Das Lied von Eis und Feuer 05 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 05 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (1)
den hohen Mauern Schnellwassers und baumelten am Ende langer Seile, während der Regen ihnen in die schwarz werdenden Gesichter peitschte.
Der Lange Leo wartete neben dem Richtblock, doch Robb nahm ihm die Richtaxt aus der Hand und befahl ihm, beiseitezutreten. »Diese Arbeit übernehme ich«, sagte er. »Er stirbt auf mein Wort hin. Also muss er auch durch meine Hand sterben.«
Lord Rickard neigte steif den Kopf. »Was das angeht, so danke ich Euch. Doch für nichts anderes.« Zu seiner Hinrichtung hatte er sich in einen langen schwarzen Wollüberwurf gekleidet, der mit der aufgehenden weißen Sonne seines Hauses bestickt war. »In meinen Adern und den Euren fließt gleichermaßen das Blut der Ersten Menschen, Junge. Ihr tätet gut daran, Euch dessen zu erinnern. Ich wurde nach Eurem Großvater benannt. Unter meinen Bannern bin ich für
Euren Vater gegen König Aerys in den Krieg gezogen, und gegen König Joffrey für Euch. Bei Ochsenfurt und im Wisperwald und in der Schlacht der Lager bin ich an Eurer Seite geritten, und ich habe mit Lord Eddard am Trident gestanden. Wir sind eine große Familie, Stark und Karstark.«
»Diese Familienbande haben Euch nicht daran gehindert, mich zu verraten«, erwiderte Robb. »Und sie werden Euch auch jetzt nicht das Leben retten. Kniet nieder, Mylord.«
Lord Rickard hatte die Wahrheit gesprochen, das wusste Catelyn. Die Karstarks konnten ihre Herkunft bis zu Karlon Stark zurückverfolgen, einem jüngeren Sohn Winterfells, der vor tausend Jahren einen rebellischen Lord besiegt und für seine Tapferkeit mit Ländereien belohnt worden war. Die Burg, die er baute, nannte er Karls Holt; doch schon bald war daraus Karholt geworden, und über die Jahrhunderte hatten sich die »Karholt Starks« zu »Karstarks« verkürzt.
»Ob vor den alten Göttern oder den neuen«, sagte Lord Rickard zu ihrem Sohn, »kein Mann ist so unselig wie der Sippenschlächter.«
»Auf die Knie, Verräter«, wiederholte Robb. »Oder muss ich Euch mit Gewalt auf den Block drücken lassen?«
Lord Karstark kniete nieder. »Mögen die Götter Euch richten, so wie Ihr mich gerichtet habt.« Er legte den Kopf auf den Block.
»Rickard Karstark, Lord von Karholt.« Robb hob die schwere Axt mit beiden Händen. »Hier im Angesicht von Göttern und Menschen spreche ich Euch des Mordes und des Hochverrats schuldig. In meinem eigenen Namen verurteile ich Euch. Mit meiner eigenen Hand beende ich Euer Leben. Wollt Ihr noch etwas sagen?«
»Tötet mich und seid verflucht. Ihr seid nicht mehr mein König.«
Die Axt sauste herab. Schwer und gut geschliffen tötete sie mit einem einzigen Hieb, dennoch waren drei Schläge nötig, um den Kopf vollständig vom Körper zu trennen, und als
es endlich vollbracht war, waren der Tote und der Lebende gleichermaßen mit Blut besudelt. Robb ließ die Richtaxt angeekelt fallen und wandte sich wortlos dem Herzbaum zu. Zitternd stand er da, die Hände halb zur Faust geballt, und der Regen rann ihm über das Gesicht. Mögen die Götter ihm vergeben , betete Catelyn im Stillen. Er ist noch ein Junge, und eine andere Wahl hatte er nicht.
Das war das Letzte, was sie an diesem Tag von ihrem Sohn zu sehen bekam. Der Regen ließ den ganzen Morgen nicht nach, peitschte auf die Oberfläche der Flüsse und verwandelte den Götterhain in Schlamm und Pfützen. Der Schwarzfisch versammelte hundert Mann und machte sich an die Verfolgung der Karstarks, allerdings erwartete niemand, dass er viele zurückbringen würde. »Ich bete nur darum, dass ich sie nicht hängen muss«, sagte er beim Aufbruch. Nachdem er fort war, zog sich Catelyn in das Solar ihres Vaters zurück, um sich wieder einmal zu Lord Hoster Tully ans Bett zu setzen.
»Lange wird es nicht mehr dauern«, warnte Maester Vyman sie, als er am Nachmittag kam. »Seine letzten Kräfte schwinden, obwohl er zu kämpfen versucht.«
»Er war immer ein Kämpfer«, sagte sie. »Ein liebenswerter, starrköpfiger Mann.«
»Ja«, antwortete der Maester, »aber diese Schlacht kann er nicht gewinnen. Es ist an der Zeit, Schwert und Schild niederzulegen. Zeit, sich zu ergeben.«
Sich zu ergeben, dachte sie, Frieden zu schließen. Sprach der Maester von ihrem Vater oder von ihrem Sohn?
Bei Einbruch der Dunkelheit erhielt sie Besuch von Jeyne Westerling. Scheu betrat die junge Königin das Solar. »Lady Catelyn, ich möchte Euch nicht stören ... «
»Ihr seid mir höchst willkommen, Euer Gnaden.« Catelyn hatte genäht, nun legte sie Nadel und Faden
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