Das Lied von Eis und Feuer 04 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 04 - A Clash of Kings (Pages 332-728)
machen. Bloß hatte Tyrion weder ein goldenes Schwert noch die Fähigkeit, es zu führen. Er liebte den hemmungslosen Zorn seines Bruders, leider jedoch musste er seinem Vater nacheifern. Stein, ich muss wie Stein sein, ich muss der Fels von Casterlystein sein, hart und ohne Regung. Wenn ich diese Prüfung nicht bestehe, kann ich mich gleich der nächsten Menagerie anschließen. »Vielleicht hast du sie bereits getötet«, sagte er.
»Möchtest du sie sehen? Das habe ich erwartet.« Cersei durchquerte das Zimmer und stieß die schwere Eichentür auf. »Bringt die Hure meines Bruders herein.«
Ser Osmunds Brüder Osney und Osfryd glichen sich wie ein Ei dem anderen. Beide waren große Männer mit Hakennasen, dunklem Haar und grausamem Lächeln. Das Mädchen hing zwischen ihnen, und in ihrem dunklen Gesicht leuchteten ihre weit aufgerissenen Augen weiß. Blut rann von ihrer aufgeplatzten Lippe, und durch die zerrissenen Kleider konnte er blaue Flecken sehen. Man hatte sie geknebelt und ihr die Hände mit einem Seil gefesselt.
»Du hast gesagt, ihr würde kein Leid zugefügt.«
»Sie hat sich gewehrt.« Anders als seine Brüder war Osney Schwarzkessel sauber rasiert, und so konnte man die Kratzer auf seinen Wangen deutlich erkennen. »Sie hat Krallen wie eine Schattenkatze.«
»Blutergüsse und Schrammen verheilen«, sagte Cersei gelangweilt. »Die Hure wird sie überleben. Solange Joff nichts zustößt.«
Tyrion hätte am liebsten laut gelacht. Es wäre ein so süßes Lachen gewesen, so ungemein süß, doch damit hätte er den Sieg in diesem Spiel verschenkt. Du hast verloren, Cersei, und die Schwarzkessels sind noch größere Tölpel, als Bronn behauptet hat . Er brauchte nur die Worte zu sagen, das war alles.
Stattdessen blickte er dem Mädchen ins Gesicht. »Schwörst du, sie nach der Schlacht freizulassen?«
»Wenn du Tommen freilässt, ja.«
Er stemmte sich hoch und stand auf. »Dann behalt sie, aber pass gut auf sie auf. Falls diese Tiere glauben, sie dürften sich mit ihr vergnügen … also, süße Schwester, du weißt, eine Waage kann sich in beide Richtungen senken.« Seine Stimme klang ruhig, flach, unbeteiligt; er hatte seinen Vater nachahmen wollen, und das war ihm gelungen. »Was immer sie erleiden muss, wird Tommen ebenfalls über sich ergehen lassen, und das schließt Prügel und Vergewaltigung mit ein.« Wenn sie mich für ein solches Ungeheuer hält, will ich die Rolle gern für sie spielen.
Damit hatte Cersei nicht gerechnet. »Das würdest du nicht wagen.«
Tyrion zwang sich, träge und kalt zu lächeln. Sein grünes und sein schwarzes Auge lachten sie an. »Wagen? Ich würde es persönlich erledigen.«
Die Hand seiner Schwester schoss auf sein Gesicht zu, doch er packte sie am Gelenk und bog sie zurück, bis Cersei aufschrie. Osfryd setzte sich in Bewegung und wollte sie befreien. »Einen Schritt weiter, und ich breche ihr den Arm«, warnte der Zwerg ihn. Der Mann blieb stehen. »Du erinnerst dich vielleicht, Cersei, ich habe dir gesagt, du würdest mich nie wieder schlagen.« Er drückte sie auf den Boden und wandte sich an die Schwarzkessels. »Bindet sie los und nehmt ihr den Knebel ab.«
Das Seil war so fest gezogen, dass es Alayaya die Hände abgeschnürt hatte. Das Mädchen schrie vor Schmerz auf, als das Blut wieder hineinströmte. Tyrion massierte ihre Finger
sanft, bis die Taubheit nachließ. »Liebes«, sagte er, »du musst jetzt tapfer sein. Es tut mir leid, dass sie dir wehgetan haben.«
»Ich weiß, Ihr werdet mich befreien, Mylord.«
»Das werde ich«, versprach er, und sie beugte sich vor und küsste ihn auf die Stirn. Die aufgeplatzte Lippe hinterließ einen Blutfleck. Ein blutiger Kuss ist mehr, als ich verdient habe, dachte Tyrion. Wenn ich nicht wäre, hätte man sie niemals misshandelt.
Das Blut zeichnete ihn noch immer, als er auf die Königin hinunterblickte. »Ich habe dich nie gemocht, Cersei, aber du warst meine Schwester, daher habe ich dir nie etwas zu Leide getan. Du hast diesen friedlichen Zustand selbst beendet. Für diese Angelegenheit wirst du leiden. Ich weiß noch nicht, wie, aber lass mir nur ein wenig Zeit. Der Tag wird kommen, an dem du dich in Sicherheit wiegst und glücklich bist, und plötzlich wird sich dein Frohsinn wie Asche in deinem Mund anfühlen, und dann wirst du wissen, dass ich meine Rechnung beglichen habe.«
Im Krieg, so hatte ihm sein Vater einst erklärt, ist die Schlacht vorbei, sobald eine Armee flieht. Gleichgültig wie
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