruntergefallen sein, oder man hatte sie beim Beladen fallen lassen. Das Holz war gesplittert, der Deckel aufgesprungen, und der Inhalt der Kiste lag am Boden verteilt. Arya bemerkte Seide und Satin und Samt, den sie niemals trug, doch mochte sie auf dem Königsweg vielleicht warme Kleider brauchen … und außerdem …
    Arya kniete im Dreck zwischen den verstreuten Kleidern. Sie fand einen schweren, wollenen Umhang, einen Samtrock, ein Seidenhemd und einiges an Unterwäsche, ein Kleid, das ihre Mutter ihr bestickt hatte, ein silbernes Kinderarmband, das sie vielleicht verkaufen konnte. Sie stieß den zerbrochenen Deckel beiseite und suchte in der Truhe nach Nadel. Das Schwert hatte sie weit unten versteckt, unter allem anderen, aber ihre Sachen waren durcheinander, geraten, als die Truhe umgekippt war. Einen Moment lang fürchtete Arya, jemand könne das Schwert gefunden und gestohlen haben. Dann spürten ihre Finger das harte Metall unter einem Satinkleid.
    »Da ist sie«, zischte eine Stimme hinter ihr.
    Erschrocken fuhr Arya herum. Ein Stalljunge stand hinter ihr, ein Grinsen im Gesicht, und sein schmutziges, weißes Unterhemd lugte unter einem verdreckten Wams hervor. Seine Stiefel waren voller Dung, und er hielt eine Mistgabel in der Hand. »Wer bist du?«, fragte sie.
    »Sie kennt mich nicht«, sagte er, »aber ich kenn sie, o ja! Das Wolfsmädchen.«
    »Hilf mir, ein Pferd zu satteln«, flehte Arya, griff hinter sich in die Truhe, suchte nach Nadel. »Mein Vater ist die Hand des Königs, er wird dich belohnen.«
    »Vater ist tot«, sagte der Junge. Er schlurfte ihr entgegen.
»Die Königin wird mich belohnen. Komm her, Mädchen. «
    »Bleib weg!« Ihre Finger schlossen sich um den Griff des Schwertes.
    »Ich sage komm.« Er packte sie beim Arm, und zwar fest.
    Alles, was Syrio Forel sie je gelehrt hatte, war mit einem Herzschlag vergessen. In diesem Augenblick plötzlichen Entsetzens konnte sich Arya nur noch an eine Lektion erinnern, die Jon Schnee ihr erteilt hatte, ihre allererste.
    Sie stach mit dem spitzen Ende zu, riss die Klinge mit wilder, hysterischer Kraft nach oben.
    Nadel ging durch sein Lederwams, durch das weiße Fleisch seines Bauches und trat zwischen den Schulterblättern wieder hervor. Der Junge ließ die Mistgabel fallen und gab ein leises Ächzen von sich, etwas zwischen Stöhnen und Seufzen. Seine Hände schlossen sich um die Klinge. »Oh, ihr Götter«, stöhnte er, während sein Unterhemd sich rötete. »Zieh es raus.«
    Als sie es herauszog, starb er.
    Die Pferde schrien. Arya stand über die Leiche gebeugt, still und ängstlich im Angesicht des Todes. Blut war aus dem Mund des Jungen gequollen, als er zusammenbrach, und mehr noch sickerte aus dem Schlitz in seinem Bauch, sammelte sich unter seiner Leiche. Seine Handflächen waren zerschnitten, wo er nach der Klinge gegriffen hatte. Langsam wich sie zurück, Nadel rot in ihrer Hand. Sie musste weg, weit weg von hier, irgendwohin, wo sie vor den anklagenden Augen des Stalljungen sicher war.
    Wieder hob sie Zaumzeug und Sattel auf und rannte zu ihrer Stute, aber als sie den Sattel auf den Pferderücken hob, wurde ihr plötzlich erschreckend klar, dass die Burgtore geschlossen waren. Selbst die Seitentore würden wahrscheinlich bewacht. Vielleicht würden die Wachen sie nicht
erkennen. Falls die Männer sie für einen Jungen hielten, würde man sie vielleicht … nein, sie

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