Das Lied von Eis und Feuer 05 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 05 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (1)
seine Haut gebohrt hatte, als sie die Schwertspitze drehte.
Ich frage mich, was der Hohe Septon wohl über die Heiligkeit von Eiden sagen würde, die im Vollrausch an eine Wand gekettet abgelegt werden, während sich ein Schwert langsam in deine Brust bohrt? Natürlich machte er sich wegen dieses fetten Schwindlers nicht wirklich Sorgen oder wegen der Götter, denen der Kerl zu dienen behauptete. Er erinnerte sich an den Eimer, den Lady Catelyn in seiner Zelle umgekippt hatte. Eine seltsame Frau, die ihre Töchter einem Mann anvertraute, der, mit Verlaub gesagt, auf Ehre schiss. Obwohl sie ihm so wenig vertraute wie möglich. Sie setzt ihre Hoffnung auf Tyrion, nicht auf mich. »Vielleicht ist sie am Ende doch nicht so dumm«, sagte er laut.
Seine Wärterin verstand das falsch. »Ich bin nicht dumm. Und genauso wenig taub.«
Er behandelte sie freundlich; sie zu verspotten war so leicht, dass es keinen Spaß machte. »Ich habe mit mir selbst gesprochen, und nicht über Euch. Das gewöhnt man sich im Kerker sehr leicht an.«
Sie runzelte die Stirn, drückte ihr Ruder nach vorn, zog es zurück, drückte es vor, erwiderte nichts.
Mit der Zunge ebenso flink wie hübsch von Angesicht. »Eurer Sprache zufolge seid Ihr von hoher Geburt.«
»Mein Vater ist Selwyn von Tarth, durch die Gunst der Götter Lord von Dämmerhall.« Sogar das gab sie nur widerwillig preis.
»Tarth«, wiederholte Jaime. »Ein schäbiger Felsen in der Meerenge, wenn ich mich recht erinnere. Und Dämmerhall hält Sturmkap die Treue. Wieso dient Ihr Robb von Winterfell? «
»Ich diene Lady Catelyn. Und sie hat mir befohlen, Euch sicher bei Eurem Bruder Tyrion in Königsmund abzuliefern, und nicht, mich mit Euch zu unterhalten. Schweigt.«
»Ich habe die Nase voll vom Schweigen, Weib.«
»Dann sprecht mit Ser Cleos. Ich habe für Ungeheuer keine Worte übrig.«
Jaime lachte schallend. »Gibt es Ungeheuer in dieser Gegend? Verstecken sie sich vielleicht im Wasser? Oder in dem Weidendickicht dort? Und ich habe kein Schwert!«
»Ein Mann, der seine eigene Schwester schändet, seinen König ermordet und ein unschuldiges Kind in den Tod stürzt, verdient keinen anderen Namen.«
Unschuldig? Dieser erbärmliche Junge hat uns nachspioniert. Alles, was Jaime sich gewünscht hatte, war lediglich eine Stunde allein mit Cersei gewesen. Ihre Reise in den Norden war für ihn eine lange Tortur gewesen; zwar sah er sie jeden Tag, dennoch durfte er sie nicht berühren, denn jede Nacht taumelte Robert betrunken in ihr Bett in diesem quietschenden Haus auf Rädern. Tyrion hatte sein Bestes getan, ihn bei guter Laune zu halten, doch das hatte nicht genügt. »Ihr werdet höflich sein, wenn es um Cersei geht, Mädel«, warnte er sie.
»Mein Name ist Brienne, nicht Mädel.«
»Wieso interessiert es Euch, welchen Namen Euch ein Ungeheuer gibt?«
»Mein Name ist Brienne«, wiederholte sie stur wie ein Hund.
»Lady Brienne?« Dabei war ihr offensichtlich unbehaglich zu Mute. Endlich hatte Jaime eine Schwäche bei ihr gefunden. »Oder wäre Ser Brienne mehr nach Eurem Geschmack?« Er lachte. »Nein, ich fürchte nicht. Man kann eine Kuh in Stirnschild, Rosskopp und Flankenblech stecken und darüber eine Schabracke aus Seide hängen, und trotzdem würde ich nicht auf ihr in die Schlacht reiten.«
»Vetter Jaime, bitte sprecht nicht so grob.« Unter seinem Mantel trug Ser Cleos einen Überwurf mit den Zwillingstürmen des Hauses Frey und dem goldenen Löwen der Lennisters. »Wir haben noch einen weiten Weg vor uns und sollten uns nicht streiten.«
»Wenn ich mich streite, dann mit dem Schwert in der Hand, Vetterchen. Ich habe mit der Dame gesprochen. Sagt mir, Mädel, sind alle Frauen auf Tarth so hübsch wie Ihr? Wenn das so ist, tun mir die Männer dort leid. Vielleicht wissen sie gar nicht, wie richtige Frauen aussehen, weil sie auf diesem trostlosen Berg im Meer wohnen.«
»Tarth ist wunderschön«, grunzte das Mädchen zwischen zwei Ruderschlägen. »Man nennt es die Saphirinsel. Seid still, Ungeheuer, wenn Ihr nicht wollt, dass ich Euch knebele.«
»Sie ist auch noch unhöflich, Vetterchen, nicht wahr?«, meinte Jaime zu Ser Cleos. »Obwohl sie wahrlich ein Rückgrat aus Stahl hat, das gebe ich zu. Nicht viele Männer wagen es, mir das Wort ›Ungeheuer‹ ins Gesicht zu schleudern.« Wenngleich sie mich hinter meinem Rücken ohne Zweifel so nennen.
Ser Cleos hüstelte nervös. »Lady Brienne hat diese Lügen gewiss von Catelyn Stark gehört. Die Starks
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