Das Lied von Eis und Feuer 03 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 03 - A Clash of Kings (Pages 1-332)
befahl ihnen, das Pflaster des Platzes aufzubrechen und die Erde darunter freizulegen. Wenn das Teufelsgras zwischen den Steinen wachsen konnte, würden auch andere Grassorten gedeihen. Da sie genug Brunnen hatten, herrschte kein Mangel an Wasser. Wenn sie Saatgut finden könnten, würde der Platz erblühen.
Aggo kam als Nächster. Der Südwesten sei eine versengte Ödnis, erzählte er. Die Ruinen zweier weiterer Städte hatte er entdeckt, die beide kleiner waren als Vaes Tolorro, dieser jedoch ansonsten glichen. Eine wurde von einem Ring aus Schädeln bewacht, die auf verrostete Eisenspeere gespießt waren, deshalb hatte er es nicht gewagt, sie zu betreten. Er zeigte Dany ein eisernes Armband mit einem ungeschliffenen Feueropal, das er in der anderen Stadt gefunden hatte. Außerdem hatte er dort Schriftrollen entdeckt, allerdings war das Pergament knochentrocken und zerfiel, und aus diesem Grund hatte Aggo sie zurückgelassen.
Dany dankte ihm und trug ihm auf, sich um die Wiederherstellung
der Tore zu kümmern. Wenn in alten Zeiten Menschen hierhergekommen waren und die Stadt zerstört hatten, könnten abermals welche auftauchen. »Falls dies geschieht, müssen wir vorbereitet sein«, erklärte sie.
Jhogo blieb so lange aus, dass sie schon fürchtete, er sei verloren, dann jedoch, als schon fast niemand mehr nach ihm Ausschau hielt, ritt er aus dem Südosten heran. Eine der Wachen, die Aggo postiert hatte, erblickte ihn zuerst und ließ einen Ruf ertönen. Sofort lief Dany zur Mauer. Tatsächlich, da kam Jhogo, allerdings nicht allein. Hinter ihm ritten drei eigentümlich gewandete Fremde auf hässlichen buckligen Tieren, die jedes Pferd an Größe übertrafen.
Sie machten vor dem Stadttor Halt und blicken hinauf zu Dany auf der Mauer. »Blut von meinem Blut«, rief Jhogo, »ich war in der Großen Stadt Qarth und kehre mit diesen dreien zurück, die dich mit eigenen Augen sehen wollen.«
Dany starrte die Fremdlinge an. »Hier stehe ich. Seht mich an, wenn Ihr daran Gefallen findet … doch nennt mir zunächst Eure Namen.«
Der Bleiche mit den blauen Lippen sprach in kehligem Dothraki: »Ich bin Pyat Pree, der große Hexenmeister.«
Der Glatzköpfige mit den Edelsteinen in der Nase antwortete im Valyrisch der Freien Städte: »Ich bin Xaro Xhoan Daxos von den Dreizehn, ein Handelsherr aus Qarth.«
Die Frau mit der lackierten Holzmaske sagte in der Gemeinen Zunge der Sieben Königslande: »Ich bin Quaithe vom Schatten. Wir suchen die Drachen.«
»Eure Suche hat ein Ende«, erwiderte Daenerys Targaryen. »Ihr habt sie gefunden.«
JON
Weißbaum hieß das Dorf laut Sams alter Karte. Jon mochte es kaum als Dorf bezeichnen. Vier heruntergekommene Häuser mit jeweils nur einem Raum aus Bruchstein, der ohne Mörtel vermauert war, standen um einen leeren Schafstall und einen Brunnen. Die Häuser waren mit Grassoden gedeckt, die Fenster mit zerlumpten Häuten verhängt. Und über allem ragte ein riesiger Wehrholzbaum mit bleichen Ästen und dunkelroten Blättern in die Höhe.
Es war der größte Baum, den Jon Schnee je gesehen hatte, der Stamm maß gut drei Meter im Durchmesser, und die Äste breiteten ihren Schatten über das ganze Dorf aus. Die Größe machte ihm dabei nicht einmal so viel aus, nein, eher das Gesicht … vor allem der Mund, der nicht nur ein hineingeschnitzter Schlitz war, sondern eine tiefe Höhlung, in die leicht ein Schaf gepasst hätte.
Das da sind trotzdem keine Schafknochen. Und da in der Asche, das ist auch kein Schafsschädel.
»Ein alter Baum.« Mormont runzelte die Stirn. »Alt«, stimmte der Rabe von seiner Schulter aus zu. »Alt, alt, alt.«
»Und mächtig.« Jon konnte die Kraft spüren.
Thoren Kleinwald stieg neben dem Stamm ab. »Seht Euch das Gesicht an. Kein Wunder, dass sich die Menschen davor fürchteten, als sie Westeros zum ersten Mal betraten. Am liebsten würde ich eine Axt nehmen und das verdammte Ding eigenhändig umlegen.«
»Mein Hoher Vater glaubte«, sagte Jon, »niemand könne im Angesicht eines Herzbaumes eine Lüge aussprechen.
Die alten Götter wissen, wenn ein Mensch die Unwahrheit spricht.«
»Mein Vater hing dem gleichen Glauben an«, antwortete der Alte Bär. »Zeig mir doch mal diesen Schädel.«
Jon stieg ab. Über den Rücken geschlungen trug er in einer schwarzen Lederscheide Langklaue, das anderthalbhändige Bastardschwert, das ihm der Alte Bär zum Dank für seine Rettung geschenkt hatte. Ein Bastardschwert für einen Bastard , scherzten die
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