Das Lied von Eis und Feuer 04 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 04 - A Clash of Kings (Pages 332-728)
und hatten die Farbe von Eis. »Wie alt bist du, Kind?«
Sie musste einen Moment lang überlegen. »Zehn.«
»Zehn, Mylord« , erinnerte er sie. »Magst du Tiere?«
»Manche, Mylord.«
Ein dünnes Lächeln trat auf seine Lippen. »Aber keine Löwen, scheint mir. Und auch keine Mantikore.«
Sie wusste nicht, was sie erwidern sollte, also schwieg sie.
»Man hat mir gesagt, du heißt Wiesel. Das wird nicht genügen. Welchen Namen hat dir deine Mutter gegeben?«
Sie biss sich auf die Lippe und suchte nach einem anderen Namen. Lommy hatte sie Klumpkopf genannt, Sansa Pferdegesicht und die Männer ihres Vaters hatten sie einmal Aryaim-Weg genannt, doch das waren wohl kaum Namen, wie sie der Lord von ihr erwartete.
»Nymeria«, sagte sie. »Und sie hat mich Nan genannt, weil das kürzer ist.«
»Du wirst mich mit Mylord anreden, wenn du mit mir sprichst, Nan«, sagte der Lord milde. »Um ein Tapferer Kamerad zu sein, bist du zu jung, denke ich, und außerdem gehörst du zum falschen Geschlecht. Hast du Angst vor Blutegeln, Kind?«
»Nein, das sind doch nur Egel. Mylord.«
»Mein Knappe könnte sich von dir eine Scheibe abschneiden, scheint mir. Häufige Behandlung mit Blutegeln ist das Geheimnis eines langen Lebens. Man muss sich vom schlechten Blut reinigen. Das wirst du tun, denke ich. So lange ich in Harrenhal bleibe, Nan, wirst du mein Mundschenk sein und mich bei Tische und in meinen Gemächern bedienen.«
Diesmal wusste sie es besser, als zu sagen, sie würde lieber im Stall arbeiten. »Ja, Euer Lord. Ich meine, Mylord.«
Der Lord entließ sie mit einer Geste. »Richtet sie anständig her«, sagte er zu niemandem im Besonderen, »und bringt ihr bei, wie man Wein einschenkt, ohne ihn zu verschütten.« Er wandte sich ab, hob die Hand und fügte noch hinzu: »Lord Hoat, kümmert Euch um die Banner oben auf dem Torhaus.«
Vier Tapfere Kameraden stiegen zu den Wehrgängen hinauf und holten den Löwen der Lennisters und Ser Amorys schwarzen Mantikor ein. An ihrer Stelle hisste man den gehäuteten Mann von Grauenstein und den Schattenwolf der Starks. Und an diesem Abend schenkte ein Page namens Nan Roose Bolton und Vargo Hoat Wein ein, während sie auf der Galerie standen und den Tapferen Kameraden zuschauten, die Ser Amory Lorch nackt durch den mittleren Hof trieben. Ser Amory bettelte und schluchzte und warf sich seinen Peinigern zu Füßen, bis Rorge ihn losschnitt und Shagwell ihn in die Bärengrube stieß.
Der Bär ist ganz schwarz, dachte Arya. Wie Yoren. Sie füllte Roose Boltons Becher und vergoss keinen Tropfen.
DAENERYS
In dieser Stadt des Prunks hatte Dany vom Haus der Unsterblichen erwartet, dass es das prächtigste Gebäude von allen sein müsste, doch als sie aus ihrem Palankin stieg, stand sie vor einer uralten grauen Ruine.
Lang und niedrig war sie, hatte weder Türme noch Fenster, und wand sich einer steinernen Schlange gleich durch ein Wäldchen aus Bäumen mit schwarzer Rinde, aus deren tintenblauen Blättern jener Zaubertrank bereitet wurde, den die Qartheen Abendschatten nannten. Kein anderes Gebäude stand in der Nähe. Schwarze Ziegel bedeckten das Dach des Palastes, viele waren heruntergefallen oder zerbrochen; der Mörtel zwischen den Steinen bröckelte. Nun begriff sie, warum Xaro Xhoan Daxos ihn den Palast des Staubes genannt hatte. Sogar Drogon schien dieser Anblick zu beunruhigen. Der schwarze Drache zischte , und Rauch trat zwischen seinen scharfen Zähnen hervor.
»Blut von meinem Blute«, sagte Jhogo in Dothraki, »dies ist ein böser Ort, ein Hort der Geister und der Maegi. Siehst du, wie er die Morgensonne verschluckt? Lass uns gehen, bevor er auch uns verschluckt.«
Ser Jorah kam zu ihr. »Was für Macht können sie schon haben, wenn sie in so etwas leben?«
»Achtet die Weisheit jener, die Euch am meisten lieben«, sagte Xaro Xhoan Daxos, der im Palankin blieb. »Hexenmeister sind verbitterte Kreaturen, die Staub fressen und Schatten trinken. Sie werden Euch nichts geben. Sie haben nichts zu geben.«
Aggo legte die Hand auf sein Arakh. »Khaleesi, man sagt, viele gehen in den Palast des Staubes, doch nur wenige kommen wieder heraus.«
»So sagt man«, stimmte Jhogo zu.
»Wir sind Blut von deinem Blut«, sagte Aggo, »wir haben geschworen, mit dir zu leben oder zu sterben. Lass uns mit dir diesen finsteren Ort betreten, damit wir dich vor allen Gefahren beschützen können.«
»Es gibt manche Orte, an die selbst ein Khal ganz allein gehen muss«, erwiderte
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