Das Lied von Eis und Feuer 04 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 04 - A Clash of Kings (Pages 332-728)
meine Armee zu finden, doch anscheinend soll es nicht sein. Was bleibt mir anderes übrig, frage ich mich?« Ich fürchte mich, dämmerte es ihr, doch ich muss tapfer sein. »Morgen müsst ihr zu Pyat Pree gehen.«
TYRION
Das Mädchen vergoss keine einzige Träne. Mochte sie noch so jung sein, Myrcella Baratheon war als Prinzessin geboren. Und als Lennister, trotz ihres Namens, rief sich Tyrion in Erinnerung. In ihren Adern fließt nicht nur Cerseis sondern auch Jaimes Blut.
Zugegeben, ihr Lächeln war ein wenig zaghaft, als ihre Brüder sich an Bord der Seeschwalbe von ihr verabschiedeten, doch das Mädchen wusste die richtigen Worte zu sagen und brachte sie voller Zuversicht und Würde hervor. Als es ans Abschiednehmen ging, war es dann schließlich Prinz Tommen, der weinte, und Myrcella tröstete ihn.
Tyrion beobachtete die Szene vom Oberdeck der König Roberts Hammer, einer großen Kriegsgaleere mit vierhundert Rudern. Robs Hammer hieß das Schiff bei den Ruderern; es war das Größte der Eskorte. Die Löwenstern, die Wagewind und die Lady Lyanna würden es begleiten.
Es bereitete Tyrion durchaus Unbehagen, einen so großen Teil der ohnehin unzureichenden Flotte zu entbehren, die um all die Schiffe dezimiert war, welche mit Lord Stannis nach Drachenstein gesegelt und niemals wieder gesichtet worden waren, doch Cersei würde sowieso nicht auf ihn hören. Vielleicht hatte sie Recht. Falls das Mädchen auf der Fahrt nach Sonnspeer in Gefangenschaft geriete, würde das Bündnis mit Dorne sich in Wohlgefallen auflösen. Bisher hatte Doran Martell nicht mehr getan, als zu den Fahnen zu rufen. Nachdem Myrcella sicher in Braavos gelandet war, so hatte er gelobt, würde er seine Streitmacht in die hohen Pässe führen,
wo diese Bedrohung einige der Lords aus den Marschen möglicherweise dazu bringen würde, genau darüber nachzudenken, wem sie die Treue schworen. So konnte man Stannis auf dem Marsch nach Norden vielleicht Einhalt gebieten. Allerdings war das Ganze lediglich eine Finte. Die Martells würden nicht in die Schlacht ziehen, solange Dorne selbst nicht angegriffen wurde, und ein solcher Narr war nicht einmal Stannis. Obwohl das auf einige seiner Gefolgsleute durchaus zutreffen könnte, dachte Tyrion. Das sollte ich mir durch den Kopf gehen lassen.
Er räusperte sich. »Ihr kennt Eure Befehle, Kapitän.«
»Ja, Mylord. Wir segeln an der Küste entlang und bleiben stets in Sichtweite des Landes, bis wir das Klauenhorn erreichen. Von dort aus geht es über die Meerenge nach Braavos. Auf keinen Fall dürfen wir uns in der Nähe von Drachenstein sehen lassen.«
»Und falls Ihr zufällig doch auf Feinde trefft?«
»Wenn es ein einzelnes Schiff ist, werden wir entweder zu fliehen versuchen oder es aufbringen und versenken. Sind es mehrere, wird die Wagewind bei der Seeschwalbe bleiben, während der Rest der Flotte die Schlacht austrägt.«
Tyrion nickte. Im allerschlimmsten Fall sollte es der Seeschwalbe möglich sein, ihre Verfolger abzuhängen. Sie war ein kleines Schiff mit großen Segeln und schneller als jedes andere Kriegsschiff, behauptete ihr Kapitän. War Myrcella erst einmal in Braavos eingetroffen, befand sie sich in Sicherheit. Tyrion schickte Ser Arys Eichenherz als Leibwache mit ihr, und er hatte Braavosi angeheuert, um sie weiter nach Sonnspeer zu geleiten. Sogar Lord Stannis würde es sich zwei Mal überlegen, den Zorn der größten und mächtigsten Freien Stadt auf sich zu lenken. Zwar konnte man die Route von Königsmund nach Dorne über Braavos nicht gerade die kürzeste nennen, doch sie war die sicherste … hoffte Tyrion jedenfalls.
Wenn Lord Stannis von dieser Reise wüsste, könnte er sich keinen
besseren Augenblick aussuchen, um seine Flotte gegen uns zu schicken. Tyrion blickte hinüber zu der Stelle, wo sich der Schwarzwasser in die Bucht ergoss, und war erleichtert, als er keine Segel am weiten grünen Horizont entdeckte. Den letzten Berichten zufolge lag Baratheons Flotte noch immer vor Sturmkap, wo sich Ser Cortnay Fünfrosen im Namen des toten Renly weiterhin weigerte, die Festung zu übergeben. Inzwischen waren Tyrions Windentürme zu drei Vierteln fertig. Auch jetzt arbeiteten die Männer dort, hievten schwere Steinblöcke an Ort und Stelle und verfluchten ihn zweifelsohne, weil er sie während der Festtage schuften ließ. Mochten sie fluchen. Vierzehn Tage, Stannis, mehr brauche ich nicht. Vierzehn Tage noch, und sie sind fertig.
Tyrion beobachtete seine Nichte, die vor dem
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