Das Lied von Eis und Feuer 05 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 05 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (1)
entscheiden, welche Sorte ihm besser schmeckte. Eines Tages würde wieder ein Stark in Winterfell sitzen, sagte er sich, und dann würde er die Kleyns rufen und ihnen jede Nuss und jede Beere hundertfach zurückzahlen.
Der Weg, dem sie folgten, war an diesem Tag nicht mehr so beschwerlich, und gegen Mittag brach die Sonne durch
die Wolken. Bran hockte in seinem Korb auf Hodors Rücken und war sogar beinahe zufrieden. Er döste vor sich hin, und das sanfte Wiegen bei jedem Schritt des großen Stallburschen sowie das leise Summen, das er beim Gehen manchmal von sich gab, lullten ihn ein. Meera weckte ihn, indem sie ihn leicht am Arm berührte. »Schau«, sagte sie und zeigte mit dem Froschspeer zum Himmel, »ein Adler.«
Bran hob den Kopf und beobachtete das Tier, das mit ausgebreiteten grauen Schwingen still auf dem Wind segelte. Er folgte ihm mit den Augen, während der Vogel in Kreisen immer höher hinaufstieg, und fragte sich, wie es wohl war, wenn man so mühelos über der Welt schwebte. Sogar besser als Klettern. Er versuchte den Adler zu erreichen, seinen dummen verkrüppelten Körper zu verlassen und in den Himmel aufzusteigen, um sich mit dem König der Lüfte zu vereinen, ganz so, wie er es mit Sommer machte. Die Grünseher konnten es. Ich sollte es ebenfalls können . Er versuchte es wieder und wieder, bis der Adler im goldenen Dunst des Nachmittags verschwand. »Er ist verschwunden«, stellte er enttäuscht fest.
»Wir werden noch andere sehen«, meinte Meera. »Sie leben hier oben.«
»Wahrscheinlich.« «
»Hodor«, sagte Hodor.
»Hodor«, stimmte Bran zu.
Jojen trat gegen einen Kiefernzapfen. »Hodor mag es, wenn du seinen Namen sagst, glaube ich.«
»Hodor ist nicht sein richtiger Name«, erklärte Bran. »Es ist nur so ein Wort, das er sagt. Sein richtiger Name ist Walder, hat mir die Alte Nan erzählt. Sie war die Großmutter seiner Großmutter oder so.« Über die Alte Nan zu sprechen machte ihn traurig. »Glaubt ihr, die Eisenmänner haben sie umgebracht? « Ihre Leiche hatten sie auf Winterfell nicht gefunden. Er konnte sich überhaupt nicht daran erinnern, tote Frauen gesehen zu haben, jetzt, wo er recht darüber nachdachte. »Sie
hat nie jemandem etwas zu Leide getan, nicht einmal Theon. Hat ihm bloß Geschichten erzählt. Theon würde so jemandem doch nicht wehtun, oder?«
»Manche Menschen fügen anderen Leid zu, einfach, weil sie es können«, antwortete Jojen.
»Und es war nicht Theon, der diese Morde auf Winterfell begangen hat«, ergänzte Meera. »Zu viele der Toten haben zu den Eisenmännern gehört.« Sie nahm den Froschspeer in die andere Hand. »Vergiss die Geschichten der Alten Nan nicht, Bran. Erinnere dich daran, wie sie dir diese Geschichten erzählt hat, erinnere dich an den Klang ihrer Stimme. Solange du das tust, wird ein Teil von ihr immer in dir weiterleben. «
»Ich werde sie nicht vergessen«, versprach er. Eine Weile lang stiegen sie schweigend weiter aufwärts und folgten einem verschlungenen Wildwechsel über einen Bergsattel zwischen zwei Felsspitzen. Dürre Soldatenkiefern klammerten sich ringsum an die Abhänge. Weit vor sich konnte Bran das eisige Glitzern eines Baches erkennen, der den Berg hinunterstürzte. Er stellte fest, dass er Jojens Atem und dem Knirschen der Kiefernadeln unter Hodors Füßen lauschte. »Kennt ihr keine Geschichten?«, fragte er die Reets wie aus heiterem Himmel.
Meera lachte. »Ach, ein paar.«
»Ein paar«, gab ihr Bruder zu.
»Hodor«, sagte Hodor und summte.
»Ihr könntet mir eine erzählen«, schlug Bran vor. »Während wir weitergehen. Hodor mag Geschichten über Ritter. Ich auch.«
»In der Eng haben wir keine Ritter«, antwortete Jojen darauf.
»Über dem Wasser nicht«, berichtigte ihn seine Schwester. »Die Sümpfe dagegen sind voll von ihren Leichen.«
»Das stimmt«, sagte Jojen. »Andalen und Eisenmänner, Freys und andere Narren, all diese stolzen Krieger, die aufbrachen,
um Grauwasser zu erobern. Niemand konnte es je finden. Sie reiten in die Eng hinein und verlassen sie nie wieder. Und früher oder später landen sie in den Sümpfen und versinken unter dem Gewicht ihres Stahls und ertrinken in ihren Rüstungen.«
Bei der Vorstellung von Rittern, die ertranken, lief Bran eine Gänsehaut über den Rücken. Doch er beschwerte sich nicht; er mochte Gänsehaut.
»Einen Ritter gab es«, berichtete Meera, »in dem Jahr des Falschen Frühlings. Den Ritter vom Lachenden Baum nannte man ihn. Der könnte sogar ein
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