Das Lied von Eis und Feuer 03 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 03 - A Clash of Kings (Pages 1-332)
verlor diesen Kampf. Ein Fuß verfing sich beim Fall im Steigbügel, und das durchgehende
Streitross schleifte ihn bis zum Ende der Bahn, wobei Morros’ Kopf wieder und wieder auf den Boden schlug. Joff grölte spöttisch. Sansa war erschüttert und fragte sich, ob die Götter ihr rachsüchtiges Gebet erhört hatten. Aber nachdem man Morros Slynt von seinem Pferd befreit hatte, war er zwar blutüberströmt, doch am Leben. »Tommen, wir haben den falschen Gegner für dich ausgewählt«, sagte der König zu seinem Bruder. »Der Strohritter tjostet besser als der da.«
Daraufhin war die Reihe an Ser Horas Rothweyn. Er hatte mehr Erfolg als sein Zwillingsbruder und bezwang einen älteren Ritter, dessen Ross mit silbernen Greifen in blauweiß gestreiftem Feld geschmückt war. Mochte der alte Mann auch prachtvoll aussehen, so hatte er im Lanzenkampf nur wenig zu bieten. Joffrey verzog den Mund. »Was für eine armselige Vorstellung.«
»Ich habe Euch gewarnt«, sagte der Bluthund. »Mücken. «
Der König begann sich zu langweilen. Das erfüllte Sansa mit Besorgnis. Sie senkte den Blick und entschloss sich, zu schweigen, gleichgültig, was auch geschähe. Wenn Joffrey Baratheons Laune sich verdüsterte, konnte ein beiläufiges Wort seinen Zorn entfesseln.
»Lothor Brunn, freier Ritter in Diensten des Lords Baelish« , rief der Herold. »Ser Dontos der Rote aus dem Hause Hollard.«
Der fahrende Ritter, ein kleiner Mann mit verbeulter Rüstung ohne Wappen, erschien ordnungsgemäß am Westende des Hofes, nur sein Gegner ließ sich nicht blicken. Schließlich trottete ein Fuchshengst in purpur- und scharlachroter Seide herbei, doch Ser Dontos saß nicht darauf. Einen Augenblick später betrat der Ritter fluchend und taumelnd das Feld. Er trug einen Brustharnisch und einen federverzierten Helm und sonst nichts. Seine Beine waren weiß und dürr, und seine Männlichkeit wedelte obszön herum, während er dem Pferd nachsetzte. Die Zuschauer brüllten und schrien Beleidigungen. Schließlich packte Ser Dontos das Pferd am
Zügel und versuchte aufzusteigen, doch das Tier stand nicht still, und der Ritter war zu betrunken und verfehlte mit den bloßen Füßen immer wieder den Steigbügel.
Inzwischen lachte die Menge johlend … alle außer dem König. Joffrey hatte diesen Blick in den Augen, an den sich Sansa nur zu gut erinnerte, den gleichen Blick, mit dem er vor der Großen Septe von Baelor das Todesurteil für Lord Eddard Stark verkündet hatte. Schließlich gab Ser Dontos der Rote auf, setzte sich auf den Boden und nahm den mit einem Federbusch verzierten Helm ab. »Ich habe verloren«, rief er, »bringt mir Wein.«
Der König stand auf. »Ein Fass aus dem Keller! Ich will ihn darin ertrinken sehen!«
Sansa hörte, wie ihr der Atem stockte, als stünde sie neben sich. » Nein ! Das könnt Ihr nicht tun.«
Joffrey wandte den Kopf zu ihr um. »Was habt Ihr gesagt? «
Sansa vermochte nicht zu glauben, dass sie gesprochen hatte. War sie denn von allen guten Geistern verlassen? Ihm vor versammeltem Hof zu widersprechen ? Sie hatte doch überhaupt nichts dazu sagen wollen, allein … Ser Dontos war betrunken und dumm und zu nichts nütze, aber er wollte doch niemandem etwas Böses.
»Habt Ihr gesagt, ich könne das nicht tun? Ja?«
»Bitte«, flehte Sansa, »ich meinte lediglich … wäre es nicht ein schlechtes Vorzeichen, Euer Gnaden … an … an Eurem Namenstag einen Mann zu töten.«
»Ihr lügt«, entgegnete Joffrey. »Ich sollte Euch gleich mit ihm ertränken, wenn Euch so viel an ihm liegt.«
»Mir liegt überhaupt nichts an ihm, Euer Gnaden.« Die Worte lösten sich verzweifelt von ihrer Zunge. »Ertränkt ihn oder lasst ihm dem Kopf abschlagen, nur … tötet ihn morgen, wenn es Euch gefällt, aber bitte … nicht heute, nicht an Eurem Namenstag. Ich könnte es nicht ertragen, wenn Euch diese Tat Unglück einbrächte … ein schreckliches Unglück,
selbst für einen König, so berichten es die Sänger allerorten …«
Joffrey zog eine finstere Miene. Er wusste, dass sie log, sie sah es ihm an. Er würde sie dafür büßen lassen.
»Das Mädchen spricht die Wahrheit«, schnarrte der Bluthund. »Was ein Mann an seinem Namenstag sät, das erntet er das ganze Jahr hindurch.« Seine Stimme klang flach, als wäre es ihm gleich, ob ihm der König Glauben schenkte oder nicht. War es tatsächlich wahr ? Sansa hatte das nicht gewusst. Sie hatte es nur vorgeschützt, weil sie einer Bestrafung entgehen
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