Das Lied von Eis und Feuer 04 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 04 - A Clash of Kings (Pages 332-728)
morghulis.«
»Valar morghulis«, wiederholte Arya. Das war nicht schwer. Sie schloss die Finger um die Münze. Auf der anderen Seite des Hofes hörte sie Männer sterben. »Bitte geh nicht, Jaqen.«
»Jaqen ist genauso tot wie Arry«, sagte er traurig, »und es gibt Versprechen, die ich einhalten muss. Valar morghulis, Arya Stark. Wiederhole es noch einmal.«
»Valar morghulis«, sagte sie erneut, und der Fremde in Jaqens Kleidung verneigte sich vor ihr und schritt mit wehendem Mantel durch die Dunkelheit davon. Sie war allein mit den Toten. Sie hatten den Tod verdient, redete sich Arya ein und erinnerte sich an all die Menschen, die Ser Amory Lorch in dem Bergfried am See umgebracht hatte.
Der Keller unter dem Königsbrandturm war verlassen, als sie zu ihrem Strohbett zurückkehrte. Sie flüsterte die Namen in ihr Kissen, und nachdem sie damit fertig war, fügte sie mit leiser Stimme »Valar morghulis« hinzu und fragte sich, was es wohl bedeutete.
Im Morgengrauen waren Triefauge und die anderen wieder da, alle außer einem Jungen, der aus irgendeinem Grund bei den Kämpfen ums Leben gekommen war. Triefauge ging allein nach oben, um zu schauen, wie die Dinge bei Tageslicht besehen standen, und klagte den ganzen Weg nach oben darüber, wie beschwerlich die Stufen für seine alten Knochen waren. Bei seiner Rückkehr erklärte er ihnen, Harrenhal sei gefallen. »Dieser Blutige Mummenschanz hat einige von Ser Amorys Männern im Bett und den Rest am Tisch getötet, als sie betrunken waren. Der neue Lord wird noch vor Tagesende mit seinem Heer hier eintreffen. Er stammt aus dem wilden Norden, wo die Mauer ist, und es heißt, er sei ein harter Kerl. Ob nun dieser Lord oder jener Lord, die Arbeit muss getan werden. Wer Unfug anstellt, dem ziehe ich das Fell ab.« Er sah Arya an, während er das sagte, doch er fragte sie nicht, wo sie sich in der vergangenen Nacht herumgetrieben hatte.
Den ganzen Morgen über beobachteten sie die Männer des Blutigen Mummenschanzes dabei, wie sie den Toten ihre Habseligkeiten abnahmen und die Leichen auf den Fließsteinhof schleppten, wo ein Scheiterhaufen aufgeschichtet
wurde, um sich ihrer zu entledigen. Shagwell der Narr hackte zwei toten Rittern die Köpfe ab, schwenkte sie an den Haaren, tanzte mit ihnen durch die Burg und ließ sie miteinander reden. »Woran seid Ihr gestorben?«, fragte der eine Kopf. »An heißer Wieselsuppe«, antwortete der Zweite.
Arya bekam den Auftrag, das getrocknete Blut aufzuwischen. Niemand sagte mehr zu ihr als sonst, doch häufig bemerkte sie, wie die Leute sie eigentümlich anstarrten. Robett Glauer und die anderen Männer, die sie befreit hatten, mussten erzählt haben, was im Kerker passiert war, und dann hatte Shagwell mit seinen dummen sprechenden Köpfen von der Wieselsuppe angefangen. Sie hätte ihm gesagt, er solle damit aufhören, doch sie hatte Angst. Der Narr war halb wahnsinnig, und sie hatte gehört, dass er einmal einen Mann umgebracht hatte, weil dieser nicht über seine Scherze gelacht hatte. Er sollte lieber den Mund halten, sonst setze ich ihn auch auf meine Liste, dachte sie und schrubbte an den rötlich braunen Flecken herum.
Es war schon fast Abend, als der neue Herr von Harrenhal eintraf. Er hatte ein schlichtes, bartloses Gesicht, in dem allenfalls die seltsam hellen Augen auffielen. Er war weder dick noch dünn noch muskulös, trug ein schwarzes Panzerhemd und einen fleckigen rosafarbenen Umhang. Das Wappen auf seinem Banner sah wie ein Mann aus, der in Blut getaucht worden war. »Auf die Knie vor dem Lord von Grauenstein! «, rief sein Knappe, ein Junge in Aryas Alter, und Harrenhal kniete nieder.
Vargo Hoat trat vor. »Mylord, Harrenhal ift Euer.«
Der Lord antwortete, doch zu leise, als dass Arya ihn hätte verstehen können. Robett Glauer und Ser Aenys Frey gesellten sich, frisch gebadet und in neuen Kleidern, zu ihnen. Sie redeten kurz miteinander, dann führte Ser Aenys sie zu Rorge und Beißer. Arya war überrascht, dass die beiden noch hier waren; irgendwie hatte sie erwartet, sie würden mit Jaqen verschwinden. Arya hörte Rorges scharfe Stimme,
verstand jedoch abermals nicht, was gesagt wurde. Dann tänzelte Shagwell auf sie zu und zerrte sie hinaus auf den Hof. »Mylord, Mylord«, sagte er und zog sie am Handgelenk, »hier ist das Wiesel, das die Suppe gekocht hat.«
»Lass mich los «, rief Arya und entwand sich seinem Griff.
Der Lord betrachtete sie. Dabei bewegten sich nur seine Augen; sie waren sehr hell
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